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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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fern!«
    »Horatio?«
    »Mr. Masons Hengst. Er kann ganz schön temperamentvoll und manchmal unberechenbar sein.«
    »Keine Sorge, ich werde ihm bestimmt nicht zu nahe kommen«, murmelte Abbey mit einem Blick auf den großen Rappen.
    Als Alfie außer Sichtweite war, ging Abbey in den Stall. Um den aufgezäumten Horatio, dessen Sattel über dem Gatter seiner Box hing, machte sie einen weiten Bogen. Vier weitere Pferde standen in ihren Boxen und fraßen. Abbey, die furchtbar durstig war, tauchte ihre Hände in einen Trog und spritzte sich Wasser ins Gesicht. Es fühlte sich herrlich kühl und belebend an.
    Sie überlegte, was sie tun sollte. Ihr Instinkt riet ihr zur Flucht, aber sie wusste, sie würde nicht weit kommen: Sobald Alfie mit Winston gesprochen und erfahren hatte, dass Mason tot war und man sie für seine Mörderin hielt, würde er zu Pferde die Verfolgung aufnehmen. Sie hätte nicht die geringste Chance. Außerdem würde eine Flucht als Eingeständnis ihrer Schuld gewertet. Doch blieb ihr eine andere Wahl?
    Abbey war unbegreiflich, wie der Butler und die Dienstmädchen auf die absurde Idee kommen konnten, sie hätte Ebenezer Mason getötet und wäre dann in aller Ruhe neben ihm liegen geblieben, bis man sie am anderen Morgen fand. Sie mussten doch selbst merken, wie unsinnig das war. Aber wenn sie nicht zur Vernunft kamen und stattdessen den Constable verständigten, um sie des Mordes an ihrem Arbeitgeber zu beschuldigen, würde man sie möglicherweise vor Gericht stellen. Dieser Gedanke ängstigte Abbey über alle Maßen.
    Sie durfte keine Zeit verlieren. Ihr Blick heftete sich auf Horatio, der ruhig dastand. Ob Alfie mit seiner Warnung vor dem Hengst nicht ein wenig übertrieben hatte? Sie band das Pferd los.
    »Ich weiß, du würdest dich für mich schämen, Dad, weil ich stehle, aber mir bleibt nichts anderes übrig«, flüsterte sie mit erstickter Stimme. »Ich will nicht für einen Mord hängen, den ich nicht begangen habe.« Das Pferd zu satteln hätte zu lange gedauert, deshalb stieg sie auf eine Querlatte des Gatters und schwang sich von dort auf den Hengst. Als sie ihm behutsam ihre Absätze in die Flanken drückte, preschte Horatio so ungestüm los, dass er sie beinah abgeworfen hätte. »Brrr!«, rief Abbey und dachte, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, das Pferd zu stehlen.
    Als sie die Auffahrt hinunterjagte, wurde ihr klar, dass Alfie nicht übertrieben hatte: Horatio war in der Tat ein überaus feuriges Pferd. Sie war zuletzt auf der Farm ihrer Tante in Irland ohne Sattel geritten – auf einem alten, sanftmütigen Zugpferd, einem Clydesdale, das vor den Pflug gespannt wurde. Da sie völlig aus der Übung war, hüpfte sie auf Horatios Rücken auf und ab wie eine Anfängerin.
    Schon sah sie das schmiedeeiserne Tor am Ende der Auffahrt vor sich. Es war geschlossen, und Abbey versuchte panisch, das Pferd zu zügeln, aber Horatio galoppierte mit unverminderter Geschwindigkeit weiter.
    »Halt!«, schrie Abbey, aber je kräftiger sie an den Zügeln zog, desto schneller wurde Horatio. Im letzten Augenblick, als sie schon fest damit gerechnet hatte, dass sie gegen das Tor prallen würden, schwenkte das Pferd nach links und sprang über den Zaun. Abbey kam es so vor, als schwebten sie eine Ewigkeit durch die Luft. Sie biss die Zähne zusammen und klammerte sich an Horatios Mähne. Wie durch ein Wunder blieb sie oben, als er auf der anderen Seite landete und dann in vollem Galopp die Straße hinunter in Richtung Mintaro jagte.
    Die Weiden mit den Schafherden und die Eukalyptusbäume flogen nur so vorbei. Abbey, die verzweifelt versuchte, das Pferd zum Stehen zu bringen, nahm alles um sie herum nur durch die Staubwolke hindurch wahr, die Horatio aufwirbelte. Im Nu hatten sie die Stadt erreicht und sausten die Hauptstraße hinunter, vorbei an ein paar Läden und Häusern. Die wenigen Passanten schauten Ross und Reiterin verblüfft nach. Und Horatio ließ noch immer keine Anzeichen von Müdigkeit erkennen.
    Als sie an den letzten Häusern am Rand von Mintaro vorbeipreschten, schoss plötzlich ein großer Hund aus einem Hof heraus und schnappte nach den Beinen des Pferdes. Horatio scheute und wich abrupt nach links aus, doch Abbey schaffte es, sich auf dem Rücken des Tieres zu halten. Und dann setzte Horatio mit einem mächtigen Sprung über das Gatter einer Schafskoppel. Als er auf dem unebenen Boden auf der anderen Seite aufkam, strauchelte er, und dieses Mal wurde Abbey

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