Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman
Verbrechen zum Opfer gefallen war, würde der Arzt es herausfinden, und dieser Gedanke erfüllte ihn mit Genugtuung.
Als Abbey nach ihrer Unterhaltung mit Jack ins Haus kam, begegneten ihr Elsa und Marie im Flur. Sie hatten Feierabend und waren auf dem Weg zu ihren Zimmern.
Abbey hatte eine Idee. »Könnt ihr Karten spielen?«
Die beiden blickten überrascht drein. »Nein, eigentlich nicht«, antwortete Elsa. »Warum fragen Sie?«
»Mrs. Hawker würde nachher gern eine Partie spielen, und mit mehreren Spielern macht es mehr Spaß.«
Marie wunderte sich zwar, dass sie überhaupt gefragt wurden, fand den Gedanken aber reizvoll. Und besser, als sich den Abend über zu langweilen, war es allemal. »Ich würde es gern lernen«, sagte sie eifrig.
Elsa nickte. »Ich auch. Ist Mrs. Hawker denn damit einverstanden, dass wir mitspielen?«
»Sie hat bestimmt nichts dagegen. Kommt, wir richten schon mal alles her. Wisst ihr, wo sie die Karten aufbewahrt?«
»Ja, in einer Büfettschublade«, sagte Elsa. »Ich hole sie.«
Als sie in der Küche saßen, kam Sabu herein. Er machte ein verdrießliches Gesicht, als er die drei sah.
Abbey warf ihm einen unsicheren Blick zu. Da sie von jetzt an unter einem Dach wohnen würden, mussten sie irgendwie miteinander auskommen. Sie beschloss, ihm ein Friedensangebot zu machen. »Spielen Sie Karten, Sabu?«
Sabu funkelte sie grimmig an. »Karten?« Er dachte, sie wolle sich über ihn lustig machen.
»Ja, wir wollen eine Runde spielen. Hätten Sie nicht Lust, sich uns anzuschließen?«
Marie und Elsa wechselten einen viel sagenden Blick. Vermutlich verstieß das Kartenspiel gegen seinen Glauben, so wie das Kochen an bestimmten Tagen und wie so vieles andere auch.
»Was wird denn gespielt?«, fragte Sabu nach langem Zögern.
»Ich schlage Lügner-Poker vor, das ist so eine Art Poker. Aber ich warne Sie: Ich habe das oft mit meinem Vater und seinen Freunden gespielt, ich bin ziemlich gut.«
Sabu fasste das als Herausforderung auf, und damit war sein Interesse geweckt. »Wie hoch ist der Einsatz?«
»Ich weiß noch nicht«, antwortete Abbey achselzuckend.
»Man pokert nicht um nichts, wir müssen einen Einsatz festlegen«, sagte Sabu mit Bestimmtheit.
In diesem Moment kam Jack herein. Sein Blick fiel auf das Kartenspiel auf dem Tisch. »Wollt ihr etwa Karten spielen?«, fragte er gut gelaunt. Abbey schien sich bestens mit den anderen zu verstehen, und Sabu schrie nicht herum. Wenn das kein Fortschritt war!
»Ja, die Idee stammt von Ihrer Mutter«, antwortete Abbey. »Wir wollen pokern, und Sabu meint, wir müssen einen Einsatz festlegen, aber …« Sie verstummte. Es war ihr peinlich zuzugeben, dass sie kein Geld hatte.
Jack begriff ihr Dilemma. »Das ist kein Problem, Sie bekommen einen Vorschuss von mir. Aber nur unter einer Bedingung!«
»Und die wäre?«
»Dass ich mitspielen darf«, erwiderte Jack und kramte ein paar Geldscheine und Münzen aus seiner Hosentasche.
»Abgemacht«, stimmte Abbey fröhlich zu. »Da ist gerade ein Stuhl mit Ihrem Namen drauf frei geworden.«
Jack sah den Koch an. »Was ist mit dir, Sabu? Bist du dabei?«
»Wenn wir um Geld spielen, immer.« Er zog sich einen Stuhl heran. Es ärgerte ihn, dass er für die Tage, an denen er fastete und deshalb nicht kochte, nicht mehr bezahlt wurde. Deshalb war der Gedanke, Abbey beim Kartenspiel Geld abzuknöpfen, äußerst verlockend.
Gerade, als alle sich hingesetzt hatten, hörten sie Sybil nach Abbey rufen.
»Ich bin in der Küche, Mrs. Hawker!«
Augenblicke später erschien Sybil in der Tür. Sie blieb abrupt stehen und starrte alle der Reihe nach an. Sie konnte nicht glauben, dass ihr Sohn und Abbey mit den Dienstboten am Küchentisch saßen. Ihr Blick fiel auf das Kartenspiel.
»Das war eine großartige Idee von dir, Mutter! Ich habe eine Ewigkeit nicht mehr gepokert!« Jack nahm die Karten und mischte sie.
»Poker!« Sybil schaute Abbey entsetzt an. »Ich dachte, wir spielen Canasta, Cribbage oder Rommee!«
»Die Spiele kenne ich alle nicht, Mrs. Hawker. Aber mit meinem Vater habe ich immer Lügner-Poker gespielt.«
»Lügner-Poker!«, echote Sybil ungläubig. Das hörte sich wie eins dieser Glücksspiele an, mit denen man sich in den Hinterhöfen Dublins die Zeit vertrieb.
Jack stand auf und zog seiner Mutter einen Stuhl zurück. »Du hast hoffentlich Geld für den Pot dabei, Mutter«, meinte er augenzwinkernd.
Sybil sah ihn befremdet an. »Du willst doch nicht im Ernst um Geld
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