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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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nicht«, erklärte er. »Und was Ihr Vater will, schon gar nicht. Es ist mein Leben, und das will ich vorerst hier verbringen.«
    Claras Mund bekam einen harten Ausdruck. »In diesem Dschungel, dieser Wildnis? Hier hört man ja sogar die Trommeln des nächsten Dorfes. Das kann nicht Ihr Ernst sein, Tristan!«
    Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, sie jetzt vor den Kopf zu stoßen. Clara bot so viel Angriffsfläche, und er hatte seit ihrer Intrige und Tuilas Abschied von ihm seine Wut an ihr ausgelassen. Doch davon war nun nichts mehr übrig. Clara war ihm egal. Sie würde nie mit ihm ins Meer hinausschwimmen, damit sie sich dort küssten, nie unter ihm im
Sand der Bucht liegen, nie einen Vogel hören, der phantomgleich durch die Nacht fliegt. Sie behauptete, dass sie ihn liebe, aber das konnte nicht sein, denn sie teilte keine seiner Stimmungen und Vorlieben; sie sah nicht, was er sah, und spürte nicht, was er spürte. Palmwipfel, Bergkuppen und Riesentulpen, der Wind, die Brandung und der Geruch des Meeres waren für sie nur Kulissen jenes Theaters, das sie und ihresgleichen sich gegenseitig vorspielten, an jedem Tag zu jeder Stunde. Sie mochte sich vielleicht in seinen Körper oder sein Gesicht verliebt haben oder in seinen zukünftigen Grafentitel und das Schloss, das sie nie gesehen hatte, aber im Geiste wohl schon längst bewohnte. Das jedoch, was Tristan ausmachte, die Sehnsucht nach einem ungezwungenen Leben ohne Verstellung und Theater, die Liebe für die einfachen, meist kostenlosen Dinge, war ihr fremd und widerlich, so wie umgekehrt ihre Welt ihm widerlich war.
    Eine solche Ehe wäre die Hölle geworden, für sie beide. Der Bau dieses Hauses und die Träume, die bereits durch dessen Räume und Gänge spazierten, hatten ihm die Augen geöffnet.
    Tristan sah Clara auf eine Art an, die alle seine Gefühle für sie ausdrückte, den Widerwillen gegen sie als Mensch, die Gleichgültigkeit gegen sie als Frau.
    »Sie wissen es noch nicht«, sagte er, »aber eines Tages werden Sie dankbar sein, dass ich Sie nicht geheiratet habe.«
    Ihre Augen weiteten sich, und sie zischte zwischen den Zähnen hervor: »Sie wagen es, die Verlobung zu lösen?«
    »Es geht nicht anders, Clara. Sehen Sie das nicht selbst?«
    »Wenn Sie mich nicht heiraten, wird man schlecht über Sie reden. Sie werden bestimmt nicht befördert, und man wird Ihnen das Leben schwer machen.«
    Als er den Hammer nahm und einfach mit seiner Arbeit an der Veranda weitermachte, schrie sie: »Und denken Sie
nur an Ihre Mutter und Ihren Vater, wie sehr sie sich grämen werden wegen Ihres Verhaltens! Ich werde Ihren Eltern einen Brief schreiben! Schlecht machen werde ich Sie, jawohl, und mein Vater auch!«
    Sie keifte derart laut, dass die Arbeiter auf dem Dach zu schmunzeln anfingen. Einer von ihnen machte irgendeine Bemerkung auf Samoanisch, und alle fingen an, lauthals zu lachen.
    Clara warf einen entrüsteten Blick hinauf, doch der stachelte die Samoaner nur zu weiteren Scherzen an, so dass das Gelächter nicht enden wollte. Tränen der Wut und Demütigung traten in Claras Augen, und als Tristan das sah, bekam er Mitleid und wollte ihr helfen. »Kommen Sie«, sagte er, »ich bringe Sie zu Ihrer Kutsche.«
    »Fassen Sie mich nicht an!«, schrie sie, wobei ihre Stimme sich beinahe überschlug. Und unter einem weiteren Schub Gelächter vom Dach eilte sie, so schnell sie konnte, zurück zur Kutsche.
     
    Natürlich sprach sich das Zerwürfnis zwischen Tristan und Clara Hanssen noch am selben Tag im nahen Palauli herum, als die Arbeiter abends ins Versammlungshaus kamen, kava und Palmwein tranken und dabei gehörig schwatzten. Als Tupu davon hörte, war er begeistert. Er hatte beinahe schon aufgehört, daran zu glauben, dass sein schöner Plan aufgehen würde, aber jetzt bot sich endlich die Gelegenheit, ihn zu verwirklichen. Die papalagi -Frau war abgeschlagen, der Weg für Tuila war wieder frei. Keine Frage, seine Schwester liebte diesen Tristan, und er liebte sie. Nun musste er nur noch dazu gebracht werden, sie auch zu heiraten, und dafür hatte Tupu vor einigen Tagen ein neues, sehr gutes Argument bekommen. Die Götter und Geister waren ihm gewogen.
    Er trug Ivana auf, was sie zu tun hatte.

     
    Seit er angefangen hatte, das Haus zu bauen, hatte Tristan vergeblich gehofft, einem der Valaisis zu begegnen, und nun, wo der letzte Hammerschlag getan war und nur noch die Menschen und Möbel fehlten, sah er Ivana in die Bucht laufen. Sie trug wie üblich ihr

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