Der Duft der Mondblume
steht’s?«
Catherine zuckte die Schultern. »Schlimm. Ich habe Bradley gesagt, dass ich ihn verlasse. Er hatte keinen Schimmer, wie es mir geht. Wahrscheinlich hätte ich schon früher etwas sagen sollen. Aber er begreift nicht, dass mir dieses Leben die Luft zum Atmen nimmt … und das wird nicht besser, wenn ich bei ihm bleibe und die Marinegattin spiele.«
»Mhm. Was hast du vor?«
»Ich bin mir nicht sicher. Erst einmal will ich versuchen, mit ihm zu reden. Er ist nicht gerade verständnisvoll. Das ist ja auch kein Wunder. Ich habe ihm gesagt, dass ich vorerst bei Kiann’e schlafe …«
PJ nickte. »Gute Idee. Mach, was du für richtig hältst. Tu, was du willst, Catherine.« Er ließ die Hände über das Brett gleiten, an dem er arbeitete.
Tu, was du willst. Wollte sie das? Im Grunde ging es genau darum – um ihre Freiheit.
»Es wurden ständig Erwartungen an mich gestellt. Dass ich heirate. Dass ich Ehefrau von jemandem bin. In London habe ich ein paar Monate mit Freundinnen verbracht und dann Bradley kennengelernt. Aber seit ich hier bin und euch alle kenne, mich austauschen kann, neue Sachen ausprobiere, ist mir klargeworden, wie behütet mein Leben war.«
»Du musst nicht tun, was andere Leute sagen. Du kannst deinen Weg finden, ohne dass du dich an andere anlehnst oder von ihnen führen lässt«, meinte PJ. »Du merkst es schon, wenn du deinen Platz in der Welt gefunden hast. Auf deinen eigenen Beinen stehst … nur darum geht es doch, oder?«
»Ja. Das denke ich auch. Aber es macht mir Angst.«
Er lächelte sie an. »Du bist stärker, als du glaubst. Und du hast was Besseres verdient. Ich will dir nichts einreden, ich sage nur, wie’s ist. Aber falls du hierbleibst – ich bin für dich da.«
»Danke. Ich bin wohl ein bisschen aus der Übung damit, eigene Entscheidungen zu treffen. Aber ich hab durchaus Lust, jetzt damit anzufangen.«
Anschließend fuhr sie zu Lester.
»Wie komme ich zu der Ehre eines Nachmittagsbesuchs? Ich habe gerade ein Nickerchen gemacht. Wie wär’s mit einem Orangensaft?«
»Ich schlage vor, dass wir zum Nachmittagstee ausgehen, Lester. Tee und Kuchen oder Sandwiches im Moana.«
Er strahlte. »Aber gerne. Du bist ein guter Kamerad, Catherine.«
Catherine fiel ihm um den Hals. »Ich plaudere so gern mit dir, Lester. Weißt du was, wir kommen ins Geschäft: Du erzählst mir Geschichten aus den alten Zeiten in Waikiki, und ich lade dich ein.«
»Abgemacht, Schätzchen.«
Fasziniert lauschte sie seinen Erzählungen von den Strandburschen von Waikiki, den ersten Beach Boys, von den Anfängen des Tourismus, der wachsenden Beliebtheit des Surfens und den Originalen, die es auf die Inseln verschlagen hatte. Es gab nur einen peinlichen Augenblick, als er fragte, ob ihr Mann schon zurück sei. Catherine antwortete: »Bradley ist gerade gekommen. Aber er fährt in ein paar Tagen zurück nach Washington – er kriegt eine Stelle in der Verwaltung im Pentagon.«
Lester machte ein bedrücktes Gesicht. »Dann bist du bald weg.« Er schüttelte den Kopf. »Verwaltung. Auf dem Festland. Das wäre nichts für mich.«
»Für mich auch nicht«, sagte Catherine. »Ich möchte nicht weg von Hawaii.«
Lester ließ den Blick über den Strand schweifen und meinte nachdenklich: »Manches entwickelt sich schleichend. Und ehe man sichs versieht, hat man eine Entscheidung getroffen, die das ganze restliche Leben bestimmt. Da muss man schon sicher sein, was man will. Andererseits weiß man das oft nicht so genau.«
Catherine lächelte gezwungen. »Das ist nicht gerade hilfreich, Lester.«
»Du fragst mich? Um meinen Rat?« Er schüttelte energisch den Kopf. »Tu’s nicht. Dafür habe ich zu viele verdammte Fehler gemacht.«
Als Catherine am Spätnachmittag bei Kiann’e ankam, fühlte sie sich wesentlich besser. Die Freundin hielt bereits nach ihr Ausschau und lief ihr entgegen, als Catherine den Wagen abstellte. Sie schloss sie in die Arme.
»Hi. Komm rein. Das ist dein Gepäck? Sieht aus, als wärst du nicht nur für eine Nacht ausgezogen. Ein Glück, dass ich heute Abend keinen Auftritt habe, und Willi macht Überstunden. Wir können machen, was wir wollen.«
Gemeinsam trugen sie Catherines Koffer ins Haus. »Hast du das Gefühl, tun zu können, was du willst? Ich meine, wie trefft ihr eure Entscheidungen?«, fragte Catherine.
Kiann’e lachte. »Er ist so unkompliziert. Ich mische mich in seine Arbeit nicht ein … er ist Wirtschaftsingenieur, das ist nicht
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