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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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hatte ihnen außerdem noch eine Schale mit Noni-Früchten gebracht. Auf dem kleinen Cafétisch war wegen den Gefäßen und dem klobigen Telefon kaum noch Platz.
    »Er nahm sich die Hälfte von allem, ohne zu fragen«, fuhr Ili fort. »Tupu spekulierte auf Tuilas Liebe zu ihrer Familie und lag damit richtig, und Tristan war seinem Schwager wieder nicht gewachsen. Er war überrumpelt worden und verärgert, schluckte aber seinen Protest hinunter und arrangierte sich mit der Situation.« Etwas lauter, als man das gewöhnlich macht, stellte Ili den Becher auf den Tisch zurück. »Er konnte wirklich furchtbar nachgiebig sein.«
    Evelyn bemerkte die Verbitterung Ilis. »Ein wenig verstehen kann ich Tristan schon«, beschwichtigte sie. »Er wagte nicht, seine Frau derart zu enttäuschen, wenn er Tupu und Ivana wieder vor die Tür gesetzt hätte. Sie war so glücklich, ihren Bruder, mit dem sie aufgewachsen ist, bei sich zu haben, und dabei fiel ihr überhaupt nicht auf, wie sie benutzt wurde. Wie hätte Tristan ihr das klar machen sollen, ohne einen heftigen Streit zu riskieren?«
    Ili überlegte einen Moment, dann seufzte sie. »Vermutlich haben Sie Recht, Evelyn. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wenn Tristan auch nur im Entferntesten geahnt hätte, wohin das noch führen würde.«
    »Bis jetzt ist alles, mit einigen Einschränkungen, eine schöne Liebesgeschichte.«

    »Dabei bleibt es nicht, das muss ich Ihnen leider sagen.«
    »Ich fürchtete es schon. Clara Hanssen machte ihre Drohungen bestimmt wahr.«
    Ili nickte. »Clara Hanssen und das Gift, das sie verspritzte, ist das eine. Noch verheerender jedoch waren die drei Morde …«Ili hörte Evelyns leises Aufstöhnen und wiederholte: »Ja, drei Morde. Zunächst jedoch, für einige Wochen, wurde es ruhig. So schlimm war das Leben für Tristan erst einmal gar nicht: Tupu half ihm ein wenig bei der Anlage des Gartens und verhielt sich zurückhaltend. Schlau, wie Tupu war, begriff er, dass er den Bogen jetzt nicht mit weiteren Ansprüchen oder Auffälligkeiten überspannen durfte. Erst sollte sich aller Ärger Tristans über den ungebetenen Einzug legen. Dann aber, an einem Junitag …«
    Ili unterbrach sich. »Oh, ich sehe gerade, dass es langsam zu dämmern beginnt. Wir sollten zum Hafen gehen. Die letzte Fähre fährt bald.«
    »Ich – bleibe heute Nacht in Apia, mache einige überfällige Besichtigungen und gehe schön essen. Ich hoffe, Sie sind nicht böse, Ili.«
    »Wie kommen Sie denn darauf? Recht haben Sie! Ich habe mich schon gefragt, meine Liebe, wann Sie die Schönheiten, die sich Ihnen hier bieten, erforschen würden.«
     
    Evelyn erwachte mit den ersten Anzeichen des Tages. Die gelben Voiles an den Fenstern intensivierten das hereinflutende Licht, und die cremefarbenen Tapeten, die roten Teppiche und die makellos weiße Bettwäsche, das alles war warme, duftende Sauberkeit.
    Sie warf einen leicht beunruhigten, aber auch zufriedenen Blick zu Ray. Er hatte die Bettdecke bis zu den Füßen heruntergeschoben und schlief nackt und braun neben ihr, unbeweglich wie ein Aktfoto. Er trug noch eine Socke, ein
Zeichen dafür, wie schnell gestern Abend alles gegangen war.
    Sie hatte sich vor dem Abendessen ein Leinenkostüm in einer Boutique gekauft und gleich dort angezogen. Im Aggie Grey’s , ahnte Evelyn, war Abendgarderobe erwünscht, aber Ray hatte sich darum nicht geschert. Mit einer schwarzen Jeans und einem engen T-Shirt trotzte er den leicht pikierten Blicken des Personals und der Gäste an den umstehenden Tischen. Spätestens von diesem Moment an verglich Evelyn die beiden Männer, Ray und Carsten, und alles, was Ray sagte oder tat, stellte sie dem gegenüber, was Carsten in den letzten Jahren gesagt oder getan hatte. Carsten wäre nie in einem solchen Aufzug in ein Restaurant gegangen. Er war gewohnt, den Menschen zu gefallen, und nicht, sie zu provozieren.
    »Ich denke für mich selbst«, hatte Ray gesagt. »Ich möchte nicht dasselbe wie andere im Kopf haben. Schau dir nur mal die Leute hier an: Die sehen doch alle aus wie kolorierte Filmfiguren, sie spielen Rollen, leben das Leben von Drehbüchern und Romanheftchen und zappeln am Faden von Modemachern. So jemand bin ich nicht. Ich mache, was ich will.«
    Ihr gefiel, was er zu sagen hatte. Er war ein völlig anderer Typ Mann, als sie bisher getroffen hatte, und er passte tatsächlich in keine Schablone. Einerseits war er robust und stark – auch charakterlich –, andererseits äußerte er

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