Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Er traf Mike in der Bar an, wo das Feuer Gesprächsthema Nummer eins unter den Gästen war. Clementine und ihr Vater säßen in der Küche bei Molly, antwortete Mike auf Jacks Frage.
»Ich komme gerade von der Brandstelle«, sagte Jack, der sichtlich erschüttert war. »Clementine und ihr Vater können von Glück sagen, dass sie lebend da rausgekommen sind. Wie ist das eigentlich passiert? Weißt du Näheres?«
»Clementine hat Molly erzählt, sie hätte noch spätabends am Küchentisch etwas für Cristina Westgate genäht. Dabei muss sie eingeschlafen sein. Als sie gegen Mitternacht wieder aufgewacht und zu Bett gegangen ist, hat sie wohl vergessen, das Kamingitter vors Feuer zu stellen. Ein überspringender Funke muss eins der Kleidungsstücke, die über dem Küchentisch hingen, in Brand gesteckt haben. Ralph hat schon geschlafen, aber der Rauch hat ihn geweckt. Als er in die Küche lief, stand sie in Flammen. Da Clementines Zimmer ja näher an der Küche lag, war dort schon alles voller Rauch. Clementine verlor das Bewusstsein, als Ralph sich durch den Rauch kämpfte und sie ins Freie zerrte. Wäre er nicht gewesen, wäre Clementine heute nicht mehr am Leben.«
Jack wurde noch blasser, als er sich vorstellte, Clementine wäre in den Flammen umgekommen. Was für ein grausamer Tod wäre das gewesen!
Er nickte Mike zu und eilte in die Küche.
»Clementine! Ich bin gekommen, so schnell ich konnte. Wie geht es dir?«
Sie wirkte völlig verstört, was unter diesen Umständen nur verständlich war. Sie hatte sich einen Morgenrock übergeworfen, den Molly ihr geborgt haben musste, und darunter konnte man ihr schmuddeliges Nachthemd sehen. Sie hatte Rußflecken im Gesicht, und ihre Haare waren angesengt.
»O Jack!« Schluchzend sprang sie auf und warf sich ihm in die Arme. »Ich hatte solche Angst! Ich dachte, ich würde sterben«, stammelte sie. Ihre Stimme war rau vom vielen Husten, und ihre Haare rochen nach Rauch.
»Warst du schon beim Arzt?«, fragte Jack. Er strich ihr behutsam die Haare aus dem rußverschmierten Gesicht.
Clementine nickte. Jack schaute über ihre Schulter hinweg zu ihrem Vater, der zusammengesunken am Küchentisch saß. Sein rechter Arm einschließlich der Hand war bandagiert. »Wie geht es Ihnen, Ralph?« Es war ihm anzusehen, dass er Schmerzen hatte. Molly hatte ihm ein Glas Brandy neben seinen Tee gestellt.
»Es geht schon«, flüsterte er heiser. »Hauptsache, meinem Mädchen ist nichts passiert!« Ralph war Ende sechzig, aber noch sehr rüstig für sein Alter. Im Augenblick sah er allerdings wie ein Greis aus, so sehr hatten die Ereignisse der letzten Stunden ihn mitgenommen. Die Brandkatastrophe, bei der er beinah seine Tochter verloren hätte, hatte Erinnerungen an den tragischen Tod seiner Frau wachgerufen, die unweit ihres Hauses in Victoria ertrunken war. Ein Nachbarsmädchen war beim Spielen in den Fluss gefallen. Beth hatte die Kleine gerettet, war aber selbst von der Strömung mitgerissen worden. Erst vier Tage später hatte man ihre Leiche etliche Meilen flussabwärts gefunden.
»Dad hat schwere Verbrennungen am Arm und an der Hand«, sagte Clementine mit tränenerstickter Stimme. »Er musste sich zwischen brennenden Balken hindurchzwängen, damit wir aus dem Haus kamen.«
»So schlimm ist es nicht, Clemmie«, sagte Ralph beschwichtigend. Doch er konnte seiner Tochter nichts vormachen: Sie sah ihm an, dass er große Schmerzen hatte.
»Ich halte es für das Beste, wenn ihr mit mir nach Bungaree kommt«, sagte Jack. »Ihr seid meine Gäste, bis das Haus wieder aufgebaut ist. Wir haben genug Platz auf der Farm, und wenn nötig, wird der Doktor zu uns herauskommen.«
»O Jack, ich danke dir, das ist wirklich lieb von dir!« Clementine sah ihn dankbar an. Sie hatte gehofft, Jack würde sie zu sich nach Bungaree eingeladen. Molly hatte ihnen zwar Zimmer im Hotel angeboten, doch die waren nicht besonders komfortabel.
»Wir möchten niemandem zur Last fallen«, warf Ralph ein. Er war ein stolzer Mann und nahm nicht gern Hilfe an.
»Unsinn! Das ist doch selbstverständlich. Wo sind eure Sachen? Das heißt«, fügte Jack hinzu, dem der Gedanke jetzt erst kam, »sofern ihr überhaupt etwas aus den Flammen retten konntet.«
»Nur einige wenige Dinge«, antwortete Clementine leise. Ihre Unterlippe zitterte, als sie an all das dachte, was sie verloren hatte. Auch Kleidungsstücke ihrer Kunden waren ein Raub der Flammen geworden. Die, die es schon erfahren hatten, hatten zwar großes
Weitere Kostenlose Bücher