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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Humor, dem man dort begegnet.
    Nachdem sie genug von den Pferchen gesehen hatte, ging die Gruppe die Straße hinauf zu dem Gebäudekomplex im Zentrum des Geländes. Die Wände dieser Backsteinhäuser, schwarz von unzähligen Schichten Packingtown-Ruß, waren von oben bis unten voller Reklameschilder, die dem Besucher plötzlich bewußt werden ließen, daß er an der Quelle so vieler Plagen seines Lebens stand. Dies also war die Wiege jener Produkte, mit deren Vorzügen man ihm ständig auf die Nerven ging – durch Plakatwände, die ihm auf Reisen den Genuß an der Landschaft verdarben, durch Werbeannoncen, die ihm aus Zeitungen und Zeitschriften ins Auge knallten, durch alberne kleine Reime, die sich zu Ohrwürmern auswuchsen, und durch kitschig-bunte Bilder, die hinter jeder Straßenecke auf ihn lauerten. Hier kam alles her: B ROWN S FF . S AFTSCHINKEN , B ROWN S Q UALITÄTS -S PECK , B ROWNS S ZARTES R INDFLEISCH IN PIKANTER S AUSSE , B ROWNS S E XCELSIOR -W ÜRSTCHEN und ebenso D URHAM S F EINSCHMALZ , D URHAMS S F RÜHSTÜCKS SPECK , D URHAM S C ORNED B EEF , D URHAMS S B IERSCHINKEN , D URHAMS S P APRIKA -H UHN , ja sogar D URHAM S S UPER -D OPPELDÜNGER !
    Sie gingen in eines der Durham-Gebäude hinein. Dort warteten schon eine Anzahl anderer Besucher, und es dauerte nicht lange, da kam ein Führer, um mit ihnen eine Besichtigungstour durch das Werk zu machen. Man läßt es sich sehr angelegen sein, Fremden die Fabrikanlagen zu zeigen, denn das ist eine gute Werbung. Jokubas aber flüsterte boshaft, die Besucher bekämen nur das zu sehen, was die Fabrikanten sie sehen lassen wollen.
    Sie stiegen eine lange Außentreppe hinauf, bis nach ganz oben, dem vierten oder fünften Stockwerk des Gebäudes. Hier führte die Rampe vorbei mit ihrem Strom von Schweinen, die alle geduldig emporgetrottet kamen; in einer Art Vorflur konnten sie noch einmal verschnaufen, und dann gelangten sie durch eine weitere Passage in jenen Raum, aus dem kein Schwein mehr lebend herauskommt.
    Es war eine langgestreckte Halle mit einer längslaufenden Besuchergalerie. Am hinteren Ende befand sich ein großes Eisenrad von etwa sechs Meter Umfang, an dessen Kranz in Abständen Ringe angebracht waren. Rechts und links von diesem Rad blieb nur ein schmaler Zwischenraum, und da hinein gelangten die Schweine am Ende ihrer Reise. Mitten unter ihnen stand ein großer, stämmiger Neger mit nacktem Oberkörper. Im Moment hatte er gerade eine kurze Pause eingelegt, denn das Rad ruhte, während ein paar Leute rasch saubermachten. Ein, zwei Minuten später aber begann es sich zu drehen, und nun sprangen die Männer zu seinen beiden Seiten an die Arbeit. Sie hatten Ketten, und davon schlangen sie jeweils das eine Ende dem vordersten Schwein um ein Bein und hakten das andere in einem der Ringe an dem Rad ein. Durch dessen Drehung verlor das Tier dann plötzlich den Boden unter den Füßen und wurde hochgerissen.
    Im selben Augenblick ertönte ein Schrei, der durch Mark und Bein ging. Erschrocken fuhren die Besucher zusammen; die Frauen erbleichten und wichen zurück. Es folgte ein weiterer Schrei, lauter noch und herzzerreißend – denn hatte das Schwein diese Reise einmal angetreten, winkte ihm keine Wiederkehr mehr; war es oben am Scheitel des Rades angelangt, wurde es an seiner Kette auf eine Transportschiene übergeleitet, und an der schwebte es dann die Halle entlang. Inzwischen wurde ein zweites hochgerissen, ein drittes, ein viertes und immer so weiter, bis sie in Doppelreihe da baumelten, jedes aufgehängt an einem Bein, wild um sich schlagend – und quiekend! Der Lärm war grauenhaft; er drohte das Trommelfell zu zerreißen, und man befürchtete, daß dieser Krach die Wände sprengen oder die Decke zum Einsturz bringen müsse. Da war hohes Quieken und tiefes Quieken, grimmiges Grunzen und qualvolles Wimmern; zwischendurch verebbte es mal kurz, setzte aber gleich wieder von neuem ein, noch greller und durchdringender, schwoll an, wie es ohrenbetäubender nicht mehr ging. Für manche der Zuschauer war es zuviel – die Männer schauten einander an und lächelten verkrampft; die Frauen standen mit zusammengepreßten Händen da, das Blut schoß ihnen ins Gesicht, und ihre Augen wurden feucht.
    Von all dem ungerührt, verrichteten die Leute unten ihre Arbeit; Todesschreie von Schweinen und Tränen von Besuchern ließen sie völlig kalt. Sie packten die Tiere eines nach dem anderen und stachen sie blitzschnell ab. In der langen Reihe Schweine

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