Der Duft der Rosen
Carson der Älteste war, hatte ihr Vater ihn zu seinem Vormund und zum Verwalter all seiner Interessen ernannt. Die endgültige Entscheidung gebührte also Carson, und so war Fletcher Harcourt im Heim geblieben.
Noch ein Grund, seinen Bruder nicht zu mögen.
Zach blickte in die teilweise offen stehenden Zimmer, bis er zu C 14 im Westflügel kam. Er erkannte die Frau, die wenige Meter entfernt ein Zimmer verließ, und hielt inne.
“Hallo, Liz.”
Sie sah auf, als sie ihren Namen hörte, und blieb abrupt stehen.
“Zachary …” Sie sah über ihre Schulter. “Bist du hier, um deinen Vater zu besuchen?”
Er nickte. “Wenn ich in der Stadt bin, komme ich immer vorbei. Was tust du hier?”
“Ich gebe ein Seminar für das Pflegepersonal.”
“Thema?”
“Es geht es um Methoden, ältere und demente Menschen sinnvoll zu beschäftigen.” Sie wandte sich zur offenen Tür. “Ich weiß, dass dein Vater hier ist. Ich hoffe, es geht ihm gut.”
“Sein Zustand ist mehr oder weniger unverändert. Seine Beine funktionieren nicht richtig. Das Problem scheint zu sein, dass sie keine Signale vom Gehirn empfangen. Er spricht nicht viel. Und wenn er spricht, dann erinnert er sich an Szenen aus der Vergangenheit, die er dann mit der Gegenwart durcheinanderbringt. Er erinnert sich an nichts von dem Unfall und nur bruchstückhaft an Dinge, die seitdem geschehen sind.”
“Ich hörte damals von dem Unfall. Er ist die Treppe hinuntergefallen, nicht wahr? Damals lebte mein Vater noch, und meine Schwester wohnte noch hier. Sie und ihr Mann sind im März nach San Francisco gezogen.”
“Tracy heißt sie, nicht wahr?”
Sie nickte. “Tracy ist ein paar Jahre jünger.” Sie sah an ihm vorbei zu der Gestalt, die unter der Bettdecke lag. “Was für eine Ungerechtigkeit! Dein Vater wirkte immer so vital.”
“Er konnte manchmal ein ziemlicher Mistkerl sein. Doch die meiste Zeit war er gut zu mir. Ich verdanke ihm viel. Mehr als ich ihm je zurückgeben kann.”
“Gibt es … gibt es eine Chance, dass er sich erholt?”
Er sah zu dem Mann auf dem Bett. “Die Ärzte haben noch immer Hoffnung. Sie sagen, dass es immer neue Erkenntnisse gibt. Sie sagen, dass man an einer Technik arbeitet, die es ermöglicht, ihn zu operieren, um die Knochensplitter zu entfernen, die auf sein Gehirn drücken. Ich hoffe es. Wir alle tun das.”
Liz blickte ihn prüfend an. “Du bist ein Mann voller Überraschungen, Zach. Du bist hier, um deinen Vater zu besuchen. Sam sagt, dass du Teen Vision gegründet hast. Du hast deine Alkohol- und Drogensucht überwunden, und du bist ein erfolgreicher Anwalt. Außerdem bist du unhöflich, anmaßend und unerträglich lästig. Ich kann mir einfach kein Bild von dir machen.”
Zach grinste. “Aber es ist ermutigend, dass du's versuchst. Warum gehen wir nicht zusammen essen?”
“Ich habe dir gesagt …”
“Ja, ich weiß. Du hast viel Arbeit.”
Sie blickte kurz zur Seite. “Ich muss jetzt wirklich los. Ich muss noch einiges im Büro erledigen.” Sie wandte sich um und ging zum Ausgang.
“Liz?”
Sie hielt inne.
“Wie wäre es wenigstens mit einem Mittagessen?”
Sie überlegte so lange, dass seine Handflächen feucht wurden.
Jesus.
Das letzte Mal, dass eine Frau eine derartige Reaktion in ihm hervorgerufen hatte, war in der Highschool gewesen.
“Wann?”, fragte sie, und sein Herz hüpfte ganz so, wie es das damals getan hatte.
“Wie wär's mit heute? Es ist bereits elf. Du musst etwas essen und ich auch. Lass uns doch gegen Mittag treffen, nachdem ich ein bisschen Zeit mit meinem Vater verbracht habe.”
“Okay. Aber schlag bloß nicht Marge's vor …”
Er lachte. “Ich dachte ans Ranch House. Sie haben eine ganz annehmbare Mittagskarte.”
“Gut. Dann sehen wir uns dort. Um eins.” Sie ging wieder weiter.
“Eins ist gut. Eins ist großartig. Bis dann.” Zach blickte ihr nach, wie sie um die Ecke bog und aus seinem Blickfeld verschwand. Sie sah heute anders aus, ganz geschäftlich in ihrem korallenroten Kostüm und der weißen Bluse.
Er rieb sich die Handflächen an seiner Hose trocken und brachte seinen Herzschlag wieder unter Kontrolle. Das war verrückt. Frauen machten ihn nicht nervös. Wenn, dann war es genau anders herum. Vielleicht war das irgendein psychologisches Überbleibsel von der Abfuhr, die sie ihm damals zu Highschool-Zeiten erteilt hatte.
Das musste es sein, sagte er sich, als er das Zimmer seines Vaters betrat. Dennoch wollte er sich mit ihr treffen.
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