Der Duft der Mondblume
diesem Teil von PJ s Welt keinen Zutritt hatte. Er würde sie zu diesem Abenteuer nicht mitnehmen, das war nur etwas für Profi-Surfer.
Das Thema kam nicht mehr zur Sprache, aber plötzlich zog ein ganzes Dutzend Surfer im
Nirvana
ein.
»Das Meer baut sich auf. Große Wellen im Kommen. Bring deinen Fotoapparat mit. Damien wollte doch, dass du ihn und seine australischen Kumpel fotografierst«, sagte PJ . »In ein paar Wochen geht sein Team dann nach Weimea und Oahu, zum Sunset und zur Pipeline.«
Noch vor Sonnenaufgang war Catherine am Strand und verbrachte Stunden damit, ihr Objektiv auf die winzigen Gestalten auszurichten, die auf den riesigen Wellen surften und oft in der weißen Gischt des Wellenkamms verschwanden, bevor die Woge sich überschlug. Diesen Moment einzufangen, wenn das Wasser wie entfesselt, aber zugleich wunderschön durchscheinend anstieg, war ein bisschen wie der Griff nach dem Regenbogen. Catherines Aufmerksamkeit galt dabei sowohl den Surfern wie auch dem flüchtigen, sich ständig wandelnden Wellenspiel. Da sie inzwischen über ein bisschen Surferfahrung verfügte, versuchte sie sich vorzustellen, was für ein Gefühl es war, wenn man dort draußen von dem explodierenden Wasser hochgehoben, mitgenommen und in sein Innerstes gezogen wurde, wenn sinnliche Freude sich mischte mit Angst und Ehrfurcht und der Gewissheit, »im Auge Gottes zu sein«, wie ein Surfer ihr das einmal beschrieben hatte.
Catherine übernahm es, zum nächsten Imbiss an der Küstenstraße zu fahren und kistenweise Sandwiches, Obst, Getränke, Kuchen und Süßigkeiten zu besorgen und den hungrigen Surfern an den Strand zu bringen. Die ließen sich in den Sand plumpsen, aßen, sprachen über ihren Ritt und darüber, wo sie es als Nächstes probieren wollten. Anschließend gingen sie wieder ins Wasser oder fuhren woanders hin, um dort die Wellen und die Brandung zu erkunden. Catherine wurden ihre Auslagen stets erstattet, und die Jungs waren ganz versessen darauf zu sehen, was sie im Bild eingefangen hatte, insbesondere nach einem sensationellen Ritt.
Catherine lernte, wie launisch Wellen waren; neben den verlässlichen an Riffen und den Sandbankbrechern gab es auch die hell leuchtenden, kathedralenähnlich schillernden Unterwassertubes, wo die Surfer minutenlang in einem grünen Tunnel verschwanden. Trotz ihrer Gefährlichkeit wirkten sie ungeheuer anziehend auf sie.
Tage wie diese gingen fließend ineinander über, Zeit war keine feste Größe. Unvermittelt setzte der Sonnenuntergang ein. Die Wellen wurden flacher, die letzten Nachzügler kamen herein, doch PJ war immer noch draußen, auf der Suche nach einer letzten Welle. Inzwischen hatten sie die Farbe von flüssigem Gold, und er und sein Board bildeten einen dunklen Schattenriss vor dem glänzenden Wasser, bis ihn die letzte Welle endlich zu ihr trug. Sie ging ihm mit seinem Handtuch entgegen.
»War fast schon zu dunkel zum Fotografieren. Aber du hattest noch einen guten Ritt in der Dämmerung«, meinte sie. »Warst ganz schön weit draußen.«
»Ein magisches Erlebnis. Sogar dort draußen riecht man noch die Blumen, der Wind trägt die Vogelrufe heran, und von irgendwoher kam Motordröhnen. Vielleicht ein Traktor.« Er küsste sie. »Und ich hab mir eingebildet, ich würde dein Parfum riechen und dein Haar.«
In dieser Nacht liebte er sie mit einer Zärtlichkeit, die ihr Tränen in die Augen trieb. Doch trotz seiner behutsamen Berührungen wurde sie von den stärksten Empfindungen mitgerissen, die sie je erlebt hatte. Ihr Körper explodierte schier unter den Wellen der Lust, die sacht heranrollten, sich zu großen Wogen aufbauten, sie ekstatisch erbeben ließen und nur ein bisschen abflachten, ehe die nächste sie noch gewaltiger durchflutete. Sie ertrank in seinen Armen, die sie umschlangen, als er in den Schlaf glitt.
Im fahlen Licht, das durchs Fenster fiel, betrachtete sie PJ , der tief und langsam atmete. Sie hatte nicht gefragt, wann er zu seiner Surfsafari aufbrechen würde. Für Leute wie PJ war das Surfen eine Herzensangelegenheit, sie surften nicht wegen des Geldes, und auch die Anerkennung war ihnen ziemlich egal. Sie befriedigten damit ein Grundbedürfnis – das Surfen war eine Droge, und sie waren süchtig.
Seine Abreise kam ganz plötzlich. Stewart, der Filmemacher, entschied, dass es Zeit zum Aufbruch war. Ehe sie recht wusste, wie ihr geschah, fuhr Catherine PJ , Damien und Leif in Mirandas Wagen zum Flugplatz; ihre Taschen und Boards hatten
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