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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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unwirklich erscheinen ließ. Heath blickte sich um. Das Zimmer war geschmückt mit Trophäen und Andenken von den zahlreichen Reisen, die seinen Vater unter anderem ins finsterste Afrika und in die Urwälder Ceylons geführt hatten. Er betrachtete die prunkvollen Samurai-Uniformen, die persischen Schwerter und die Speere aus Papua in den Glasschränken. Jetzt gehörte das alles ihm. Angesichts dessen schien es keine Rolle zu spielen, dass er sich nicht an die letzte Begegnung mit seinem Vater, an ihre letzte Unterhaltung erinnern konnte. »Wo ist mein Vater jetzt?«, fragte er den Butler, der an der Tür stehen geblieben war.
    »Samuel McDougal, der Bestattungsunternehmer, hat den Leichnam gestern Nachmittag abgeholt, Sir.«
    »Haben Sie einen Arzt gerufen, als Sie meinen Vater fanden?«
    »Ja, Sir. Dr. Vernon Mead.«
    »Was hat er als Todesursache festgestellt?«, fragte Heath, der noch immer nicht glauben konnte, dass sein Vater tatsächlich tot war.
    »Herzversagen, Master Heath.« Als Winston daran dachte, wie beunruhigt Vernon Mead wegen der Medikamente gewesen war, die er Ebenezer Mason mitgegeben hatte, hätte er fast die Fassung verloren. Der Arzt hatte darauf bestanden, dass Winston das Stärkungs- und das Schlafmittel suchte, und dann beides eingesteckt. Der Verstorbene hatte sowohl Kreislaufprobleme als auch ein schwaches Herz gehabt. Seine Impotenz war eine Folge seiner Kreislaufprobleme. Das Stärkungsmittel förderte die Durchblutung und steigerte dadurch seine sexuelle Potenz, löste aber andererseits Schwindel und Herzrasen aus. Für einen gesunden Mann stellte das kein Problem dar, aber Ebenezer litt an einer Herzschwäche, seit er als Kind Scharlach gehabt hatte. Wie schwer wiegend dieses Herzleiden war, konnte Vernon Mead nicht mit Bestimmtheit sagen, und Ebenezer hatte ihn immer wieder gedrängt, das Risiko zu ignorieren.
    »Ich hoffe nur, Heath besteht nicht auf einer Obduktion«, hatte der Arzt gesagt, bevor er das Haus verließ. »Sonst kommt die ganze schmutzige Wahrheit ans Licht, und das könnte mich meine Approbation kosten.«
    »Vielleicht sollte ich eine Obduktion durchführen lassen«, sagte Heath in diesem Moment, als ob er Winstons Gedanken gelesen hätte.
    Winston machte ein bestürztes Gesicht. »Halten Sie das wirklich für nötig, Sir?«
    »Ich denke schon. Mein Vater war schließlich kein alter Mann.«
    »Aber er hatte ein schwaches Herz, Sir. Sein Herzleiden machte ihm schon seit einigen Jahren zu schaffen.« Heath von dem Mittel zu erzählen, das Ebenezer eingenommen hatte, um seine Manneskraft zu stärken, wäre Winston wie Verrat vorgekommen. Er hoffte aber, es ergäbe sich eine Gelegenheit, dass er in die Unterhaltung einfließen lassen konnte, dass Heath’ Vater sich am Abend vor seinem Tod wieder verheiratet hatte. Die Nachricht wäre ein weiterer Schock für den jungen Mann. Winston erinnerte sich nur zu gut daran, wie erbittert Heath die zweite Frau seines Vaters gehasst hatte. Er würde außer sich sein, wenn er erfuhr, dass sein Vater ein blutjunges Mädchen geheiratet hatte und in derselben Nacht verstorben war. In gewisser Weise fühlte er sich schuldig an Ebenezers Tod, weil er nichts getan hatte, um die Katastrophe zu verhindern. Aber hätte er sie überhaupt verhindern können?
    Plötzlich eilte Heath mit großen Schritten aus dem Zimmer. Winston, der seinen Gedanken nachhing, wurde erst nach einigen Augenblicken klar, dass er das Haus verlassen wollte. Er folgte ihm, aber da er viel älter und folglich viel langsamer war, lief Heath schon die Außentreppe hinunter, als er die Haustür erreichte.
    »Wo wollen Sie denn hin, Master Heath?«, rief Winston ihm nach.
    Heath kletterte in seine Kutsche. »Ich bin in ein paar Stunden zurück. Mrs. Hendy soll schon mal das Mittagessen richten!«
    Winston blickte dem davonrollenden Pferdewagen seufzend nach. Sah so seine Zukunft aus – Butler eines Mannes zu sein, der ein ungeregeltes Leben voller schmutziger Affären führte, wo das Mittagessen am Nachmittag eingenommen wurde, nachdem man den ganzen Morgen mit einer wunderschönen jungen Frau im Bett verbracht hatte? Auch der alte Mr. Mason hatte eine Schwäche für das schöne Geschlecht gehabt, war aber andererseits äußerst diszipliniert gewesen. An seinem Tagesablauf hielt er eisern fest. Das war auch der Grund gewesen, weshalb Louise, das junge Dienstmädchen, nach ihm gesehen hatte, als er nicht wie gewöhnlich um halb acht zum Frühstück heruntergekommen

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