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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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Gouverneurs, diese Gertrude Schultz«, scherzte Evelyn, und auch Ili musste schmunzeln.
    »Dass es mir so gut geht, ist auch Ihr Verdienst«, erklärte Evelyn. »Abgesehen davon haben Sie selbst auch etwas zu feiern. Ich will nicht, dass Sie an einem solchen Abend allein in Ihr Feuer starren. Ich dachte, die Samoaner feiern, was das Zeug hält.«
    Ili lächelte. »Mit neunzig hören sie damit auf.«
    Evelyn wollte etwas sagen, doch Ili kam ihr zuvor.
    »Außerdem müsste ich über Nacht in Apia bleiben, denn nach Einbruch der Dunkelheit geht keine Fähre mehr. Sie können bei Ihrem Mann im Hotelzimmer schlafen, doch ich zweifle daran, dass er mich in der Bettritze liegen haben möchte. Mir wird das alles zu anstrengend, Evelyn. Lassen Sie uns hier feiern, im Papaya-Palast, irgendwann in den nächsten Tagen.«
    Evelyn hatte sich damit abgefunden, dass Ili nicht mitkommen wollte, aber über die Motive hatte sie ihre eigenen Vermutungen angestellt. Moanas Streit mit Ane, Moanas plötzlicher Sinneswandel, Anes Verschwinden – über das alles war Ili ihr eine genauere Erklärung schuldig geblieben.
    Auch jetzt noch, in der ausgelassenen Atmosphäre des Ananas, dachte sie darüber nach. Ili hatte sich zwar den ganzen Tag über Moanas Entscheidung gefreut, trotzdem war sie zwischendurch seltsam gedankenverloren gewesen, so als zögen Wolken über eine helle Landschaft. Natürlich
hatte Evelyn versucht, mehr aus ihr herauszubekommen, doch Ili war verschlossen geblieben und hatte ausweichend geantwortet. Trotz des Erfolges schien sie definitiv nicht zum Feiern aufgelegt zu sein.
    Jemand beugte sich von hinten über sie und küsste sie auf die Wange.
    »Da bin ich, Schatz«, sagte Carsten. »Tut mir Leid, ich bin zu spät. Das Essen hat sich hingezogen. Was trinkst du da?«
    »Etwas Alkoholfreies mit viel Kokos.«
    »Dann nehme ich das auch«, erwiderte er.
    Er trank sonst nie alkoholfreie Getränke, nicht umsonst war der Weinkeller in Frankfurt immer gut gefüllt gewesen. Dass er es heute doch tat, war ein Beweis dafür, wie ernst er neuerdings ihre Probleme nahm. Er sah den Dingen ins Auge, das war ein Anfang, ein vielversprechender Anfang.
    »Es gibt ein chinesisches Sprichwort«, sagte sie. »Auch ein Weg von tausend Meilen beginnt mit dem ersten Schritt. Ich hoffe, wir tun ihn heute Abend.«
    Carsten legte seine Hand auf ihre. »Ich bin froh, dass du das sagst. Du weißt gar nicht, wie froh.«
    Er sah sehr gut aus, in diesem schmeichelnden Licht noch besser als sonst. Offenbar hatte er sich nach dem Essen frisch rasiert, denn Wangen und Kinn waren nur von einem kaum sichtbaren blauen Schatten bedeckt, und der Geruch seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase. Sie war froh, sich für den Abend einigermaßen schick angezogen zu haben, da sie schon vermutete, dass er seinen Anzug anbehalten und nur die Krawatte ausziehen würde. Trotzdem kam sie mit ihrer feuerroten Seidenbluse über den weißen Jeans nicht gegen seine förmliche Eleganz an – das Kostüm, das sie beim Ray-Kettner-Abend getragen hatte, hatte sie längst weggeworfen.
    »Wie wäre es, wenn du dein Sakko auszögst«, schlug sie vor. »Und dann tanzen wir.«

    »Zu dieser Musik?«
    »Ich habe es vorhin versucht – es macht Spaß. Schau, jetzt tanzen gerade Männer und Frauen gemischt. Wir könnten uns doch einreihen. Und anschließend bestellen wir Champagner.«
    »Champagner«, wiederholte er.
    »Nun zieh nicht so ein Gesicht«, sagte sie. »Ich habe dir doch versprochen, dass ich zahle. Und ich werde mich auch nicht betrinken. Nur ein Glas, ein einziges.«
    Nach kurzem Staunen lachte er. »Du bist ja richtig guter Laune. Kaum zu glauben, was so ein paar Tage Urlaub ausmachen!«
    Sie stützte ihr Kinn auf die gefalteten Hände und sah ihn verträumt an. »Ja, ich glaube, dass Samoa einen Teil dazu beigetragen hat, dass ich mich besser fühle. Diese Welt ist so anders, Carsten. Hier in Apia merkt man es vielleicht nicht so deutlich, aber drüben auf Savaii, in den Dörfern und vor allem im Papaya-Palast und an der Palauli Bay, da sind viele Dinge, die uns Europäer sonst beschäftigen, plötzlich nicht mehr so wichtig. Natürlich kann man nicht ganz aus seiner Haut heraus – das ist vielleicht auch gut so –, alle Probleme werden jedoch auf ein normales Maß zurechtgerückt, und Kleidung, Möbel, Computer, Handys haben nur noch geringen Stellenwert. Da man nicht mehr das Bedürfnis hat, ständig nur zu kaufen, hat man auch nicht mehr das Bedürfnis,

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