Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
Vom Netzwerk:
Frauen ließ man in Freiheit, aber viel mehr als das behielten sie nicht, denn die Plantagen wurden beschlagnahmt. Doch andere erwischte es noch schlimmer, die Hanssens, zum Beispiel: Ohnmächtig musste der alte Kaufmann mit ansehen, wie sein Südsee-Imperium zusammenbrach. Nach dem Untergang des deutschen Südseegeschwaders bei den Falkland-Inseln fielen alle deutschen Kolonien im Pazifik binnen weniger Wochen in die Hände der Briten und ihrer Verbündeten. Hanssen verlor dadurch alles und starb bald. Seine Tochter Clara kehrte – ruiniert – nach dem Krieg in ihre Heimat zurück. Mehr weiß ich nicht über sie. Und was Tristans Eltern, also meine Großeltern, betrifft …«
    Evelyn hielt ihre Nase in den Wind. Ein stechender Geruch verteilte sich über der tiefdunklen Palauli Bay, und als sie zum Papaya-Palast sah, entdeckte sie ein flackerndes Licht.
    »Oh, mein Gott.«
    Ili fragte: »Was ist?«
    »Es brennt. Ili, das Haus brennt.«
    Sie eilten die Anhöhe hinauf. Im Dach über Ilis Wohnung brannte ein kreisrundes Feuer ein Loch in die getrockneten Palmblätter und vergrößerte sich mit jeder Sekunde. Ein Teil der Konstruktion musste bereits eingestürzt sein, denn aus dem Fenster der Küche züngelten Flammen heraus.

    Evelyn zögerte keinen Augenblick. Sie griff nach einem herumstehenden Eimer, der halb mit Regenwasser gefüllt war, und schüttete den Inhalt durch das Küchenfenster. Sie suchte nach weiteren Gefäßen, fand aber nichts.
    »Ili, wo ist Wasser?«
    Ili blickte starr auf das sich ausbreitende Feuer.
    »Ili!«, schrie Evelyn und fasste sie an den Schultern. »Zum Meer ist es zu weit. Wo finde ich hier sonst noch Wasser?«
    Ili musste mehrmals Luft holen, dann deutete sie auf eine Stelle hinter dem Haus. »Die Bewässerungsschläuche«, brachte sie mühsam hervor.
    Evelyn verstand. »Wecken Sie Ane und Moana auf. Ich werde mich um das Wasser kümmern.«
    Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass Ili tat, was sie ihr aufgetragen hatte, rannte Evelyn um das Haus herum. Dort bemerkte sie, dass auch ein Teil der Papayas brannten, aber nicht am Rand der Plantage, sondern ungefähr einhundert Meter im Innern.
    Das konnte kein Zufall sein, schoss es ihr durch den Kopf. Jemand musste die beiden Feuer gelegt haben.
    Sie stolperte in der schemenhaften Dunkelheit der Plantage geradewegs über einen Bewässerungsschlauch, nahm ihn hoch und folgte ihm bis zum Hahn der Wasserleitung. Sie drehte ihn auf, aber wie sie sich bei einem endlos langen Bewässerungsschlauch hätte denken können, erreichte sie damit nur, dass aus tausend winzigen Löchern kleine Rinnsale flossen. Sie brauchte einen höheren Druck – und einen kürzeren Schlauch.
    Ein weiterer Teil des Daches stürzte ein. Von der anderen Seite des Hauses hörte sie aufgeregte Stimmen. Ane und Moana waren also in Sicherheit.
    Auf der Suche nach irgendeiner Möglichkeit, wie dieses herrliche Haus noch zu retten wäre, blickte sie hektisch um
sich. Sie bemerkte ein kleines Gartenhäuschen, in dem vermutlich Werkzeuge gelagert waren. Zum Glück war die Tür nicht verschlossen. Doch es war dunkel, und nur der Feuerschein vom Dach des Papaya-Palastes spendete unruhiges Licht.
    Sie fand allerlei Zeug, doch nichts, was sie brauchen konnte. Endlich entdeckte sie eine überdimensionale Zange, so groß und schwer, dass sie Mühe hatte, sie aus dem Regal zu ziehen. Damit kappte sie den Schlauch, etwa sieben, acht Schritte vom Hahn entfernt.
    Sie griff das Ende und richtete den Strahl auf das Dach. Der Wasserdruck war jedoch derart groß, dass Evelyn Mühe hatte, den Schlauch zu halten.
    »Ich brauche Hilfe!«, schrie sie in der Hoffnung, dass man sie auf der anderen Seite des Hauses hörte. »Hilfe!«
    Ili und Ane kamen gleichzeitig angelaufen. Während Ane ihr half, den Schlauch zu halten, drehte Ili den Hahn wieder leicht zu, so dass der Wasserdruck an Kraft verlor, ohne die Löscharbeit zu beeinträchtigen.
    Zwei, drei Minuten dauerte es, dann war erkennbar, dass sich das Feuer nicht weiter ausbreitete. Und als meine der Himmel es gut mit ihnen, setzte Regen ein. Dicke Tropfen unterstützten sie und löschten die letzten Flammen. Auch der Brand in der Plantage brach unter dem Regenguss in sich zusammen.
    Evelyn ließ sich schwer atmend auf den durchnässten Boden fallen. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals eine solche Kraftanstrengung unternommen zu haben wie in den letzten Minuten, mit Ausnahme von Julias Geburt vielleicht. Innerhalb von Augenblicken

Weitere Kostenlose Bücher