Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
wie enttäuscht er gewesen wäre, hätte er gewusst, dass Sie nach dem Unglück nicht einmal zur Mine eilen, geschweige denn an seiner Beerdigung teilnehmen würden. Das hätte ihm die Illusion, dass Sie ein anständiger Mensch sind, mit Sicherheit geraubt.«
Ebenezer schwieg noch immer.
»Warum sagen Sie nichts? Stimmt es etwa nicht, dass Sie sich in letzter Zeit öfter mit meinem Vater getroffen haben?«
»Doch, das ist schon richtig, wir haben uns über vieles unterhalten. Zum Beispiel über Ihre Zukunft.«
In ihrem Kummer nahm Abbey diese letzten Worte nicht zur Kenntnis. »Was soll ich nur ohne meinen Dad anfangen?«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.
»Ihr Vater und ich haben eine Vereinbarung bezüglich Ihrer Zukunft getroffen, aber vielleicht sollten wir ein anderes Mal darüber reden, wenn Sie sich ein wenig beruhigt haben«, sagte Ebenezer kalt und gereizt. Gefühlsbetonte Frauen waren ihm immer schon ein Gräuel gewesen.
»Ich wüsste nicht, was ich mit Ihnen zu bereden hätte«, fauchte Abbey. »Und die Vereinbarung , die Sie angeblich mit meinem Vater getroffen haben, ist mit seinem Tod hinfällig geworden.«
»Ihr Vater war ein Mann, der zu seinem Wort stand, und ich nehme doch an, dass Sie eine Zusage, die er gemacht hat, erfüllen werden.« Ebenezer sah die junge Frau lauernd an.
Trotz der Hitze rieselte Abbey bei diesen berechnenden Worten ein Schauer über den Rücken. »Ich weiß nichts von einer Vereinbarung zwischen meinem Vater und Ihnen, und ich werde mich ganz bestimmt nicht auf Ihr Wort verlassen, dass eine solche Vereinbarung existiert hat.« Noch während sie sprach, beschlichen sie Zweifel. Sie wusste, wie sehr ihr Vater sich gewünscht hatte, dass sie einen wohlhabenden Mann heiratete, und dass er, was sie nie für möglich gehalten hätte, eine Einladung nach Martindale Hall angenommen hatte. Zudem schien er seine Meinung über seinen Arbeitgeber geändert zu haben. Dennoch konnte sie einfach nicht glauben, dass er mit Ebenezer Mason tatsächlich vereinbart hatte, ihm seine Tochter zur Frau zu geben. Das konnte er unmöglich getan haben.
»Wie gesagt, wir werden darüber reden, sobald Sie Zeit gehabt haben, über Ihre finanziellen Verhältnisse nachzudenken.« Damit drehte Ebenezer sich um und ging zu seiner Kutsche zurück. Obwohl man seine große, hagere Gestalt nicht als stattlich bezeichnen konnte, ließ seine Haltung keinen Zweifel daran aufkommen, dass er selbst sich sehr wichtig nahm. Abbey fragte sich, wo der Mann war, den ihr Vater kennen und schätzen gelernt hatte, der ehemalige Goldgräber, der vor harter Arbeit nicht zurückschreckte. Alles, was sie sah, war hochmütige Verachtung für jene, die nicht so viel Glück gehabt hatten wie er.
Die versteckte Drohung in seinen Worten war ihr nicht entgangen. Das beunruhigte sie zwar, aber sie ließ sich nichts anmerken. »Seien Sie unbesorgt, ich kann für mich selbst sorgen! Ich werde mir eine Arbeit suchen!«, rief sie dem Minenbesitzer hinterher. Ihre Stimme klang nicht so selbstbewusst, wie sie sich das gewünscht hätte.
Ebenezer drehte sich noch einmal um, als er in seine Karosse stieg, und musterte sie kalt. Sein finsterer Blick sprach Bände. Abbey begriff, dass er mit allen Mitteln versuchen würde, seinen Willen durchzusetzen. Aber was genau wollte er eigentlich von ihr?
Sie fühlte sich schwach und verwundbar, doch dann schaute sie zum Grab ihres Vaters hinüber und spürte, wie ihr Mut zurückkehrte. Ich habe schon einiges durchgestanden, sagte sie sich und dachte an die Zeit in Irland, an die Jahre in dem Erdloch in Burra. Was weiß dieser grässliche Mensch schon von Not und Elend? Hätte er tatsächlich selbst einmal in einer Mine gearbeitet, würde er besser für seine Arbeiter sorgen, und dann wäre mein Dad noch am Leben. Abbey spürte, wie ihr erneut die Tränen kamen. Schlimmer, als es ohnehin schon war, würde es nicht mehr kommen können. »Ach, Dad, ich wünschte, du wärst da und würdest auf mich Acht geben«, wisperte sie.
Ebenezer Mason ließ sich zur Praxis von Dr. Mead in der Justice Lane unweit des Krankenhauses fahren.
»Sagen Sie Vernon, ich muss ihn sprechen, und zwar sofort«, herrschte er die Helferin des Arztes an.
»Er hat gerade einen Patienten, Mr. Mason«, erwiderte Cora Blake eingeschüchtert. »Ich kann den Doktor jetzt nicht stören.«
Ebenezer verzog unwillig das Gesicht. »Wie lange wird das dauern?«, fragte er laut genug, damit der Arzt ihn im
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