Der Duft der Mondblume
Kenntnisse über die Wellen, die Gezeiten, die Dünung und das Wettermuster der Inseln anzueignen.
Seine kostbarste Gewissheit aber bestand darin, dass er ein Lebenskünstler geworden war – es gelang ihm, sein Leben mit dem zu bestreiten, was ihn am meisten inspirierte und berührte: das Surfen.
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11
C atherine und Lester schlenderten die Kalakaua Avenue entlang und genossen die Morgenluft. Eingehakt bei Catherine stützte sich Lester mit der anderen Hand leicht auf seinen Stock. Mit der frischen Hibiskusblüte am Strohhut, der Sonnenbrille und einem offenen Hawaiihemd über seinem Lieblings-T-Shirt sah er ziemlich flott aus.
»Lass uns in den Hof vom Moana-Hotel gehen, unter den Banyanbaum«, schlug Catherine vor. »In meiner ersten Zeit auf Hawaii war das Bradleys und mein Lieblingsplatz.«
»Als ihr euch ineinander verliebt habt. Es ist ein romantisches Plätzchen, ich hab mir dort auch schon den einen oder anderen Kuss geraubt«, lächelte er.
»Du Schuft«, lachte Catherine. »Nie erzählst du etwas über deine Liebschaften, Lester.« Es war ein Thema, das der alte Mann vermied, und auch jetzt wich er ihr aus.
»Ach, das war immer nur für Pressefotos und Werbezwecke. Die haben irgendein hübsches Mädchen vom Strand weggezerrt, damit sie neben mir und einem Surfbrett lächelt«, meinte er nur.
Er setzte sich so hin, dass er den Strand im Blick hatte, und bestellte einen Saft. »Ich hatte meine Koffeinspritze heute schon.« Und dann wollte er über Kauai sprechen, er hatte schöne Erinnerungen an das Surfen am Nordstrand und kannte auch Beatrice’ Haus, obwohl es damals noch das Heim des Plantagenverwalters gewesen war.
»Ich glaube nicht, dass ich je ein Fleckchen gesehen habe, das schöner war als Kauai«, sagte er. »Sie haben es doch hoffentlich nicht so kaputt gemacht wie diese Insel?«
»Nein, gar nicht. Obwohl mir Eleanor erzählt hat, dass es Pläne für weitläufige neue Ferienanlagen gibt. Aber Hochhäuser und große städtische Wohnprojekte wie hier in Honolulu sieht man dort glücklicherweise nicht.«
»Wahrscheinlich leben nicht genug Leute auf Kauai«, meinte Lester, dann winkte er plötzlich: »He!«
Catherine, die gerade einen Schluck Cappuccino trank, drehte sich um und sah PJ in Badehose mit einem Brett in der Hand über den Sand schlendern. Eine Frau im Sarong ging an seiner Seite.
»He, PJ !«, rief Lester laut, und PJ fuhr herum, grinste und winkte ebenfalls.
Er wechselte ein paar Worte mit der Frau. Sie lächelte und ging weiter, während er sein Brett im Hof des Moana an einen Schraubenbaum lehnte und dann zu ihnen kam.
Lester stand auf, trat ihm entgegen und schüttelte ihm die Hand. »Schön, dich zu sehen, Freund. Was tust du hier?«
»Touristen das Surfen beibringen.« Er blickte zu Catherine, die sitzen geblieben war, und hob die Hand. »Hallo, Catherine. Schön, dich zu sehen.«
Sie versuchte, ganz ruhig zu wirken, obwohl ihr Inneres in hellem Aufruhr war. »Hi, PJ . Was bringt dich nach Oahu?«
»Die Arbeit. Um diese Jahreszeit sehe ich zu, dass ich genug Geld verdiene, um damit den Rest des Jahres über die Runden zu kommen.« Er lächelte sie entwaffnend an. »Wie sind die Fotos geworden?«
»Wirklich gut, danke.«
»Was hast du denn mit dem Kurzen vor?« Lester ging zu dem Shortboard.
»Ich gebe nicht nur Surfunterricht und fahr mit Touristen im Auslegerboot und im Kajak raus, sondern versuche mich auch ein bisschen als Designer.«
»Hmmh. Indem du die Longboards kürzt?« Lester schien neugierig.
»Ja. Ich hab auch etliche Guns gemacht, probier ein paar neue Ideen aus. Wie viele von den guten Designern hier – Diffenderfer, Curren, Downing, Ben Apia.«
»Prima Surfer, die wirklich gute Surfbretter entworfen haben. Guns sind Boards für die hohen Wellen«, erklärte Lester Catherine. »Wer testet sie für dich?«
»Ich hab einen aus dem Bronzed Aussie Team, aber ich reite sie natürlich auch selbst. Diese Australier mischen die Szene hier ganz schön auf. Sollen groß im Kommen sein.«
»Hab ich auch gehört. Und wo machst du deine Boards?«
Während die beiden Surfer fachsimpelten, schwieg Catherine. Lester fuhr mit der Hand über die stumpfe Nase des Bretts und wirkte ungemein interessiert an allem, was PJ sagte.
»Dort hinten«, PJ machte eine ruckartige Kopfbewegung, »in einem Schuppen zwischen Lewers und Seaside. Komm doch mal vorbei und schau sie dir an. Ich wüsste gern, was du davon hältst. Deine Entwürfe waren für damals ja
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