Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
gewaltigen Fehler gemacht. Ungefragt die Küche zu benutzen war schon schlimm genug, aber jetzt, wo Jack Sabus Lohn kürzen wird, werden Sie keinen besonders angenehmen Aufenthalt hier haben, das kann ich Ihnen versichern. Ich gebe Ihnen höchstens ein paar Tage auf Bungaree Station, und das auch nur mit viel Glück.« Damit stand sie auf und rauschte aus dem Zimmer.
Abbey starrte wie vom Donner gerührt auf das Essen, das Sybil kaum angerührt hatte. »Das ist ja wunderbar gelaufen«, flüsterte sie. »Einen Tag da und schon hab ich mir zwei Feinde gemacht.« Sie erhob sich, um die Teller in die Küche zu tragen, überlegte es sich dann aber anders, weil sie Sabu immer noch in der Küche hantieren hörte. Dem Krach nach zu urteilen, den er dabei veranstaltete, hatte er sich noch nicht beruhigt. Abbey ließ die Teller stehen und lief in ihr Zimmer hinauf.
Abbey setzte sich auf das Bett und grübelte. Eigentlich hätte sie sich über ihr wunderschönes eigenes Zimmer freuen müssen, doch sie fühlte sich wie in einem Gefängnis. Sie sprang auf, weil sie plötzlich das Gefühl hatte, keine Luft mehr zu bekommen, und riss die Balkontüren auf. Ein wunderschöner Blick bot sich ihr, aber in ihrer gedrückten Stimmung konnte sie sich nicht daran erfreuen. Tränen stiegen ihr in die Augen. Anscheinend konnte sie niemandem etwas recht machen – seit dem Tod ihres Vaters stolperte sie von einer Katastrophe zur nächsten. Sybil wäre vermutlich eine Giftnatter als Gesellschafterin lieber gewesen als sie. Und mit dem Koch hatte sie es sich jetzt auch noch verdorben. Als wäre das alles nicht schon unerfreulich genug, wurde sie wegen Ebenezer Masons Tod wahrscheinlich von der Polizei gesucht. Schlimmer konnte es wirklich nicht mehr kommen.
»Dad, ich brauche dich. Du fehlst mir so sehr«, wisperte sie, ihre Stimme rau vor Kummer, ihr Herz schwer vor Schmerz und Trauer. Sie stützte sich auf das Geländer und ließ ihren Tränen freien Lauf.
Plötzlich nahm sie unter sich eine Bewegung wahr. Dann flog etwas durch die Luft und landete auf der anderen Seite des Gartens. Anscheinend hatte jemand es von der Hintertür aus hinausgeworfen. Im gleichen Moment kam Max angeschossen, stürzte sich darauf und schlug seine Zähne hinein. War es der Schinken, von dem Abbey ein paar Scheiben fürs Abendessen abgeschnitten hatte? Aber das konnte nicht sein, sie musste sich getäuscht haben. Jetzt kamen die anderen beiden Hunde hinzu. Max packte seine Beute und rannte davon.
Abbey beugte sich weiter über das Geländer. An der Hintertür stand Sabu, einen Ausdruck schierer Bosheit auf dem Gesicht. Also hatte sie richtig gesehen: Er hatte den restlichen Schinken den Hunden hingeworfen, vermutlich, weil er ihr eins auswischen wollte. Abbey war fassungslos.
Sie hatte nicht bemerkt, dass Sybil ebenfalls aus ihrem Zimmer auf den Balkon getreten war. Als sie die junge Frau sah, die sich so weit über das Geländer lehnte, eilte sie zu ihr und packte sie am Arm. »Was tun Sie denn da?«, sagte sie scharf.
Abbey fuhr erschrocken hoch.
»Machen Sie ja keine Dummheiten«, knurrte Sybil und umfasste ihren Arm noch fester.
»Was?« Abbey riss sich los. Im ersten Moment begriff sie nicht, doch dann wurde ihr klar, dass Sybil offensichtlich gedacht hatte, sie wolle sich vom Balkon stürzen. Sie setzte schon zu einer Erklärung an, stutzte dann aber. Den Koch anzuschwärzen würde alles nur noch viel schlimmer machen. Sybil würde ihr ohnehin nicht glauben, dass er den Hunden einen guten Schinken hingeworfen hatte. »Ich mach doch gar nichts«, stammelte sie und stellte sich so vor Sybil, dass diese nicht in den Garten hinunterblicken konnte. »Ich wollte nur ein bisschen frische Luft schnappen.«
Sybil schaute sie misstrauisch an. »Ach ja? Und ich dachte schon …«
»Was? Dass ich hinunterspringen würde? Ganz sicher nicht, aber was kümmert es Sie? Sie wären doch bestimmt heilfroh, wenn Sie mich los wären, so oder so.«
»Sie tun wirklich alles, um im Mittelpunkt zu stehen, nicht wahr?«, fauchte Sybil gehässig. Abrupt drehte sie sich um und kehrte in ihr Zimmer zurück.
Abbey seufzte und wischte sich die Tränen ab. Wäre da nicht Jack, der so freundlich zu ihr war und den sie nicht im Stich lassen wollte, wäre nicht die Angst vor einer weiteren Nacht unter freiem Himmel gewesen, hätte sie nicht eine Sekunde gezögert: Sie wäre weggelaufen, so schnell ihre Beine sie trugen.
7
Winston hatte Ebenezer
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