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Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Creek Street nicht schon wieder ein Kind gestorben war – eine zusätzliche Belastung konnte er im Moment wirklich nicht brauchen.
    »Nein, Vernon, es ist Melody Michaels«, sagte Samuel. »Du weißt doch, dass sie einen großen Bogen um euch Ärzte gemacht hat. Sie hat sich ihre eigenen Heilmittel zubereitet. Ärzte sind Scharlatane, die Versuche mit ihren Patienten anstellen, hat sie immer gesagt. Ganz Unrecht hatte sie nicht. Im Gegensatz zu vielen deiner Patienten hat sie ein biblisches Alter erreicht.« Er lachte, aber Vernon war nicht in Stimmung für diese Art von Humor, zumal Samuel einen wunden Punkt getroffen hatte.
    »In den letzten Monaten hat sich Melody jedes Mal bekreuzigt, wenn sie im Garten arbeitete und ich vorbeifuhr«, fügte Samuel, dem Vernons gedrückte Stimmung nicht auffiel, hinzu. »Ich glaube, sie hat geahnt, dass es zu Ende gehen würde.«
    »Sie war fünfundneunzig, Samuel, in diesem Alter ist das Ende absehbar«, entgegnete Vernon. Er würde Melody in liebevoller Erinnerung behalten. Sie war eine der ungewöhnlichsten Persönlichkeiten von Burra gewesen, mit festen, unumstößlichen Ansichten. Trotz ihres hohen Alters hatte sie nie müßig die Hände in den Schoß gelegt, im Gegenteil: Vernon kannte kaum jemanden, der so viel gearbeitet hatte wie sie. Während die meisten Gärten in Burra trockene Staubwüsten waren, grünte und blühte es in dem von Melody, weil sie hauptsächlich Sukkulenten und Kakteen angepflanzt hatte, die nur wenig Wasser benötigten. Sie war sehr stolz auf ihre Pflanzenkenntnisse, sie wusste genau, welche im unerbittlichen australischen Klima gedeihen konnten und welche nicht. Melodys Tod würde eine schmerzliche Lücke hinterlassen.
    Vernon schüttelte die Gedanken ab und kam auf den Grund seines Besuchs zu sprechen. »Du musst mir Ebenezer Masons Leiche heute Abend noch in die Praxis bringen, Samuel.«
    Der Leichenbestatter sah ihn verdutzt an. »Was? Heute noch? Wozu denn?«
    »Sein Sohn war gerade bei mir, er will, dass ich eine Autopsie durchführe.«
    »Merkwürdig, wo sein Vater doch in seinem eigenen Bett gestorben ist. Glaubt er, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist?«
    Vernon zögerte. »Er will nur ganz sichergehen, weil Ebenezer ja kein alter Mann war«, sagte er vorsichtig.
    »Dass ihm das so wichtig ist«, wunderte sich Samuel. »Jeder weiß doch, dass die beiden seit Jahren kaum ein Wort miteinander gesprochen haben.«
    »Ich glaube, in seinem tiefsten Inneren hat Heath seinen Vater geliebt«, erwiderte Vernon, um zu verhindern, dass Samuel anfing, irgendwelche Vermutungen anzustellen.
    »Hm. Und warum führst du die Autopsie nicht im Krankenhaus durch?«
    »In der Praxis geht es genauso gut. Ich muss heute Abend sowieso noch arbeiten, Schriftkram erledigen, du weißt schon«, sagte Vernon so gelassen wie möglich. »Kann einer deiner Angestellten mir Ebenezers Leichnam rüberbringen?«
    »Ich sag Günter Bescheid, sowie ich Melody hineingebracht habe. Der Butler des alten Mason meinte, der Sohn werde sich wegen der Beerdigung an mich wenden, aber bis jetzt habe ich noch nichts von ihm gehört. Bei der Hitze sollte die Leiche aber möglichst schnell unter die Erde.«
    »Er wird dich morgen im Lauf des Tages aufsuchen«, sagte Vernon. Er nahm sich vor, in aller Frühe nach Martindale hinauszufahren, um Heath den Obduktionsbefund mitzuteilen.
    Samuel versprach, die Leiche so schnell wie möglich in die Praxis transportieren zu lassen. Erleichtert darüber, dass ihm keine weiteren Fragen gestellt wurden, verabschiedete sich Vernon und lief hastig in seine Praxis zurück.
     
    Eine Stunde später lag Ebenezer Masons Leichnam auf dem Seziertisch in Vernon Meads Praxis. Der Arzt sah sich in seiner Vermutung bestätigt: Ebenezer hatte an einem Aneurysma der Aorta gelitten, dort wo diese auf den Herzmuskel traf. Er nahm an, dass die durch eine zu hohe Dosis des Potenzmittels hervorgerufene stärkere Durchblutung der Gefäße das Aneurysma zum Platzen gebracht hatte. Zu seiner Überraschung stellte Mead außerdem einen zerfressenen Kehlkopf sowie Geschwüre im oberen Magen-Darm-Trakt fest. Leber und Nieren waren ebenfalls geschädigt. Vernon war zutiefst schockiert. Diese Schädigungen rührten offensichtlich von den Arzneimitteln her, die Ebenezer über einen langen Zeitraum von ihm verlangt hatte. Eine andere Erklärung gab es nicht, da er, soviel Vernon wusste, nie übermäßig viel Alkohol getrunken hatte.
    Er nähte Ebenezer wieder zu und

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