Der Duft der Mondblume
und lebt schon lange hier. Von ihm habe ich Surfen gelernt, und er gefiel mir schon seit langem. Wie sehr, ist mir erst klar geworden, als Bradley nicht mehr da war. Da sind wir dann sozusagen zusammengekommen.«
Beatrice’ Blick sprach Bände, aber sie sagte nur: »Genießen Sie Ihre Freiheit. Das ist es, was Sie eigentlich wollen. Tauschen Sie nicht eine Bindung, in der Sie sich eingeschränkt gefühlt haben, gegen die nächste ein. Sie haben es in der Hand.«
»Das lerne ich gerade erst«, sagte Catherine. »Für mich ist das eine ganz neue Erfahrung. Nie wäre es mir in den Sinn gekommen, dass man Dinge auch völlig anders angehen kann. Selbständiges Denken war mir fremd. Früher hat mein Dad sich um alle praktischen Fragen gekümmert, dann war ich unversehens verheiratet, und Bradley hat entschieden, wie unser Leben aussieht.«
Beatrice nickte. »Eine alte Geschichte. Zum Glück kann Kiann’e auf eine Ahnenreihe von starken Frauen zurückblicken. Was ich damit nur sagen will, Catherine: Machen Sie etwas aus Ihren Möglichkeiten.«
Wie immer war bei Beatrice eine Menge los. Menschen kamen und gingen, schmiedeten Pläne für Lobbyarbeit und planten Treffen mit Gruppen und Leuten, die nach Beatrice’ Ansicht ihrer Sache förderlich sein konnten. Einmal hörte Catherine, wie das Palm Grove erwähnt wurde; offenbar ging es um die Zukunft des Heiau und der ausgegrabenen heiligen Steine. Wieder warnte Beatrice vor negativen himmlischen oder politischen Folgen, falls der Hotelneubau die heilige Stätte zerstören sollte. Catherine mischte sich nicht ein, dachte aber besorgt an Eleanor. Die Eigentümerin des Palm Grove hatte hier wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Der geschäftige und anregende Tag bei Beatrice hatte sie von PJ s Abreise abgelenkt, so dass sie bei ihrer Rückkehr ins Joss House glaubte, gut allein klarzukommen. Doch kaum betrat sie das Haus, das sie und PJ gemeinsam bewohnt hatten, wurde ihr seine Abwesenheit schmerzlich bewusst. Sie schaute auf das zerwühlte Bett, in dem sie sich geliebt hatten. Sie nahm die von ihm benutzte Kaffeetasse, goss den kalten Satz aus und presste ihre Lippen an die Stelle, die sein Mund berührt hatte. Im Bad hob sie sein noch immer feuchtes Handtuch auf und hielt es sich an die Wange, vergrub ihr Gesicht darin und sog seinen Geruch ein.
Je mehr Tage ins Land gingen, desto weniger ertrug Catherine die Einsamkeit. Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Körpers nach PJ und hasste das Alleinsein. Auch wenn er nicht immer da gewesen war und sie nicht genau gewusst hatte, was er gerade tat, konnte sie doch stets sicher sein, dass er irgendwann, bei Tag oder Nacht, wieder auftauchen und sie in die Arme schließen würde.
Ohne seinen Körper in Reichweite wälzte sie sich schlaflos hin und her. Sie vermisste es, nachts in seinen Armen zu liegen, den intensiven Hautkontakt. Sein Körper war ihr so vertraut geworden, dass sie sein Bild aus einer sanften Brise, ein paar Sandkörnern heraufbeschwören konnte – ihre Zunge schmeckte dann wieder das Salz auf seiner Haut, sie hatte den Zitrusduft seines Haares in der Nase. Sie fühlte seine sonnendurchwärmte Haut und seinen muskulösen Fuß, der sich an ihren schmiegte. Doch wenn sie aus ihrem unruhigen Halbschlaf erwachte, war das Bett kalt und leer.
Der Lei, den die Frau ihr am Flughafen geschenkt hatte, war auf dem Nachttisch verwelkt. Sie erinnerte sich, dass sie ihn noch am gleichen Tag hätte ins Meer werfen sollen, damit ihre Liebe wiederkehrte, und wünschte, sie hätte es getan. Denn nun schien es ihr ein schlechtes Omen zu sein, dass sie es versäumt hatte. Sie konnte nur hoffen, dass die Dreharbeiten nicht lange dauerten und sie PJ bald wieder in die Arme schließen konnte.
In den nächsten Wochen verkaufte sie fast alle von Mirandas Bildern, die Galerie wirkte nun beinahe kahl. Doch als sie Molo fragte, ob es irgendwo noch einen Vorrat gäbe, schüttelte er den Kopf.
»Nein, so arbeitet sie. Sie fährt weg, kommt zurück und malt wie eine Besessene, verkauft die Sachen und fährt wieder fort. Mach dir keinen Kopf, Catherine. Schließ einfach die Galerie. Und bleib oben wohnen. Du bist eine prima Verkäuferin.«
»Ihre Bilder verkaufen sich von allein«, erwiderte sie. »Es hängt nur davon ab, wie viele Leute hereinkommen.«
Noch immer hatte sie nichts von PJ gehört. Als Eleanor anrief und ihr sagte, dass man ihr Post aus Oahu nachgeschickt hatte, hoffte Catherine, dass auch ein Brief von PJ dabei
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