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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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ausgegeben waren und der Raum sich geleert hatte, wandte er sich wieder Tuila zu.
    »Was soll das, Tristan?«, fragte sie besorgt. »Warum machst du das?«
    »Weil es meine Aufgabe ist. Gestern habe ich versucht, es dir zu erklären.«
    »Gestern ist plötzlich so weit weg, Tristan. Gestern war kein Krieg. Heute kommt er über das Wasser zu uns.«
    Er sah sie mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Trotz an. »Ich muss es tun.«

    »Was?«
    »Kämpfen.«
    »Gegen ein stählernes Ungeheuer kämpfen? Niemand darf das von dir verlangen.« Die letzten Worte klangen schon nicht mehr überzeugt.
    »Hier bist du nicht sicher«, sagte er leise. »Geh mit den anderen in die Wälder.«
    »Ich will nicht. Ich will hier bleiben.«
    Einer der Polizisten schrie Alarm, und als Tristan vorsichtig aus dem Fenster blickte, sah er vier Barken sich der Küste nähern. Der Dunst hatte sich vollständig verzogen. Es herrschte klare Sicht.
    »Feuer frei«, befahl Tristan, und sofort hallte der Morgen von Schüssen wider. Diesmal erwiderten die Neuseeländer das Feuer.
    Tristan benutzte den Fensterrahmen als Stütze für sein Gewehr. Die Waffen der fünf Polizisten, die nicht erschienen waren, lagen geladen bereit, und so konnte er beinahe fünf Minuten ohne Pause schießen.
    Tuila hockte nicht weit von ihm in einer Ecke und hielt sich die Ohren zu. Sie weinte. Aber als sie sah, dass Tristan ihre Hilfe brauchte, lud sie Patronen nach, so gut sie konnte. Nie zuvor hatte sie ein Gewehr in Händen gehalten. Sie hasste Waffen.
    Die Fita-Fita schlug sich wacker. Hinter Stämmen und Brettern verborgen, boten sie für die Neuseeländer ein schlechtes Ziel, während diese auf dem Wasser nahezu ungeschützt waren. Jedesmal, wenn sie versuchten, der Küste zu nahe zu kommen, splitterte das Holz ihrer Barken und einzelne Soldaten schrien auf. Schließlich stürzten sich einige von ihnen sogar ins Meer, um dem Kugelhagel zu entgehen. Bald ruderten die Boote zurück, außerhalb der Schussweite.
    Unter den Polizisten brach Jubel aus. Sie waren Nachfahren
von Jägern und Kriegern und hatten noch nie richtig von ihren Waffen Gebrauch machen können. Das Gefecht war für sie eine Reminiszenz an ihre Ahnen, ein rituelles Abenteuer.
    »Gut gemacht!«, rief Tristan aus dem Fenster. »Ich schwöre euch, ihr bekommt alle einen Orden.« Er wandte sich Tuila zu. »Und du auch.«
    »Orden«, sagte sie erregt. »Ein Stück glänzendes Metall. Vor Jahrhunderten, als ihr über das Meer zu uns gekommen seid, da habt ihr uns auch glitzernde Glasmurmeln gegeben, im Tausch gegen die Schätze unserer Wälder und Berge. Und heute gebt ihr uns noch immer solch dummes Zeug, diesmal im Tausch gegen unser Leben. Das Alberne daran ist, dass ihr mittlerweile selber auf den Tand hereinfallt. Geht es dir darum? Um einen Blechstern?«
    »Sei nicht bitter«, sagte er und strahlte über das ganze Gesicht. »Wir haben einen Sieg errungen.«
    Erneut begann sie zu weinen.
    »Nicht doch«, flüsterte er und nahm sie in den Arm. »Nicht weinen. Scht, mein Vögelchen, scht. Leg dich etwas hin. Ruh dich aus.«
    »Ich will nicht«, antwortete sie müde. »Ich will hier weg. Mit dir, Tristan. Warum gehen wir nicht einfach weg? Was geht uns das alles an? Sag mir das.«
    Er führte sie zu einer Pritsche im Nebenraum, und als er sie zudecken wollte, war ein Pfeifen zu hören und gleich darauf ein furchtbares Donnern.
    Sie liefen zum Fenster und sahen noch, wie eine gewaltige Fontäne unmittelbar neben dem Steg aufstieg und wieder in sich zusammenbrach.
    »Geschützfeuer!«, schrie Tristan. »Alles in Deckung!«
    Gleich darauf detonierte eine Granate am Strand und riss einen Krater vom Durchmesser eines Mannes in den Sand.

    »Lauf«, befahl er Tuila. »In den Wald, nun lauf schon.«
    »Nicht ohne dich.«
    »Wir haben keine Zeit für so etwas.« Er nahm Tuila an den Schultern und schob sie durch die Räume der Station zum Hinterausgang.
    »Geh, Vögelchen. Denk an unser Kind. Mir kann nichts passieren, solange ich in dir bin.«
    Die Erde erzitterte, und eine Feuersäule stieg in den Himmel, gefolgt von einem schwarzen Rauchpilz. Das Polizeiboot war getroffen.
    Tuila blickte ihn entsetzt an. »Es gibt so vieles, was wir noch nicht gemacht haben, Tristan. So vieles will ich dir noch zeigen. Die Schildkröten, wenn sie in der Nacht ihre Eier legen, den Gipfel des Toiawea, die Drachenblume, die nur ganz oben wächst …«
    »Das machen wir alles noch.«
    »Versprich es.«
    »Ich verspreche es. Jetzt

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