Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Mutter ein weiteres Kind zur Welt, eine Tochter, und sie machte sie zur Göttin über Anmut und Ungestalt.
Durch ihren Einfluss brachte das Leben im Laufe der Jahrhunderte immer neue Formen hervor. Viele von ihnen lebten kaum eine Dekade, andere überdauerten mehrere Jahrhunderte, und nur wenige schafften es, sich einen festen Platz auf der Welt zu sichern. Zu ihnen gehörten die Menschen, die Zwerge, die Elfen, die Halblinge und die vielen unterschiedlichen Völker der grünen Horden.
Mit der Geschichte um die Entstehung der Gottfamilie endete das Buch. Auf der letzten Seite jedoch verwies der Verfasser darauf, dass die Erzählung nur ein Teil der Erzählung sei, die er bei den Elfen in Graumark gelesen hatte. Nur dort sei die ganze Wahrheit über die Götterwelt in der Borke der Weißrindenbäume zu finden.
Nachdem Senetha das Buch geschlossen und Milo zurückgegeben hatte, saßen sie fast eine Stunde zusammen, ohne ein einziges Wort zu reden. Dann sprang Milo plötzlich auf, schnürte seinen Mantel zu und warf sich sein Gepäck über.
Der Zweitgeborene war also ein Gott, überlegte Milo. Leiderwar in dem Text nicht die Rede von einem Lamm, Aber er war sich sicher, dass er die entscheidenden Informationen bei den Elfen entdecken würde.
»Was tust du?«, verlangte Dorn zu wissen.
»Wenn ich herausfinden will, ob etwas von dem wahr ist, was in dem Buch steht, werde ich zu den Elfen reisen müssen. Es ist die einzige Chance, meinen Bruder zu retten.«
Bevor Milo den letzten Riemen festschnallen konnte, stand Dorn bereits mit vor der Brust verschränkten Armen vor dem Kelleraufgang und versperrte ihm den Weg.
»Du scheinst da etwas vergessen zu haben«, knurrte er. »Erstens bist du nicht ganz freiwillig hier, zweitens darfst du dieses Buch in deinem Rucksack zwar schleppen, aber es gehört dir nicht. Und drittens: Die Stadttore werden bewacht, um zu verhindern, dass kleine Rebellen ungestraft davonkommen.«
»Und genau aus diesen Gründen werden wir Milo zu den Elfen begleiten«, erklärte Senetha.
Sie hätte Dorn ebenso einen Bolzen in die Brust jagen können, seine Verblüffung wäre nicht größer gewesen.
»Du willst was?«, stotterte er. »Habe ich irgendetwas verpasst? Unser anfänglicher Plan lautete, sich einen Platz in einer der Gilden zu sichern. Wir wollten ein sicheres Auskommen haben und nicht länger auf irgendwelchen Schlachtfeldern kämpfen und nicht wissen, ob man das Geld noch ausgeben kann, dass sie einem hinwerfen. Oder in billigen Kneipen mit zweitklassigen Tricks ein paar Münzen ergattern.«
Senetha lächelte ihn an. »Aber das ist alles, was wir können. Nur diesmal haben wir die Möglichkeit, etwas zu verändern. Wir könnten die Wahrheit aufdecken. Alles, wofür die Bürger in dieser Stadt ihr Leben zu geben bereit sind, können wir mit einer einzigen Reise erreichen.«
»Du sprichst nicht von Bürgern, sondern von Rebellen. Was kümmert es uns, was mit den Göttern ist?«, schnaubte Dorn.
»Es geht nicht um die Götter.«
»Um was denn dann?«
»Es geht darum, etwas Bedeutsames zu tun, etwas mit seinem Leben anzufangen, für die richtigen Dinge einzustehen. Wir waren der Meinung, Geld zu verdienen und dabei nicht sein Leben oder seine Würde aufs Spiel zu setzen, wäre der richtige Weg. Wir lagen falsch. Es ist nicht der Reichtum, den wir gesucht haben. Wir wollten nur dem, was wir taten, einen Sinn verleihen. Was bietet sich da besser an, als eine Wahrheit zu finden, nach der alle suchen?«
Dorn ließ die Arme sacken und machte einen Schritt auf Senetha zu. Dann blieb er abrupt stehen und schaute ihr starr in die Augen.
»Wenn es das ist, was du willst, werde ich mit dir gehen«, sagte er traurig.
Milo fühlte sich nicht so erleichtert, wie er es hätte sein müssen. Mit Sicherheit lag es nicht daran, einen Kämpfer und eine Magierin an seiner Seite zu haben. Es war das Gefühl, einen Traum zerstört zu haben, auch wenn es nur der Traum des Söldners gewesen war, den er ohnehin kaum kannte.
»Ich werde ganz sicher nicht mitkommen«, verriet der Schreiberling. »Das bisschen, was ich von den Elfen gehört habe, langt mir, um zu wissen, dass es besser ist, weit von ihnen fernzubleiben. Sie hassen alle Völker, die nicht so sind wie sie, und behandeln sie herablassend und respektlos.«
»Dann unterscheiden sie sich gar nicht so stark von den Menschen in Zargenfels«, höhnte Dorn. »Aber bleib du ruhig hier, dann haben wir eine Sorge weniger. Doch falls du dich bewegen
Weitere Kostenlose Bücher