Der Dschungel
deren fünfzehn oder zwanzig und bewegten sich die Männer von einer zur anderen. Das verlieh der Szene intensive Aktivität, machte sie zu einem herrlich anzuschauenden Bild menschlicher Leistungskraft. Alles spielte sich in einer einzigen großen Halle ab, die gleichsam ein riesiges Zirkusrund bildete und in der Mitte von einer erhöhten Zuschauergalerie überquert wurde.
An der einen Seite lief ein Stückchen über dem Boden ein schmaler Gang entlang. In den wurden die Rinder von Männern mit elektrischen Treibstöcken hineindirigiert, und zwar so, daß sie in engen Einzelboxen landeten. In diesen sogenannten »Tötefallen« gefangen, blieb ihnen kein Platz zum Umdrehen, und während sie brüllend und stampfend dastanden, lehnten sich die mit riesigen Hämmern bewaffneten »Betäuber« über die Boxen und warteten eine günstige Gelegenheit zum Anbringen eines Schlages ab. Von den schnell aufeinanderfolgenden dumpfen Schlägen hallte der ganze Raum wider. Kaum war das Rind zusammengebrochen, wandte sich der Betäuber schon dem nächsten zu, während ein zweiter Mann einen Mechanismus betätigte, der die eine Boxwand hochgehen ließ, so daß das Tier, noch immer ausstoßend und zuckend, aus der Falle mit ihrem leicht schrägen Boden hinausrutschte. Dann ging der »Aufhänger« ans Werk: Er schlang das eine Ende einer Kette um das Hinterbein und hakte das andere in eine herabhängende Zugvorrichtung ein. Ein vierter Mann, »Heber« genannt, drückte von einer hoch oben entlangführenden Laufplanke aus einen Hebel nieder, und der massige, schwere Körper wurde in die Luft gehievt. Es gab fünfzehn oder zwanzig solcher Boxen, und die entsprechende Zahl Rinder zu töten und aufzuhängen war Sache von ein, zwei Minuten. Dann öffneten sich die Schranken erneut, und der nächste Schub drängte herein. So rollte aus jeder der Fallen ein steter Strom von Tieren hinüber zum Ausschlachten.
Wie dies dann geschah, war sehenswert und blieb dem Zuschauer unvergeßlich. Die Männer arbeiteten ruckzuck und buchstäblich im Laufschritt. Alles hier war hochspezialisierte Arbeit, und jeder hatte seine festumrissene Aufgabe. Meist bestand sie darin, zwei, drei ganz bestimmte Schnitte auszuführen, und der Mann ging die Reihe der fünfzehn oder zwanzig Rinder entlang und nahm sie an jedem davon vor. Als erster war der »Stecher« dran, der die Tiere zum Entbluten bringen mußte. Er tat das durch einen Stich ins Herz, so schnell geführt, daß man ihm gar nicht mit den Augen folgen konnte – man sah nur das Messer aufblitzen, und noch ehe man das richtig wahrgenommen hatte, war er schon zur nächsten Reihe gerannt und schoß ein hellroter Sturzbach auf den Fußboden. Auf dem stand bereits zollhoch Blut, obwohl ein paar Männer unentwegt bemüht waren, es in Abflußlöcher zu schwabbern. Es mußte ihn glitschig machen, worauf man aber, wenn man das Tempo der Leute sah, niemals kommen würde.
Das Rind hatte ein paar Minuten zum Entbluten hängenzubleiben, doch ging dadurch keine Zeit verloren, da ja in jeder Reihe mehrere hingen und eines immer fertig war. Dann wurde es auf den Boden heruntergelassen, und schon war der »Kopfschlächter« da, um mit zwei, drei raschen Schnitten den Kopf abzutrennen. Danach kamen die »Enthäuter«: Der erste schlitzte die Haut auf, ein zweiter löste sie bis zur Brust, und fünf, sechs weitere zogen sie dann ganz ab, alles in rascher Folge. Während ein Mann mit einem Stecken das Fell untersuchte, ob es auch nicht eingeschnitten war, und ein anderer es zusammenrollte und durch eines der unvermeidlichen Löcher im Fußboden verschwinden ließ, wurde das enthäutete Tier wieder hochgezogen und auf die Weiterreise geschickt. Da waren Männer, die es ausnahmen und abschabten, Männer, die es durchteilten und zerlegten, Männer, die ihm die Füße abhackten sowie letzte Handgriffe taten, und Männer, die es schließlich mit kochendem Wasser abspritzten. Nach Durchlaufen des Ausschlachtbandes wurde, genau wie bei den Schweinen, das fertige Rindfleisch in die Kühlhalle gefahren, um die vorgeschriebene Zeit abzuhängen.
Man führte die Gruppe da hinein und zeigte ihr, wie die Rinderviertel dort hingen, ordentlich aufgereiht und deutlich sichtbar mit dem Anhänger des Fleischbeschauers versehen; einige, die nach einer speziellen Methode geschlachtet waren, trugen das Etikett des »Koscher-Rabbis«, das sie zum Verkauf an orthodoxe Juden freigab. Die Besichtigungstour ging dann weiter durch andere Trakte des
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