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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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hatte, desto tiefer wurde der Einblick in den Willen Cepheis. Gindawell hatte allerhand solche geistreichen Erklärungen, und wann immer Milos Wissensdurstihn plagte, hatte sein Meister eine Antwort parat   – auf jeden Fall bis vor fünf Umläufen. Seitdem hatte ihn etwas verändert. Milo spürte, dass ihn etwas plagte. Er war oft geistesabwesend und verstrickte sich in Widersprüche. Alte Bücher lagen zuhauf auf seinem Schreibtisch, und ständig kritzelte er irgendwelche Notizen in ein abgegriffenes Buch.
    Milo ertappte ihn, als er eine Reihe von heidnischen Symbolen auf ein Blatt Papier zeichnete. Meister Gindawell erklärte ihm daraufhin, dass es wichtig sei, sich mit den Göttern der vergangenen Tage zu beschäftigen, um die Fehlinterpretation ihrer Existenz zu verstehen. Dies war einer dieser Widersprüche, denn er sprach von Göttern und nicht von Trugbildern und Fanatismen wie sonst.
    »Komm schon, Milo. Trödel nicht so lange herum, wir haben es eilig.«
    »Bin schon fertig, Meister«, antwortete Milo. »Schon länger als eine halbe Ewigkeit«, fügte er murmelnd hinzu, ohne dass Gindawell ihn hören konnte.
    In gebückter Haltung eilte Milo quer über den Marktplatz hinter seinem Meister her. Regen peitschte ihm ins Gesicht, und der Matsch des aufgeweichten Bodens quoll bei jedem Schritt zwischen seinen Zehen hindurch. Es schien fast so, als ob der Guss darauf gewartete hätte, dass sie das Haus verließen, um dann über sie herzufallen. Starke Böen rissen an den Umhängen der beiden Halblinge und verwirbelten das hochspritzende Wasser ihrer eiligen Schritte. Schnell suchten Meister und sein Adept Sicherheit im Sitzungssaal des Rathauses. Das sogenannte Rathaus war nichts weiter als ein zusätzlicher Anbau an das Haus von Bürgermeister Butterblums. Nach viel Gezeter hatte Frau Butterblums zugestimmt, auf ein Teil ihres Gartens zu verzichten, um Platz zu schaffen für einen offiziellen Raum, in dem die Mitglieder tagen konnten.
    Milo und Gindawell waren die Ersten, die den Raum betraten. Wie besprochen, postierte sich Milo am Eingang, während Gindawell sich am Ende der großen ovalen Tafel einen Platzsuchte. Einige feuchte Haarsträhnen fielen dem alten Mann ins Gesicht und täuschten einen Ausdruck von Verwegenheit vor. Der sonst so gemütlich wirkende Mann mit den gütigen Augen verwandelte sich plötzlich in das Schattenbild seiner selbst. Seine Züge waren finster und starr. Seine Augen durchdringend, die Haltung verkrampft, aber dennoch war es immer noch Meister Gindawell.
    Milo hörte, wie die Tür im Vorraum vom Wind aufgerissen wurde, dann traten mehrere Personen ein und schlossen die Tür wieder hinter sich. Füße wurden auf den Boden gestampft, um von Nässe und Matsch befreit zu werden, und irgendjemand klopfte seinen Mantel unter einem Schwall von unverständlichen Verwünschungen ab.
    Milo starrte gebannt zur Tür.
    »Nach Ihnen, Gnädigste«, hörte er Bürgermeister Butterblums übermäßig freundlich sagen.
    Vanilla Grünblatt trat ein, ohne den jungen Adepten auch nur eines Blickes zu würdigen. Ihr stark blumig riechendes Parfum eilte ihr voraus, genauso wie das unbehagliche Gefühl ihrer Nähe.
    »Ich hoffe, es ist wichtig, Gindawell, sonst werde ich dich für den entgangenen Umsatz in meinem Laden haftbar machen«, keifte sie.
    Milo war es schleierhaft, von welchem Umsatz sie sprach. Frau Grünblatt besaß einen Tuchladen. Eigentlich war sie ein Fräulein, aber ab einem gewissen Alter verlangte es die Höflichkeit, sie zu behandeln, als ob sie verheiratet oder zumindest verwitwet wäre.
    Wobei das Zweite in Milos Augen wahrscheinlicher klang, denn hätte es einen Mann gegeben, der masochistisch genug gewesen wäre, sie zu heiraten, wäre er sicherlich bereits ihrem Charme erlegen   – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Selbst ihre acht Brüder mieden sie wie die Pest, und keiner im Dorf sah es ihnen nach. Vanilla Grünblatt war um die fünfzig, ihre Haare waren schlecht geschnitten und außerdem schrecklich strohig. Die Kleidung, die sie trug, spannte sich um ihren fülligen Körper underweckte den Eindruck eines kunterbunten Querschnittes ihrer Schaufensterauslage. Zur Unterstützung ihres aufdringlichen Erscheinungsbildes hatte sie wie immer nicht an Rouge, Lippenstift und Parfum gespart. Doch die eigentliche Herausforderung, sie zu ertragen, lag nicht in ihrer Erscheinung, sondern in der immer fortwährenden Art des keifenden Nörgelns. Sie hatte den Laden und eine

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