Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
jüngeren Frau regelrecht angefleht, ihm das Mittel zu überlassen. Vernon hatte es anfangs sogar an sich selbst ausprobiert, selbstverständlich nicht über einen längeren Zeitraum hinweg. Und wenn ihm nun bei der Herstellung der letzten Präparate ein Fehler unterlaufen war? Seine Praxis war furchtbar überlaufen, und er ächzte seit langem unter der Belastung, aber konnte er einen so folgenschweren Fehler gemacht haben? Er nahm sich vor, die Bestandteile und das Herstellungsverfahren eingehend zu überprüfen, und zwar unverzüglich. Er musste die Wahrheit wissen.
In aller Eile verabschiedete er sich von Winston und fuhr in die Stadt zurück.
Heath torkelte zur Hintertür hinaus und fiel im Gras auf die Knie. Er würgte und übergab sich, bis er nichts mehr im Magen hatte und sein Bauch wehtat von der Anstrengung.
»Was haben Sie denn, Master Heath?« Mrs. Hendy war hinausgeeilt und sah ihn besorgt an. Es lag doch hoffentlich nicht an ihrem Frühstück, dass dem jungen Mann speiübel geworden war? »Soll ich den Doktor zurückrufen?«
»Nein, nicht nötig«, fauchte Heath ärgerlich. Er konnte noch immer nicht fassen, dass Vernon Mead nichts Verdächtiges bei der Autopsie festgestellt hatte. Ächzend rappelte er sich auf und wankte ins Haus, wo er ein Glas Wasser trank. Dann ging er ins Esszimmer, schnappte sich den Obduktionsbefund, sagte den Dienstboten, er wolle nicht gestört werden, und schloss sich im Rauchsalon ein.
Er studierte den Bericht des Arztes Wort für Wort, aber sooft er ihn auch las, er fand nichts, was Abigail Scottsdale nur im Mindesten belastet hätte. Sein Vater war an Herzversagen gestorben, zurückzuführen auf ein geplatztes Aneurysma. Dafür konnte man niemandem die Schuld geben.
Heath war am Boden zerstört. Wie war das möglich? Wie war es möglich, dass diese Frau so unverschämt viel Glück hatte? Und wie konnte er verhindern, dass Martindale Hall mitsamt seinen mehreren tausend Hektar Land, seinen Schafen, seinen Rindern, seinem Damwild und seinen Arbeiterhütten ihr in die Hände fiel? Von der Burra Monster Mine ganz zu schweigen.
Er öffnete eine Flasche von Ebenezers bestem Whiskey, goss sich ein Glas voll ein und leerte es in einem Zug. Der Alkohol breitete sich wie flüssiges Feuer in seinem Körper aus, vermochte seinen Schmerz aber nicht zu betäuben. Als die Flasche leer war, schnappte er sich eine zweite und taumelte ins Wohnzimmer. Dort fand Winston ihn eine Stunde später, wie er betrunken und schwankend vor einem übergroßen Bildnis seines Vaters stand, das über dem Kamin hing.
»Kann ich etwas für Sie tun, Master Heath?« Sorge schwang in der Stimme des Butlers mit.
Heath antwortete nicht. Ein Glas in der einen Hand, die Flasche Whiskey in der anderen, starrte er Ebenezers Porträt an. Ihm war, als würde sein Vater ihn verhöhnen.
»Findest du das zum Lachen, du egoistischer Bastard?«, nuschelte Heath. Die Züge seines Vaters schienen zu einem boshaften Grinsen verzerrt.
Winston, der nichts vom Wortlaut des Testaments und seinen Folgen für Heath ahnte, wunderte sich über diese hasserfüllte Bemerkung.
Plötzlich schleuderte Heath die Flasche, die er in der Hand hielt, auf das Gemälde. Sie zerbarst in unzählige Scherben, Splitter flogen durchs Zimmer. Einer traf Heath, der mit einem Aufschrei zu Boden fiel und sich das Gesicht hielt. So schnell es seine alten Beine erlaubten, eilte Winston zu ihm.
»Master Heath!« Er erschrak, als er Blut durch Heath’ Finger sickern sah. »Haben Sie sich verletzt? Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«
Heath verharrte einige Augenblicke regungslos. Dann rappelte er sich stöhnend hoch und ließ die Hände sinken. Ein Glassplitter steckte ihm in der Wange, die Wunde blutete stark. Auf der Stirn hatte er eine harmlose Schramme. Winstons erster Gedanke war, dass der junge Master von Glück sagen konnte, dass er kein Auge verloren hatte. Vorsichtig zog er den Glassplitter heraus. Heath’ Gesicht verzerrte sich zu einer schmerzlichen Grimasse. Glas knirschte unter seinen Schritten, als er zu einem der Ledersofas taumelte. Er ließ sich in die Polster fallen und hielt sich ächzend den Kopf.
»Was ist denn hier passiert?« Mrs. Hendy stand in der Tür und starrte fassungslos auf das Bildnis des alten Mason. Es war fleckig, die Leinwand zerrissen. Der Fußboden war mit Glasscherben übersät. Erschrocken schlug sie sich die Hand vor den Mund, als ihr Blick auf Heath fiel, dem das Blut übers Gesicht lief.
»Holen Sie
Weitere Kostenlose Bücher