Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
dringend Hilfe. Ich will ihn nicht verlieren!«
»Ernie ist auf der Koppel hinter den Scherschuppen, das ist nur ein Katzensprung von hier«, sagte Abbey. In Wirklichkeit hatte sie keine Ahnung, wo Ernie sich tatsächlich aufhielt, aber sie wollte Sybil überreden, sie gehen zu lassen. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Aborigines hierher wagen, wo doch so viele Männer unterwegs sind.«
Clementine sah Sybil flehentlich an. »Sie hat Recht, Sybil.«
»Also gut«, stimmte Sybil widerstrebend zu. »Aber seien Sie um Himmels willen vorsichtig, Abbey. Nehmen Sie für alle Fälle eine Waffe mit.«
»Ich könnte gar nicht damit umgehen«, erwiderte Abbey. Ihr Vater hatte nie eine Waffe besessen.
Sybil schlug entsetzt die Hände zusammen. »Du meine Güte, ich kann Sie unmöglich unbewaffnet aus dem Haus gehen lassen.«
»Der Stallbursche könnte ihr doch zeigen, wie man mit einem Gewehr umgeht«, schlug Clementine vor.
»Ja, ich denke schon«, murmelte Sybil unschlüssig.
»Gut, dann werde ich jetzt Michael suchen und ihn bitten, mir ein Pferd zu satteln.« Abbey wandte sich zum Gehen.
»Seien Sie vorsichtig, Abbey«, schärfte Sybil ihr abermals ein. »Und wenn Sie Ernie nicht finden, kommen Sie sofort zurück. Versprechen Sie mir das. Sie dürfen auf keinen Fall in ganz Bungaree herumreiten. Nicht nur wegen der Eingeborenen, sondern auch wegen des Buschbrandes, der sich vielleicht ausbreiten könnte.«
»Ich werde mich beeilen, ich verspreche es.« Abbey sah Clementine an. »Würden Sie zwischendurch mal nach Max sehen?«
»Mach ich«, versprach Clementine. »Und danke, Abbey.«
Frauen müssten zusammenhalten, hatte Clementine gesagt. Abbey musste in diesem Moment an ihre Worte denken. Es war ein wunderbares Gefühl, einander beizustehen.
Jack, Elias und Pater John hatten bei der Suche nach den Aborigines kein Glück gehabt. Sie hatten jeden Winkel Bungarees durchstreift und waren dann nach Anama weitergeritten, wo sie auf Tom und Bill Bendon, einen seiner Arbeiter, stießen. Unterstützt von zwei braunen Kelpies trieben die beiden fünfzig Angusrinder auf eine andere Weide.
»Hast du deinen Hund gefunden?«, fragte Tom.
»Ja, als er nach Hause kam, steckte ihm eine abgebrochene Speerspitze im Hinterbein. Wir sind auf der Suche nach denjenigen, die dafür verantwortlich sind.«
»Ich hab doch gleich gesagt, wir sollten erst schießen und dann Fragen stellen«, knurrte Tom. Den missbilligenden Blick des Paters ignorierte er.
»Keine Frage, wir müssen etwas unternehmen«, sagte Jack, der allerdings nicht so weit gehen wollte, die Schuldigen zu erschießen. »Wenn wir sie erwischen, werde ich sie Sergeant Brown überstellen. Vielleicht wird ein kleiner Aufenthalt im Gefängnis von Redruth sie wieder zur Vernunft bringen. Elias wird den Mann, der den Speer nach dir geschleudert hat, wiedererkennen, auch wenn er ihn nur flüchtig gesehen hat. Und wenn wir diese Typen nicht erwischen, werde ich Sergeant Brown bitten, mit ein paar von seinen Leuten die Gegend zu durchkämmen, bis er die Bande aufgespürt hat. Für den Angriff auf Max wird er sie vermutlich nicht einsperren, aber für das, was sie dir angetan haben, schon.«
Tom nickte. »Was ist mit dem Hund?« Er vermutete, dass Jack nichts anderes übrig geblieben war, als ihn zu erschießen.
»Er lebt, aber er ist schwer verletzt. Wenn sich die Wunde nicht entzündet, hat er eine gute Chance durchzukommen.«
»Ich werde dir bei der Suche nach den Abos helfen«, sagte Tom und befahl Bill, die Rinderherde im Auge zu behalten.
»Hast du Jimmy beim Haus zurückgelassen?«
Tom hatte Jimmy Martin fünf Jahre zuvor als Hilfskraft während der Schafschur eingestellt und ihn dann als eine Art Faktotum behalten, weil Jimmy äußerst geschickt und darüber hinaus ein ausgezeichneter Koch war, während Tom nicht einmal Wasser kochen konnte. Die beiden Männer waren enge Freunde geworden.
»Ja, deshalb mach ich mir auch keine allzu großen Sorgen«, antwortete Tom. »Jimmy hasst die schwarzen Stammes-Aborigines, weil sie unsere Hühner und Eier klauen. Wenn sie wissen, was gut für sie ist, werden sie sich vom Haus fernhalten, sonst wird Jimmy ihnen eine Ladung Schrot in den Hintern jagen.«
»Gut, dann komm. Wir werden zuerst zu William reiten«, sagte Jack. »Ich wünschte, er hätte uns früher von seinen Problemen mit den Eingeborenen erzählt. Dann hätte ich den Sergeant längst verständigt, und der ganze Ärger wäre uns vielleicht erspart
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