Der Duft der Mondblume
dem Imu. Wir machen demnächst einen Luau. Bringen Sie Ihren Mann mit.«
»Oh, toll. Danke.«
»Es braucht keinen besonderen Anlass dafür. Wir laden einfach ein paar Leute ein, besorgen ein Schwein, braten es den ganzen Tag, eine Ziege geht auch, und abends essen und singen und tanzen wir. Singen Sie, spielen Sie Ukulele, tanzen Sie Hula?«
»O nein. Aber ich schau sehr gern zu, wenn Kiann’e tanzt.«
»Jeder kann Hula tanzen lernen. Wir bringen es schon den Babys bei. Auch den kleinen Jungs. Zeigst du Catherine, wie du tanzen kannst, Otis?«
Der kleine Junge nickte ernst. »Und die Mele, Lani?«
»Aber sicher doch. Wissen Sie schon etwas darüber, Catherine? Das sind die wichtigen Dinge, die man lernen muss: Oli, die alten Gesänge; Mele, die Lieder; Mo’oleho, das Geschichtenerzählen; und Hula, der Tanz. So geben wir unsere Kultur seit uralten Zeiten weiter.«
»Die Aborigines bei uns zu Hause machen es ähnlich. Ich freu mich schon darauf, es hier zu erleben. Das ist bestimmt etwas ganz anderes als die Shows für die Touristen.«
»Das Wesentliche ist auch dort dabei. Kiann’e tanzt ein paar der alten Hulas, aber die Touristen wollen natürlich das Hapa-haole-Zeug hören, das sie von Filmen und Schallplatten her kennen. Macht nichts, denn viele der alten Lieder und Tänze sind heilig, manche, die überliefert wurden, sogar geheim.«
»War der Hula immer nur zur Unterhaltung gedacht? Was sind seine Wurzeln?«, fragte Catherine, der klarzuwerden begann, dass hinter den Tänzen mehr steckte als nur sich wiegende dunkelhäutige Mädchen in Baströckchen, wie man sie in alten Filmen und auf Postkarten sah.
»Die Anfänge sind in den Nebeln der Vergangenheit versunken … vielleicht war er einmal eine Form der Verehrung für die Götter, oder man hat damit den Ali’i gehuldigt. Er könnte durchaus einen spirituellen Hintergrund haben. Doch schon immer wurden damit Besucher begrüßt und besondere Gelegenheiten gefeiert. Früher wurde er allerdings auf sehr strenge Weise gelehrt und war kapu, ein Tabu.«
»Ich habe gehört, dass die Missionare den Hula verboten haben?«, sagte Catherine.
Lani kicherte, während sie einige Hibiskussträucher umrundeten. »Sie fanden ihn zu sinnlich, ja anstößig. Also haben sie den Hula verboten und die Frauen in lange Kleider gesteckt.« Sie hob den Saum ihres knöchellangen Baumwoll-Muumuus. »Diese Sitte hat überdauert. Das bequemste Kleid, das je erfunden wurde.«
Mittlerweile hatten sich bereits mehrere Männer vor dem Grill eingefunden und brieten Hamburger. Kiann’e und die großen Mädchen deckten unter der grasgedeckten Pergola den Tisch, eine andere Frau kam mit einer großen Schüssel aus der Küche.
»Himmel, das ist ja eine richtige Party!«, rief Catherine aus.
»Nein, nein, es sind nur ein paar Freunde vorbeigekommen. Arnold Lapoka und Bill Opooku helfen mir, das Dach zu richten. Und das ist Bills Frau, sie geht mir bei den Keikis zur Hand. Ich weiß nie genau, wie viele Esser sich einfinden oder wie viele Betten ich für die Nacht richten muss«, kicherte Lani und stellte Catherine der freundlichen, ungezwungenen Gruppe vor.
Nun wurden Salate angemacht, in Bananenblätter eingewickelte und gebackene Süßkartoffeln aufgetischt, und Bill köpfte geübt ein paar grüne Kokosnüsse, die mit Strohhalmen versehen und herumgereicht wurden.
»Hawaiianischer Milchshake«, sagte Kiann’e. »Wenn du ausgetrunken hast, musst du das weiche Fruchtfleisch rauslöffeln – einfach köstlich.«
Es war ein zwangloses Essen mit viel Geplauder und Lachen, bei dem die Schüsseln oft hin und her gereicht wurden. Kinder kletterten den Erwachsenen auf den Schoß, wurden geherzt und geküsst und geneckt und dann mit kleinen Aufgaben betraut: Sie mussten beim Abräumen und Spülen helfen. Die Männer lehnten sich auf ihren Stühlen zurück, Arnold zog eine Mundharmonika aus der Tasche, und Otis lief ins Haus, um Bills Ukulele zu holen. Und plötzlich sangen alle.
Zwar verstand Catherine den Text der hawaiianischen Lieder nicht, aber ihre Fröhlichkeit war ansteckend. Irgendwann stellte jemand die Kinder nebeneinander auf, wobei die großen Mädchen an den beiden Enden der Reihe standen, und nun sangen sie ein altes Fischerlied. Tanzend ahmten sie nach, wie sie mit dem Kanu hinauspaddelten, die Netze auswarfen und voll mit Humuhumunukunukuapuaa wieder einholten.
»Es ist ein kurzer Fisch, aber mit ganz langem Namen«, erklärte ihr Otis.
Später gingen Frauen und
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