Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Clare hatte Clementine viel Zeit, um über Jack nachzudenken. Eigentlich, so fand sie, war es an der Zeit, dass er um ihre Hand anhielt. Aber die Farm schien für ihn an erster Stelle zu kommen, was sie bis zu einem gewissen Grad sogar verstehen konnte, schließlich wollte er ein erfolgreicher Farmer werden. Was wiederum auch in ihrem eigenen Interesse lag: Warf die Farm genügend Gewinn ab, würden sie sich nach der Hochzeit die Auslandsreise leisten können, die sie sich so sehr wünschte. Sie hatte Jack diesbezüglich schon einmal einen Wink mit dem Zaunpfahl gegeben, und er schien nicht abgeneigt zu sein. Aber zuerst musste auf der Farm alles so laufen, wie er sich das vorstellte.
Clementine seufzte. Sie musste an Abbey denken. Sie wurde nicht recht schlau aus ihr. Was war so Besonderes an ihr, dass Heath Mason sich für sie interessierte? Aber wie passte sein überstürzter Aufbruch, auf den sie sich keinen Reim machen konnte, in dieses Bild? Abbey war zwar attraktiv, sie war jedoch nicht Heath’ Typ. Clementine kannte ihn lange genug, um das beurteilen zu können. Was wollte er also von Abbey? Clementine war entschlossen, das herauszufinden.
Auf Bungaree machte sich Abbey unterdessen in der Küche nützlich. Da es Sonntag war, hatte Sabu frei. Sie schnitt kaltes Hühnerfleisch auf, würfelte Tomaten und Gurken. In der Speisekammer fand sie eine würzige Tunke, die dazu passte.
»War das Clementines Buggy, der gerade weggefahren ist?«
Abbey fuhr herum. Sie hatte Sybil nicht hereinkommen hören.
»Ja, sie war zu Besuch, während Sie schliefen. Aber sie musste nach Hause, weil ihr Vater heute ankommt.«
»Ach ja, richtig, das hat sie gestern erwähnt. Ich kenne Ralph, er ist ein sehr netter Mann.«
»Was ist mit ihrer Mutter?«, fragte Abbey, während sie Brote butterte.
»Sie starb vor ein paar Jahren. Clementine hat noch eine Schwester, aber die lebt in der Stadt.« Sybil zog die Stirn kraus. »Merkwürdig, dass sie heute schon wieder da war, wo sie uns doch erst gestern besucht hat.«
Abbey sah sie neugierig an. »Ist das so ungewöhnlich?«
»Allerdings. Normalerweise sehen die beiden sich höchstens einmal die Woche. Clementine hat in ihrem Laden zu tun und Jack auf seiner Farm. Vielleicht geht es ja endlich voran mit ihrer Romanze.«
Abbey bezweifelte das. »Da fällt mir ein, ich hatte noch keine Gelegenheit, mich bei Ihnen wegen gestern zu entschuldigen.«
Sybil machte ein verwirrtes Gesicht. »Entschuldigen? Wofür denn?«
»Weil ich in Clementines Gegenwart erwähnt habe, dass wir mit den Dienstboten Karten gespielt haben. Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Ich dachte, Sie und Clementine seien gut befreundet, deshalb habe ich mir nichts dabei gedacht. Es tut mir wirklich leid. Ich hoffe nur, Clementine erzählt es nicht weiter. Es wäre mir schrecklich unangenehm, wenn Sie dadurch irgendwie bloßgestellt würden.«
»Ach, machen Sie sich deswegen keine Gedanken«, wehrte Sybil in gleichgültigem Tonfall ab. »Ich hätte es Clementine selbst sagen sollen. Ich meine, wen interessiert es schon, was die Leute denken? Schließlich leben wir hier in der tiefsten Provinz und nicht in London.« Sie setzte sich an den Tisch und seufzte wehmütig.
»Stimmt etwas nicht, Mrs. Hawker?«
»Ach, es ist nur … Ich habe Heimweh nach London, wissen Sie. Ich vermisse die Großstadt, das Theater und die hektische Betriebsamkeit der Premierennächte. Ich vermisse die Kostüme und die Schauspieler, sogar die Requisiten und den fettigen Geruch der Schminke.«
»Gibt es denn in Clare kein Theater?«, fragte Abbey hilflos.
Sybil schüttelte den Kopf und seufzte abermals. »Nein. Das einzige größere Gebäude ist der Freimaurersaal, in dem Wohltätigkeitsveranstaltungen, handwerkliche und landwirtschaftliche Ausstellungen und Gemeindeversammlungen stattfinden. Ich hatte fest damit gerechnet, dass es so etwas wie eine Bühne hier gibt, sonst wäre ich wahrscheinlich nicht in diese Einöde gezogen. Aber es gibt nichts dergleichen in Clare, rein gar nichts.«
Die arme Sybil machte ein todunglückliches Gesicht. Abbey wünschte, sie könnte ihr helfen, das Leben auf der Farm erträglicher für sie zu machen, sie wusste nur nicht, wie sie das anstellen sollte.
15
Es war warm an diesem Montagmorgen. Der wolkenverhangene, düstere Himmel bildete die passende Kulisse für Ebenezer Masons Beerdigung. Samuel McDougal und ein Helfer transportierten den Sarg auf einem eleganten
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