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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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bereits auf den Wagen geladen hatten, fuhren sie im Trab davon, gefolgt von Schreien und Flüchen sowie einem von unsichtbaren Feinden kommenden Hagel von Steinen und Ziegeln. In den Berichten über den »Aufruhr«, die in den nächsten ein, zwei Stunden an ein paar tausend Zeitungen abgingen, war sehr viel von diesen Steinen und Ziegeln die Rede; die Episode mit der Kneipenkasse fand hingegen nirgends Erwähnung, außer in den herzzerreißenden Sagen von Packingtown.
     
    Als sie zurückkamen, war es schon später Nachmittag, Sie zerlegten den Rest des Ochsen sowie noch ein paar bereits geschlachtete Rinder und machten dann Feierabend. Jurgis fuhr mit drei Kumpanen, die mit auf dem Rollwagen gewesen waren, zum Essen in die Stadt, und unterwegs tauschten sie ihre Erlebnisse aus. Hinterher gingen sie in einen Roulette-Saal, und Jurgis, der nie Glück im Spiel hatte, verlor fast fünfzehn Dollar. Um sich darüber hinwegzutrösten, brauchte er eine ganze Menge Alkohol, und so kam er erst gegen zwei Uhr früh stark betrunken nach Packingtown zurück, und man muß zugeben, daß er das Unheil, das ihn dort erwartete, durchaus verdiente.
    Auf dem Weg zu seinem Schlafsaal begegnete er einer geschminkten Frau in einem schmuddligen Kimono, und sie legte ihm den Arm um die Taille, um ihn zu stützen, denn er hatte ziemliche Schlagseite. Als sie an einem dunklen Raum vorbeikamen, gingen sie hinein, doch hatten sie noch keine zwei Schritte getan, da flog plötzlich die Tür auf und kam ein Mann mit einer Laterne herein. »Wer ist da?« rief er in scharfem Ton. Jurgis wollte eine Antwort murmeln, doch im selben Augenblick hob der Mann seine Laterne, so daß ihm das Licht aufs Gesicht fiel und man ihn erkennen konnte. Jurgis verschlug es die Sprache, und sein Herz begann wild zu schlagen. Der Mann war Connor!
    Connor, der Lademeister! Der Kerl, der seine Frau mißbraucht hatte – der ihn ins Gefängnis gebracht, ihm sein Zuhause zerstört und sein Leben ruiniert hatte! Dort stand er, voll angestrahlt von der Laterne.
    Seit er wieder in Packingtown war, hatte Jurgis zwar oft an Connor gedacht, aber stets so wie an etwas weit Entferntes, längst Vergangenes, das ihn nicht mehr berührte. Als er ihn jetzt aber leibhaftig vor sich sah, erging es ihm wieder genauso wie beim ersten Mal: Wut wogte in ihm hoch, blinde, rasende Wut, und er sah nur noch rot. Er stürzte sich auf den Mann, schlug ihm zwischen die Augen, packte ihn dann, als er fiel, an der Kehle und begann, ihn mit dem Hinterkopf auf den Steinfußboden zu schlagen.
    Die Frau fing an zu kreischen, und es kamen Leute herbeigeeilt. Da die Laterne umgekippt und ausgegangen war, konnten sie zwar nichts sehen, doch hörten sie das Keuchen von Jurgis und das Aufkrachen des Kopfes von Connor, und sie stürzten hin und versuchten, Jurgis wegzuziehen. Genau wie damals löste sich Jurgis mit Hautfetzen zwischen den Zähnen von seinem Opfer, und wie damals wehrte er sich so lange gegen die Männer, die dazwischengegangen waren, bis ein Polizist kam und ihn besinnungslos knüppelte.
     
    Den Rest der Nacht verbrachte Jurgis auf der Polizeiwache der Yards. Diesmal jedoch hatte er Geld in der Tasche, und so konnte er, als er aus seiner Bewußtlosigkeit erwachte, sich etwas zu trinken kommen lassen und auch einen Boten zu Bush Harper schicken, um den von seiner Notlage zu benachrichtigen. Harper erschien aber erst, als der Häftling, so hundeelend der sich auch fühlte, schon dem Richter vorgeführt und von diesem mit dem Spruch zurück in Untersuchungshaft geschickt worden war, man müsse erst das Ausmaß der Verletzungen seines Opfers feststellen, und gegen fünfhundert Dollar Kaution könne er vorläufig entlassen werden. Jurgis ärgerte sich schwarz darüber, denn da an diesem Tag zufällig nicht Pat Callahan, sondern ein anderer Richter amtierte, hatte er sich als unvorbestraft ausgeben und außerdem behaupten können, er sei zuerst angegriffen worden – wäre nur jemand dagewesen, ein gutes Wort für ihn einzulegen, hätte man ihn wahrscheinlich wieder auf freien Fuß gesetzt.
    Harper erklärte, er sei in der Stadt gewesen und habe die Nachricht gerade erst erhalten. »Was ist dir denn passiert?« fragte er.
    »Fertiggemacht hab ich einen«, sagte Jurgis. »Und nun soll ich fünfhundert Dollar Kaution stellen.«
    »Das kann ich in Ordnung bringen«, erklärte Harper. »Aber ein bißchen was kosten wird es dich natürlich schon. Worum ging’s überhaupt?«
    »Dieser Schuft hatte mir

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