Der Dude und sein Zen Meister: Das Leben, die Liebe und wie man immer locker bleibt (German Edition)
unabgeschlossenes Werk.
Erzähl mal was über die Let All Eat -Cafés.
BERNIE: Auch die Let All Eat -Cafés sind ein work in progress . Die Anfänge liegen vielleicht im Jahr 1991, als ich eine Weile auf den Straßen der Bowery in New York lebte und Leute einlud, sich mir anzuschließen. Wir aßen in verschiedenen Suppenküchen und Kirchen. Einige der Kirchen, meist baptistische, schickten Imbisswagen aus, um die Obdachlosen zu erreichen. Damals wurde mir klar, dass es eine andere Art Suppenküche geben müsste, die ihre Hilfe mit mehr Würde und Liebe anbot.
Was ich damit meine? Das Essen müsste selbstverständlich kostenlos sein. Let them all eat . Aber der Service sollte so sein, dass es unmöglich war, zwischen Armen und Reichen, Obdachlosen und Behausten zu unterscheiden. Alle sollten zusammen essen. Die Kellner konnten sowohl unterernährte Obdachlose sein als auch Millionäre, die als Freiwillige im Café Dienst taten.
So hatten wir beispielsweise eine Vorform eines Let All Eat -Cafés in Montague, Massachusetts, das jeden Samstag fünfzig bis hundert Leute verköstigte. Es war ein Familiencafé, was mir sehr wichtig war. In den Suppenküchen, die ich während unserer Street Retreats besucht hatte, sah man nur selten Familien mit Kindern. Nach und nach kam ich dahinter, dass viele Eltern ihre Kinder nicht mitbrachten, weil sie sich dort nicht sicher fühlten und zuweilen auch nicht wollten, dass ihre Kinder das Gefühl bekamen, man sehe auf sie herunter. Ich wollte unser Café zu einem Ort machen, an den man seine Kinder mitnehmen konnte und wohin sie auch gerne kamen. Daher boten wir Musikprogramme und Spiele an; die Kinder durften Marionetten basteln, führten Stücke auf und konnten sich künstlerisch und handwerklich ausprobieren. Sie machten kleine Wanderungen in die Wälder und lernten auch, wie man einen Garten anlegt.
Die Mahlzeiten wurden als Buffet angeboten, doch wir verteilten auch eine Speisekarte, auf deren Rückseite wir einen Dollarschein klebten. Den Leuten sagte man, dass sie den Dollarschein behalten oder ihn, wenn sie wollten, in einen Topf legen könnten, um damit die Lebensmittel für die nächste Mahlzeit zu kaufen. Ich bin der Ansicht, Kinder sollten möglichst früh Erfahrungen mit Geld und Geben machen. In europäischen Städten etwa gibt es eine große Straßenmusik- und Straßenkunstszene mit Pantomimen, Musikern und allen möglichen Clowns und Spaßmachern. Familien schlendern vorbei, halten inne, sehen den Darstellern zu, und die Eltern drücken ihren Kindern ein paar Münzen in die Hand, damit sie es den Künstlern in den Hut werfen. Kinder lieben es, geben zu können. Und das ist es, was ich unter einem Service mit Würde und Liebe verstehe.
Gleichzeitig wurden den Erwachsenen MBSR-Programme 16 , Beratung, Massage und Akupunktur angeboten, ebenso wie medizinische oder zahnmedizinische Behandlung. Ein Treffen der Anonymen Alkoholiker fand statt. Das Essen war nahrhaft, da ein Großteil davon aus unserem eigenen organisch bewirtschafteten Garten oder von anderen Farmen aus der Umgebung stammt. Alles war ganz großartig. Und deswegen haben wir es auch nicht Suppenküche, sondern Café genannt, mit dem Ziel, es zu einem Modell für Cafés im ganzen Land zu machen. Momentan bauen wir etwas Ähnliches in der Nachbarstadt Greenfield, Massachusetts, auf.
JEFF: Let All Eat.
BERNIE: Jemand hat uns mal geschrieben: »Danke für das Café. Ich esse in vielen Suppenküchen und mag das Essen bei euch wirklich sehr. Am meisten aber schätze ich, dass ich mich nicht bedürftig fühlen muss.« Dass dieses Gefühl der Bedürftigkeit, der Trennung zwischen dir und einem anderen, verschwand, genau das hatte ich mir erhofft. Wir würden gern mehr Leute in dieser Methodik ausbilden, damit weitere solche Cafés entstehen können.
JEFF: Es ist, als brächte man alle an einen Tisch und ließe niemanden draußen stehen. Wir sind alle miteinander hier auf der Erde.
BERNIE: Genau. Wenn wir es auf den Mond schaffen können, werden wir’s doch wohl auch fertigbringen, unsere Kinder satt zu kriegen.
JEFF: Und auf den Mond haben wir es schließlich geschafft.
11 Niemand ist hier im A…, Dude
JEFF: Oft beschweren sich die Leute darüber, dass man in unserer Gesellschaft alles sofort haben will: Ich will das jetzt, ich will es so, und ich krieg es auch, guck mal, zack, bumm! Doch da sich ständig alles verändert und immer wieder neuer Scheiß ans Tageslicht
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