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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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Fläche, gerade so viel, um dort ein Haus zu bauen. Die Insulaner sollten weiterhin freien Zugang zum Strand haben, Kokosnüsse pflücken dürfen, Palmwein zapfen, Blüten sammeln. Der ali’i , ein Mann mit selten dickem Bauch, saß wie ein Mogul auf seiner Matte und hörte ihm schweigend zu – jedenfalls hoffte Tristan, dass er gehört wurde, denn der Dorferste schien leicht von Opium benebelt zu sein, das er durch kokelnde, gedrehte Blätter einsog.
    Nachdem Tristan eine halbe Stunde ununterbrochen gesprochen hatte, sagte der Dicke einfach: »Ioe«, und zeigte fünfmal die fünf Finger seiner linken Hand, weil er die rechte Hand zum Rauchen brauchte. Ioe hieß ja, und die Finger bedeuteten fünf mal fünfzig Taler.
    Tristan staunte. »Das ist viel Geld für ein kleines Stück Land.«
    Der ali’i erläuterte ihm in einem Kauderwelsch aus Samoanisch, Deutsch und Englisch, dass er das Land nur hergebe, wenn Tristan auch Teile des ungenutzten Inselinneren dazukaufte, und zwar jenen Teil, der Palauli gehörte, rund ein Fünftel des Inselsüdens.
    »Aber das brauche ich doch überhaupt nicht.«
    Der ali’i gähnte.
    Tristan verstand. Entweder alles oder gar nichts.
    »Morgen bringe ich dir das Geld«, sagte er.
    Er fuhr nach Apia und lieh sich dort neuntausend Taler von der Bank, bis das Geld von Deutschland nach Samoa transferiert worden war. Zwei Drittel der Summe waren für die Arbeiter und die Materialkosten gedacht. Der Geldbetrag
bereitete ihm kein Kopfzerbrechen, denn er besaß ein Vielfaches davon, doch er bedauerte ein wenig, dass die zweitausendfünfhundert Taler für Palauli höchstwahrscheinlich und buchstäblich in Rauch aufgehen würden, weil der ali’i sie für Opium verschwendete, dem mittlerweile fast alle Männer Palaulis verfallen waren. Dabei könnte das Dorf etwas Besseres mit dem Geld anfangen, zum Beispiel weitere Plantagen anlegen, Mangos oder Papayas, die in Australien gefragt waren und gut bezahlt wurden. Er wusste jedoch, dass Export die Samoaner nicht interessierte und dass man sich als papalagi besser nicht in die inneren Angelegenheiten der Dörfer einmischte. Die fa’a samoa , die samoanische Lebensart, zu der auch die Autorität der Familien- und Dorfoberhäupter gehörte, konnte nur von den Samoanern selbst geändert werden. Fremde mussten hier schweigen.
    Natürlich sprach sich Tristans Vorhaben schnell herum, schon deshalb, weil er fünfzig Arbeitskräfte anstellte. Ein samoanisches fale konnten drei Männer in einer Woche bauen, ein typisch deutsches Siedlerhaus war bei der doppelten Anzahl von Männern in drei Wochen fertig, und selbst die schicken Kolonialbauten der Kaufleute in Apia konnten in nur sechs Wochen gebaut werden, wenn zwanzig Arbeitskräfte geholt wurden. In der Inselhauptstadt wunderte man sich deswegen ein wenig, betrachtete das Bauvorhaben jedoch wohlwollend. Es war nur natürlich, dass der künftige Schwiegersohn des reichen Südseekaufmanns Hanssen – noch dazu ein von Arnsberg – stilvoll und großzügig wohnen wollte, wenn er erst verheiratet war. Der alte Hanssen war beglückt, und auch Clara freute sich, dass Tristan sich offenbar an die Planung ihres gemeinsamen Eheglücks machte, wenngleich sie nicht verstand, warum er unbedingt auf Savaii bauen wollte, noch dazu derart abgelegen im Süden.

    »Ich würde ja lieber in Apia wohnen«, gestand sie der Gouverneursgattin.
    Doch Frau Schultz tätschelte der jungen Frau beruhigend die Hand. »Das Haus ist fürs Wochenende, meine Liebe.«
    »Meinen Sie?«
    »Aber ja, was sonst? Er baut Ihnen ein Landhaus für die Tage, wo Sie nur unter sich bleiben wollen. Vermutlich schenkt er es Ihnen zur Hochzeit, warum sonst würde er so geheimnisvoll tun. Oder es ist ein Geschenk seiner Eltern. In jedem Fall entzückend.«
    Damit waren alle Sorgen beseitigt, und Clara stellte ihrem Verlobten diesbezüglich keine Fragen.
    Tristan beantragte bei Oberst Rassnitz einen vierwöchigen Urlaub und erhielt ihn, damit er sich voll und ganz dem Bau und den Hochzeitsvorbereitungen widmen konnte. Um Letzteres kümmerte Tristan sich überhaupt nicht – die Hanssens und die Gouverneursgattin dafür umso mehr –, in seinem Hausbau jedoch ging Tristan völlig auf. Er wies von morgens bis abends die Arbeiter an, wie sie was wo wann und wie schnell bauen sollten. Da er nur einige Samoaner anstellen konnte, weil aus der Gegend nicht so viele von ihnen Arbeit brauchten, beschäftigte er auch Einwanderer verschiedener Nationen, vor

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