Der Duft der Mondblume
habe ich Baumaschinen gesehen. Sind größere Umbauten geplant?«
»Ja, es wird noch ein Tennisplatz angelegt, außerdem sollen Zimmer dazukommen. Insgesamt soll es moderner werden. Die Leute sind nicht sehr glücklich darüber.«
»Warum nicht? Weil es die Atmosphäre des Palm Grove verändert?«
»Teilweise.« Er runzelte die Stirn. »Die Alten sagen, es ist Kapu-Land.«
»Was heißt kapu?«, erkundigte sich Catherine.
»Verboten, tabu. Dinge können aus verschiedenen Gründen kapu sein. Ursprünglich war es ein System, das die Häuptlinge, die Herrscher benutzten. Eine Kalebasse an einem in den Boden gerammten Stock, ein besonderer Stein oder eine Muschel, die an einer bestimmten Stelle plaziert sind, bedeuten: Halt dich fern. Es ging vielleicht darum, dass dort nicht mehr gefischt oder gejagt werden sollte, damit das Land besser wurde. Heute kann etwas aufgrund eines geschriebenen Gesetzes oder eines Ali’i-Brauchs als kapu gelten. Jedenfalls wollte Eleanor woanders bauen, als wir es ihr sagten, aber dieser neue Geschäftpartner möchte, dass die Zimmer in den oberen Stockwerken Meerblick haben.«
»Wer ist ihr neuer Partner?«
Abel John zuckte die Schultern. »Jemand vom Festland. Ein alter Geschäftsfreund ihres Mannes. Er hat das Geld, also hat er das Sagen. Er kommt nie her. Sie trifft sich mit ihm in Honolulu. Ich glaube, er hat auch in Alaska investiert. Natürlich erzählt sie mir nicht viel.«
Catherine dachte nach. Der hochgewachsene Hawaiianer war so ein herzensguter, freundlicher Mann. Und Eleanor vertraute ihm rückhaltlos, er gehörte zu ihrem engsten Kreis. »Seit sie allein ist, hat sie wohl niemanden mehr, mit dem sie über solche Dinge reden kann.«
»Sie spricht mit dem alten Lester«, erwiderte Abel John. Dann wechselte er das Thema. »Fahren wir nach Pinetrees.«
»Sie surfen gern?«, fragte Catherine.
Abel John konnte nicht glauben, dass sie die Frage ernst meinte. »Surfen tut man nicht
gern,
man ist davon besessen. Es ist eine Lebensweise, und für mich ist es ein Vermächtnis. Nur die Ali’i durften auf den Wellen reiten, es war der Sport der Könige.«
»Bradley hat mir erzählt, dass der Sport sehr alt ist«, sagte Catherine, als Abel John den Wagen auf eine kurvenreiche Schotterstraße lenkte, die Bananenstauden und blühende Sträucher säumten.
»Haben Sie die Drucke gesehen, die Eleanor im Hotel hängen hat? Das sind Kopien von Gemälden aus dem Bishop Museum. Sie zeigen die alten Hawaiianer, auch Wahines, beim Wellenreiten auf rohen, aus Bäumen zurechtgesägten Holzplanken.«
»Die Zeiten haben sich geändert.«
»Ja, jetzt seid ihr Australier die Könige. Deine Leute kommen ins Land und heben schier auf den Wellen ab mit ihren modernen Brettern. Aggressive Surfer! Da haben sie’s den Einheimischen mit ein, zwei Sachen gezeigt!«
»Wirklich? Das wusste ich nicht«, meinte Catherine überrascht.
»Die Australier kommen immer für Monate auf die Insel. Sobald Wettbewerbe laufen, ist es völlig verrückt. Wenn heute gute Wellen sind, trifft man sie wahrscheinlich in Pinetrees. Da können Sie ein paar gute Schnappschüsse von Aussies in Action machen.«
»Klingt verlockend.«
Hin und wieder kamen sie an einem Haus vorbei, das versteckt im Grünen lag. Bei einem war eine Ziege im Vorgarten angepflockt, bei anderen baumelte Wäsche an der Leine, oder Fahrräder und alte Autos parkten im Gras.
Abel John deutete auf die einfachen Häuser in dieser paradiesischen Abgeschiedenheit.
»Ich wette, die werden eines Tages verschwinden. Zu nah am Meer.«
»Aber wir sind hier doch mitten in der Pampa«, meinte Catherine. Schließlich hatten sie bereits die Berge überquert und befanden sich auf der anderen Seite der Insel.
»Haben Sie vom Flugzeug aus nicht die großen neuen Ferienanlagen gesehen? Das ist jetzt der Trend: ein Tourismuszentrum nah am Wasser, mit großen Außenanlagen. Manche sind eingezäunt. Sie bringen die Gäste direkt vom Flughafen ins Hotel, und die Leute kommen kaum noch aus dem Komplex heraus! Immerhin bleiben uns noch die Strände mit der Brandung. Die sind für die meisten Touristen zu gefährlich und zu weit weg.«
Catherine verstand, was er meinte, als sie aus den Hügeln herauskamen und auf die unbefestigte Küstenstraße gelangten, die am Strand entlang in eine große Bucht führte. Nur ein schmaler Sandstreifen lag zwischen der Straße und dem atemberaubend blauen Ozean mit den langen Wellen, die sich am Riff brachen – ein Anblick, bei dem
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