Der Duft der Mondblume
Catherine war Vince’ Angebot eine Einladung, mehr von der hawaiianischen Inselwelt zu entdecken.
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7
N ach ihrem Besuch auf Heatherbrae versuchte Catherine im Flugzeug zu schlafen. Gemischte Gefühle begleiteten sie auf dem langen Rückflug nach Hawaii. Durchs Fenster sah sie auf dichte Wolken, unter denen sie den Pazifik wusste, der sich zwischen Australien und den winzigen Punkten der hawaiianischen Inseln erstreckte. Sie fühlte, wie die Fäden, die sie an ihre Heimat banden, sich langsam dehnten. Irgendwann, dachte sie, würde wohl der Punkt kommen, an dem sie Australien hinter sich lassen und sich den Inseln in die Arme fallen lassen konnte.
In diesem Schwebezustand schweiften ihre Gedanken wieder zu ihrer Familie. Der Besuch am Ende eines alles versengenden Sommers war anders verlaufen, als sie es sich erhofft hatte. Die Farm und die Landschaft waren braun, Bäche und Flüsse führten gefährlich wenig Wasser. Die Mücken hatten Bradley wahnsinnig gemacht. Und obwohl er stets höflich und nett blieb, spürte Catherine doch sehr genau, dass er sich langweilte und ihn mit ihrer Familie und ihren Freunden nur wenig verband. Aber alle mochten ihn, hielten ihn für kultiviert und charmant und meinten, Catherine hätte mit dieser Ehe einen echten Glücksgriff getan.
Der Besuch hatte großartig begonnen. In Sydney hatten sie einige Tage bei Mollie verbracht, die sie mit der Nachricht ihrer Verlobung überraschte. Und so trafen sie sich zu einem Dinner zu viert mit Mollie und Jason. Dass er Börsenmakler war, kam Mollie sehr gelegen, denn sie hielt sich zwar für einen freien Geist, fand aber, dass etwas Geld auch nicht schaden konnte.
Als sie mit Catherine allein war, erzählte Mollie, dass sie wie wild auf ein Haus sparten, dass sie irgendwann aber auch gern einige Tage auf Kauai im Palm Grove verbringen würden und dass sie arbeiten wolle, bis Kinder kämen. »Natürlich liebe ich Jason«, fügte sie hinzu, »aber er ist halt ein Durchschnitts-Aussie, nicht wahr? Nicht so ein Strahlemann wie dein Bradley. Mein Gott, sieht der gut aus.«
Mollie schien ihr Leben völlig durchgeplant zu haben. Catherine hingegen wurde klar, wie viele Umbrüche ihr und Bradley bevorstanden. Sie hatte mit Frauen von Marineangehörigen gesprochen, die rund um den Globus gezogen waren. Manchmal waren sie von heute auf morgen entwurzelt worden, und nie hatten sie das Gefühl gehabt, auf Dauer irgendwo ein Zuhause zu haben. Ihre Kinder hassten es, immer wieder ihre Schulfreunde zu verlieren; und während die Ehemänner auf See waren, mussten die Frauen die Verantwortung für Familie und Heim ganz allein tragen.
Solange Bradley in der Verwaltung beschäftigt war, hatte er Catherine versichert, dass er die meiste Zeit an Land arbeiten werde. Aber jetzt hatte sich das offenbar geändert, und sie fragte sich, wie sie seine lange Abwesenheit bewältigen würde. Es war alles so anders, als sie es von Kindheit an gewöhnt war. Bradley reagierte durchaus mitfühlend auf die schwierigen Witterungsverhältnisse bei ihr zu Hause, doch er konnte nicht wirklich ermessen, wie schrecklich die Dürre für jeden dort war. Sie hingegen litt mit, wenn sie sah, wie hart ihr Vater arbeitete und wie schwer es Rob hatte, dessen väterlicher Besitz
Craigmore
in ernsten Schwierigkeiten steckte.
In einem ungestörten Augenblick hatte Rob ihr anvertraut, dass sein Vater den Hof heruntergewirtschaftet hatte, es aber nicht zuließ, dass sein Sohn den Betrieb modernisierte und das Management umkrempelte. Das Geld in Rennpferde zu investieren war seinem Vater wichtiger, als es in seinen Besitz zu stecken.
Robs Schwestern hatten kein Interesse an der Landwirtschaft, genauso wenig wie Barbara, die jetzt, da sie verheiratet waren, so viel Zeit wie möglich bei ihren Eltern und Freunden in Sydney verbrachte.
»Nur Leute wie wir, die hier geboren und aufgewachsen sind, begreifen wirklich, um was es hier geht«, sagte Rob. »Die Wirtschaft läuft gut, die Woll- und Viehpreise sind in Ordnung. Und der Fleischpreis für die Endverbraucher ist viel, viel höher als das, was wir bekommen. Aber das Futter taugt nichts, der Boden muss sich erholen. Nur mein Vater will von meinem ›Ausweg‹ nichts hören, er hält das, was ich sage, für unsinniges Gerede.«
Catherine vermisste die Gespräche mit ihrem Vater, den Nachbarn und Freunden über die Arbeit, das Land, das Vieh, das Leben überhaupt. Aber sie konnte verstehen, dass sich Bradley dabei langweilte, genauso
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