Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Masons Sohn am selben Tag, an dem sein Vater verstorben war, in einer Nachricht dringend um sein Kommen gebeten. Er eilte sofort an die Tür, als er einen Pferdewagen heranrollen hörte. Es war tatsächlich Heath, der junge Master. Er jagte mit großen Sprüngen die Treppe hinauf. Als Winston sein finsteres Gesicht sah, fragte er sich, ob ihm vielleicht schon zu Ohren gekommen war, dass sein Vater nicht mehr lebte.
»Guten Morgen, Sir«, grüßte Winston. Heath ging an ihm vorbei ins Haus, als ob er Luft wäre. Er bemerkte nicht einmal die ungewohnt ernste Miene des Butlers, der seinerseits verstimmt war, weil Heath erst jetzt kam.
Als er die Eingangshalle schon fast durchquert hatte, drehte Heath sich zum Butler um und sagte gereizt: »Ich hoffe sehr, dass es sich um eine wirklich wichtige Angelegenheit handelt, Winston. Ist mein Vater krank geworden?«
Winston seufzte schwer. Anscheinend wusste Heath noch nicht, was passiert war, sodass jetzt ihm die heikle Aufgabe zufiel, die traurige Nachricht zu übermitteln. »Warum kommen Sie jetzt erst, Sir?«, fragte er vorwurfsvoll. »Ich habe Ihnen schon vor zwei Tagen eine Nachricht zukommen lassen und Sie dringend gebeten, noch vor Mittag hier zu sein, weil es äußerst wichtig ist.« Weshalb seine Anwesenheit auf Martindale Hall erforderlich war, hatte er verschwiegen. Winston hielt es für besser, Heath persönlich darüber zu informieren.
Dieser blickte empört drein. »Wenn Sie es unbedingt wissen wollen – ich befand mich in Gesellschaft einer ganz bezaubernden Dame. Leider musste sie vor einer Stunde in die Stadt zurückkehren, sonst wäre ich nicht hier.« Dass die Dame angeblich Verwandte auf dem Land besucht hatte und einen Ehemann hatte, der zu Hause auf sie wartete, erwähnte er wohlweislich nicht. »Also, was ist passiert? Bestimmt nichts Lebensbedrohliches, so wie ich meinen alten Herrn kenne. Hat er sich erkältet?« Er streifte seinen Gehrock ab. Trotz der Hitze, die draußen herrschte, legte Heath großen Wert auf elegante Kleidung. Er hatte eine Vorliebe für maßgeschneiderte Anzüge aus feinstem Tuch, die ihm auch ausgezeichnet standen, weil er groß war und sehr gut aussah. Er hatte hellbraune Haare und haselnussbraune Augen, hohe Backenknochen, ein kantiges Kinn und eine gerade, schmale Nase. Es gab nicht die geringste Ähnlichkeit zwischen Vater und Sohn. Trotz ihrer Differenzen und ihrer Auseinandersetzungen hatte Ebenezer seinen Sohn mit dem Verkauf der Viehbestände von Martindale beauftragt, was Heath fette Provisionen und dadurch ein sehr gutes Einkommen einbrachte.
Winston bemühte sich, sich seine Verärgerung über Heath’ Zynismus nicht anmerken zu lassen. »Nein, Master Heath, er hat sich nicht erkältet«, sagte er und nahm ihm den Gehrock ab.
»Das dachte ich mir schon«, gab Heath bissig zurück und riss seinen Gehrock wieder an sich. »Nun reden Sie schon, Winston! Unter welchem Vorwand hat er dieses Mal nach mir schicken lassen?« Ebenezer war als Vater genauso kalt und lieblos gewesen wie als Ehemann, deshalb zeigte Heath nicht das geringste Mitgefühl mit ihm und hatte auch kein schlechtes Gewissen deswegen. Er war sich nicht einmal sicher, ob sein Vater ihn jemals geliebt hatte. Gesagt hatte er es ihm jedenfalls nie.
Winston straffte sich, hielt seinen Blick aber gesenkt. »Ihr Vater ist verstorben, Sir. Erlauben Sie, dass ich Ihnen mein tiefstes Beileid ausspreche.«
»Was?« Heath erstarrte. Fassungslosigkeit malte sich auf seinem Gesicht.
»Vor zwei Tagen fand eines der Dienstmädchen ihn tot in seinem Bett. Er muss irgendwann im Lauf der Nacht entschlafen sein. Deshalb habe ich Sie ja gebeten, umgehend herzukommen.«
Heath wurde blass, als er daran dachte, wie er Winstons Nachricht zerknüllt und weggeworfen hatte, weil ihm sein Abenteuer mit Florence Berkshire wichtiger gewesen war. »Ich … ich war mir der Dringlichkeit der Situation nicht bewusst«, stammelte er. Benommen wandte er sich um und ging in den Rauchsalon. Die Nachricht war ein Schock für ihn, auch wenn die Beziehung zu seinem Vater in letzter Zeit, genauer gesagt seit dieser zum zweiten Mal geheiratet hatte, nicht die beste gewesen war. Aber dass er im Alter von nur dreiundfünfzig Jahren gestorben war, erschütterte ihn doch. Er goss sich ein Glas Whiskey ein und leerte es in einem Zug.
In dem eichenholzgetäfelten Rauchsalon hatte sich sein Vater am liebsten aufgehalten. Die Luft war noch durchdrungen vom Rauch seiner Zigarren, was seinen Tod
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