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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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überhaupt nicht.«
    Er verdrängte sie von ihrem Fahrersitz und setzte sich selbst ans Steuer. »Ich heiße Joacino«, sagte er. »Jetzt kennst du mich.«
    Ane nannte ihm das Aggie Grey’s als Ziel und ließ es geschehen, dass er sie durch Apia fuhr. Unter normalen Umständen hätte sie diesen Joacino zum Teufel geschickt, wie alle die anderen armen samoanischen Schlucker, die mit ihr anzubandeln versuchten. Aber für den Moment war sie dankbar, dass sie nicht selbst am Steuer sitzen musste. So hatte sie Zeit, sich wieder zu sammeln und Evelyns Worte sorgfältig abzuwägen.
    Bestimmt lag ein Missverständnis vor, oder sogar eine
absichtliche Verdrehung von Tatsachen, ein verzweifelter Versuch Ilis, den Verkauf des Landes zu verhindern. Vielleicht war Evelyn auch einfach betrunken gewesen und hatte wirres Zeug geredet – immerhin hatte sie gekeucht wie ein Marathonläufer. Was auch immer, dachte Ane, von einer großflächigen Abholzung konnte keine Rede sein. Immerhin hatte sie selbst mit Raymond über das Hotel gesprochen, über Lounges und Pools und Gärten und einen passenden Namen. Sie hatte ihm vorgeschlagen, die kühle Veranda zu belassen und überall Bananenstauden und duftende Kränze aufzuhängen; sie hatte ihm die Adresse von Feuertanzgruppen gegeben, die die Gäste unterhalten sollten, und ihm eine Liste von passenden Bezeichnungen für Cocktails geschrieben, zum Beispiel eine Marlonita, in Erinnerung an Marlon Brando, der in Samoa zu Gast gewesen war. Detailliert hatte sie ihm beschrieben, wie sie sich das Restaurant vorstellte und dass man die Gäste mit Trommeln zum Dinner rufen könnte. Und Raymond hatte zu allem genickt, sich sogar Notizen gemacht. Rodung, so ein Unsinn. Natürlich mussten ein paar Bäume fallen, um Platz für die Anlage zu schaffen, und die Papayaplantage würde, bar jeden Nutzens, nicht zu retten sein.
    Die Plantage, fiel Ane ein, die Plantage war an dem Missverständnis schuld! Die Papayas würden gerodet werden, selbstverständlich, mehr nicht. Die hysterische Evelyn hatte das falsch verstanden. So viel Wirbel wegen gar nichts.
    Als sie beim Aggie Grey’s vorfuhren, hatte Ane sich wieder beruhigt. Joacino parkte den Jeep in der Garage und trug ihre Einkäufe bis zum Hoteleingang, wo Ane sie ihm abnahm. Sie setzte ihre Sonnenbrille auf, obwohl kein Sonnenstrahl die Erde berührte und sie ohnehin vorhatte, in die Halle zu gehen.
    »Danke«, sagte sie. »Ab hier komme ich selbst zurecht.«
    Er blickte sie fest an. »Sicher?«
    »Ganz sicher«, entgegnete sie. »Mein – Verlobter wartet schon auf mich. Er ist Amerikaner und wohnt vorübergehend hier.«
    Joacino biss sich auf die Lippe. »Tja, dann … Vielleicht sehen wir uns ja mal wieder – ich meine, zufällig. Ich habe übrigens eine kleine Perlenzucht, drüben in der Lagune vor Fagali’i.«
    Perlenzüchter also, dachte sie. Die schwarzen Südseeperlen waren weltweit heiß begehrt, kein Wunder, sie schimmerten dunkel und mystisch wie eine Mondfinsternis. Aber bei den Züchtern blieb dabei kaum Geld hängen. Allenfalls fünfzig Dollar pro Perle, und so ein Ding brauchte Jahre, um in der Auster heranzureifen – wenn es denn überhaupt reifte. Austern waren launisch. Harte Arbeit für wenig Geld. Mehr als sechs- bis siebentausend im Jahr verdiente Joacino nicht.
    »Schön«, kommentierte sie seinen Beruf so aufrichtig wie möglich und kramte einen der übrig gebliebenen Scheine aus ihrer Börse hervor. »Das ist für deine Hilfe, und damit du dir ein Taxi zurücknehmen kannst.«
    Mit einer Geste lehnte er ab. »Tofa «, rief er. »Auf Wiedersehen.« Dann ging er fort.
    Zuerst war sie noch ein wenig nachdenklich, weil sie nicht wusste, wie sie sich sonst für Joacinos Hilfe hätte bedanken können, aber als sie mit ihren Einkaufstaschen die vornehme Hotelhalle betrat, wichen alle trüben Gedanken von ihr, auch die an Evelyn und die so genannte Rodung.
     
    Als Ane Raymonds Suite betrat, hatte sie das Gefühl, ihn bei einem Telefonat zu stören. Er sprach plötzlich sehr leise in den Hörer und wandte ihr den Rücken zu.
    Seine Geschäfte kümmerten Ane nicht. Sie stellte ihre Tüten im Schlafzimmer ab, packte die bunten Blusen und
Miniröcke aus und posierte damit vor dem Spiegel. Nach und nach probierte sie die Kleider an, doch nach zehn Minuten war der Reiz des Neuen verflogen. Ray telefonierte immer noch, und so kramte sie die Vanity Fair hervor und bewunderte ein weiteres Mal Naomis Körper, oder besser gesagt, das,

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