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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Augen, während dieser mannhaft versuchte, nicht darauf zu achten.
    »Sie meint das nicht so«, murmelte Ella beruhigend. »Offenbar ist sie machtlos dagegen.«
    Kitty lehnte sich mit finsterer Miene zurück. Inzwischen reichte Maryanne David den Suppenteller, beugte sich vor und nutzte die Gelegenheit, ihm die Hand auf den Oberschenkel zu legen. Das war zu viel für Kitty.
    »Finger weg!«, brüllte sie.
    David starrte sie erschrocken an. Kitty, der klar wurde, was sie soeben getan hatte, wandte sich mit einem Aufstöhnen ab. Doch um Davids Mundwinkel zuckte ein Grinsen, und er stimmte in Adams Gelächter ein. Dass Kitty es für wert befand, um ihn zu kämpfen, war für ihn vermutlich der Höhepunkt der Woche.
    Auch Eddie lächelte, als er zurückkehrte. »Du bist im Geschäft, Adam«, meldete er leise und setzte sich, um sich die Hand am Feuer zu wärmen. »Sie sind interessiert an der Wagenladung aus Melbourne, aber du musst selbst mit ihnen sprechen.«
    Adam nickte und ließ den Blick über die Runde schweifen. »Wenn ich kann, kaufe ich vier Pferde. Zwei für mich und Ella und zwei für David und Kitty.« Er zögerte und stellte dann das Offensichtliche fest. »Wir müssen uns trennen.«
    Kitty ergriff als Erste das Wort. »Ich wusste, dass du das sagen würdest«, meinte sie. »Meine Tante wohnt in der Nähe von Geelong. Sie hat nach dem Tod meiner Eltern meine Geschwister zu sich genommen, doch ich habe mich geweigert. Ich war ihr erst einmal begegnet und mochte sie nicht sehr. Aber vielleicht war ich ja auch ein Schock für sie. Also bin ich stattdessen auf der Suche nach Gold und Abenteuern nach Norden gezogen.« Sie schnitt eine Grimasse und sah David an. »Wir können dorthin reiten. Wir wären in Sicherheit und finden vielleicht Arbeit, falls … falls David einverstanden ist.«
    Als David ihr ängstliches Gesicht sah, lächelte er. Ella hatte den Eindruck, dass David Kitty bis zum Ende der Welt und darüber hinaus begleitet hätte. »Goldfelder sind etwas für Männer wie meinen Bruder, die das Goldfieber gepackt hat und die willens sind, dafür überallhin zu gehen. Ich habe im Sailor’s Gully viel von dir gelernt, Adam. Und eines dieser Dinge ist, dass ich mich nicht zum Schürfer eigne.«
    Kittys Miene erhellte sich, obwohl sie versuchte, sich ihre Begeisterung nicht anmerken zu lassen. Möglicherweise, dachte Ella, hatte sie schon zu viele Enttäuschungen erlebt, um noch auf die Zukunft zu hoffen.
    Maryanne grinste wegen des jungen Liebesglücks. Aber Kitty und David achteten nicht auf sie. Eddie drückte seiner Frau warnend die Hand, blickte sie allerdings nachsichtig an. Dann schaute er lächelnd über das Feuer hinweg.
    »Da ist ja mein Kumpel!«
    Alle hoben die Köpfe, und Ella schnappte entsetzt nach Luft, denn sie hatte die ausgemergelte Gestalt, das strähnige blonde Haar und den Geruch auf Anhieb erkannt.
    Es war Paddy.

21
    Er braucht eine Pause.«
    Ella bemerkte, dass ihre Stimme heiser und atemlos klang. Ihre Beine schmerzten von der Anstrengung, die unwegsame steinige Steigung zu überwinden und dabei auch noch Adam zu stützen. Sie fragte sich, ob ihr Rücken sich wohl je davon erholen würde.
    »Er braucht eine Pause«, rief sie lauter. Diesmal kam die Botschaft bei Paddy an.
    Sie sah, dass sich der kleine Mann umdrehte und den Abhang hinunter auf sie zulief, wobei er sich an einem Schössling festhielt, um seinen Schwung zu bremsen.
    »Er ist völlig am Ende«, keuchte Eddie. »Wie weit ist es denn noch, Kumpel?«
    Paddy neigte den Kopf zur Seite, als müsse er über diese Frage nachdenken. »Wie weit ist es von Kinnadoohy nach Killadooh? Wie weit ist es zur anderen Seite der Galloway Bay? Wie weit kann ein Mann aus Kerry an einem sonnigen Tag spucken? Wie weit …«
    »Verdammt, antworte einfach!«, zischte Eddie. »Der Mann hält nicht mehr lange durch.«
    Paddys Augen funkelten im Mondlicht, und Ella war plötzlich nicht mehr sicher, ob er wirklich so verrückt war, wie es den Anschein hatte. »Nicht mehr weit«, entgegnete er knapp und hüpfte wieder wie eine Ziege den Hang hinauf.
    Seufzend half Ella Adam wieder auf die Füße. »Bald haben wir es geschafft«, sagte sie. »Kannst du noch?«
    »Ja«, erwiderte er, fügte aber nichts hinzu. Sie wusste, dass er seinen Atem fürs Gehen aufsparte. Als sie sich ausmalte, wie er sich fühlen musste, biss sie sich auf die Lippen. Falls Adam starb, ehe sie wohlbehalten in Sydney angekommen waren, war einzig und allein Moggs schuld daran.

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