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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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der Republikaner getroffen hatte, der hinter denselben Leuten her war, und wie sie dann zu dritt einen Handel abgeschlossen hatten, nämlich die Italiener gegen ein Glas Bier pro Mann zur Hälfte so und zur Hälfte so stimmen zu lassen und den Rest des Geldes unter sich aufzuteilen!
    Nicht lange danach wurde Jurgis, dem die Gefahren und das wechselnde Glück bei der Gelegenheitsverbrecherei ohnehin nicht auf Dauer behagten, angegangen, ob er nicht zur Politik überwechseln wolle. Es gab zur Zeit gerade viel Geschrei wegen des Bündnisses zwischen Polizei und Unterwelt. Bei der Korruption mit Kriminellen konnten nämlich die Geschäftsleute nicht direkt mitmischen – das war eine den Polizeibeamten vorbehaltene Nebeneinnahme. Die Möglichkeit, in der Stadt Glücksspiele zu betreiben und sich Ausschweifungen hinzugeben, förderte den Handel, Einbrüche und Raubüberfälle aber waren ihm abträglich. Eines Nachts wurde Jack Duane beim Anbohren des Geldschranks in einem Bekleidungshaus auf frischer Tat von einem Wächter ertappt und einem Polizisten übergeben, der ihn zufällig kannte und es riskierte, ihn entwischen zu lassen. Darauf erhoben die Zeitungen ein solches Gezeter, daß nichts weiter übrigblieb, als Duane zu opfern und ihm den Schutz zu entziehen; mit knapper Not konnte er noch rechtzeitig aus Chicago verschwinden.
    Gerade zu diesem kritischen Zeitpunkt traf es sich, daß Jurgis mit einem gewissen Harper bekannt wurde, in dem er jenen Wachmann von Brown wiedererkannte, der seine Naturalisierung als amerikanischer Staatsbürger veranlaßt hatte, damals in seinem ersten Jahr in den Yards. Harper fand das zwar einen amüsanten Zufall, konnte sich aber nicht mehr an Jurgis erinnern; dazu habe er seinerzeit zu viele »Greenhorns« durchgeschleust, sagte er. Bis ein oder zwei Uhr nachts saßen er, Jurgis und Halloran in einem Tanzsaal zusammen und tauschten Erlebnisse aus. Harper erzählte eine lange Geschichte, wie er mit dem Leiter der Wachabteilung Krach bekommen habe und nun wieder einfacher Arbeiter sei und außerdem überzeugter Gewerkschaftler. Erst Monate später kam Jurgis dahinter, daß dieser Streit mit dem Vorgesetzten arrangiert gewesen war und daß Harper in Wirklichkeit von den Fabrikanten einen festen Sold von zwanzig Dollar wöchentlich bezog – für Berichte, die er ihnen über geheime Vorgänge in der Gewerkschaft lieferte. In den Yards gäre es jetzt, sagte Harper in seiner Rolle als Gewerkschaftler; die Leute in Packingtown hätten so viel ertragen müssen, daß der Topf nun am Überkochen ist, und es könne jeden Tag zum Streik kommen.
    Keine Woche nach diesem Gespräch trat Harper an Jurgis, über den er inzwischen Erkundigungen eingezogen hatte, mit einem interessanten Angebot heran. Es sei zwar noch nicht hundertprozentig, sagte er, aber höchstwahrscheinlich könne er ihm zu einem regelmäßigen Einkommen verhelfen, wenn Jurgis bereit sei, nach Packingtown zu kommen, zu tun, was man ihm aufträgt, und vor allem den Mund zu halten. Harper – »Bush« Harper, wie er genannt wurde – war eine der vielen rechten Hände von Mike Scully, dem Boss der Demokraten in den Yards, und er legte Jurgis die heikle Situation bei der kommenden Wahl dar. Man habe Scully angetragen, als Kandidaten einen stinkreichen Brauereibesitzer aufzustellen, der am Rande des Bezirks in einer vornehmen Straße wohnt und dem nach Schärpe und Titel eines Stadtrats gelüstet; er sei Jude und kein Kirchenlicht, aber harmlos, und er würde einen ungewöhnlich hohen Betrag für den Wahlkampf zur Verfügung stellen. Scully habe das Angebot angenommen und sei dann mit einem Vorschlag zu den Republikanern gegangen: Er wäre nicht sicher, ob er den Juden durchbringen kann, und er wolle mit seinem Bezirk kein Risiko eingehen – ob die Republikaner nicht einen zwar unbekannten, aber sympathischen Freund von ihm, der jetzt im Keller eines Lokals in der Ashland Avenue Kegel aufstellt, als ihren Kandidaten nominieren möchten? Er würde dem dann mit dem Geld des Brauers zum Wahlsieg verhelfen, und die Republikaner hätten den Ruhm, also immerhin mehr, als sie sonst erreichen können. Dafür sollen sie sich bereit erklären, nächstes Jahr, wenn er, Scully, zur Wiederwahl als zweiter Stadtrat aus dem Bezirk antritt, keinen Gegenkandidaten aufzustellen. Die Republikaner wären darauf sofort eingegangen, berichtete Harper weiter; das Kreuz an der Sache sei nur, daß sie samt und sonders Dummköpfe sind – was anderes könne

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