Der Duft der roten Akazie
Moggs würde sein Mörder sein.
Ella schob die düsteren Gedanken beiseite und ließ stattdessen die letzten Stunden in Paddy’s Gully Revue passieren.
Hans war zu Eddies Lagerfeuer gekommen und hatte Adam die Hand geschüttelt. Dann hatten sie sich zusammengesetzt und lange und hart über den Preis der vier Pferde verhandelt. Obwohl keiner der beiden Männer völlig mit dem Ergebnis zufrieden war, war Adam nun Besitzer von vier durchschnittlichen Pferden einschließlich Sätteln und Zaumzeug, während Hans die Gelegenheit hatte, mit dem Inhalt des Ochsenkarrens ein Vermögen zu verdienen, wenn und falls dieser aus Melbourne eintraf.
Danach war Adam müde, kämpfte aber dagegen an. Es gab noch zu viel zu erledigen, ehe er schlafen konnte. David und Kitty packten ihre wenige Habe zusammen, um sie an die Sättel zu binden. David war gezwungen, einiges zurückzulassen.
»Hier, nimm das«, sagte er und reichte Eddie Schaufel und Spitzhacke. »Du kannst sie verkaufen.«
Da Eddie ein Gesicht machte, als würde er das Geschenk ablehnen, streckte Maryanne die Hand danach aus und berührte dabei zu lange die von David, was ihr einen giftigen Blick von Kitty einbrachte.
»Ihr werdet Geld brauchen«, meinte Adam und drückte Kitty etwas in die Hand.
Als Kitty in ihre halb offene Handfläche starrte, stand Trauer auf ihrem Gesicht.
»Aber du brauchst es doch selbst«, protestierte David, worauf Adam den Kopf schüttelte.
»Du hast geholfen, mir den Hals zu retten«, erwiderte er. »Nehmt es mit all meinen guten Wünschen.« Er lächelte die beiden an. »So könnt ihr einen Anfang machen.«
Kitty hatte seine Rippen vergessen und war ihm um den Hals gefallen, was er tapfer ertragen hatte. »Ich werde dich nie vergessen, Adam«, sagte sie mit hoher Stimme, die so jung klang, wie sie ja auch noch war. Dann hatte sie sich von ihm losgemacht und Ella umarmt.
Überrascht hatte Ella sie fest an sich gedrückt und ihr das kastanienbraune Haar gestreichelt. »Pass auf dich auf«, flüsterte sie. »Und auf David … Er braucht dich, Kitty.«
Kitty hatte zwar nicht geantwortet, aber Ella rasch zugelächelt, ehe sie zurückwich. Dann war David an der Reihe. Nachdem er Adam die Hand geschüttelt hatte, griff er schüchtern nach der von Ella. Ella wusste nicht, wie sie ihm für seine Hilfe danken sollte. Sie war den Tränen nahe, und es gelang ihr nur, sich zu beherrschen, weil es noch so viel zu tun gab.
Ellas Fuß rutschte an einem Stein ab, sodass sie nach Luft schnappte und beinahe gestürzt wäre. Immer noch befand sie sich auf dem steilen Abhang. Es war dunkel und kalt, und die feuchte Luft roch nach Wald.
»Es wird bald schneien«, murmelte Adam. »Wenn wir keinen Unterschlupf finden, erfrieren wir.«
Ella sah erst ihn und dann Eddie an. Dieser versuchte, trotz der Last auf seiner Schulter die Achseln zu zucken. »Er glaubt, er sei wieder in Kalifornien. Lass ihn … Vielleicht lenkt ihn das von den Schmerzen ab.«
»Oben in der Sierra Nevada schneit es«, fuhr Adam fort. »Es gibt Wölfe. Wolf?«, fügte er verwirrt hinzu.
»Alles in Ordnung«, murmelte Ella. »Du bist in Sicherheit.« Sie lehnte den Rücken an einen Baum, der praktischerweise dort stand. Während Eddie Adam ein paar Schritte weiter aufwärtszog, schob sie von hinten an. Langsam kamen sie voran, und der Gipfel schien schon viel näher zu sein. Allerdings war Paddy wie vom Erdboden verschluckt. Ella holte Luft und drehte sich dann zu dem Weg um, den sie gekommen waren. Die Entfernung war größer, als sie gedacht hatte. Durch die Bäume konnte sie flackernden Lichter der Goldfelder von Bendigo erkennen. Ellas Blick wanderte nach Süden. David und Kitty hatten inzwischen bestimmt ein gutes Stück Weg geschafft, und mit jedem Kilometer ließen sie die Gefahr weiter hinter sich.
»Viel Glück«, flüsterte sie.
»Nancy?«, stieß Adam unvermittelt hervor. Ella bemerkte, dass er sich zu ihr beugte, als wolle er in die Dunkelheit spähen. »Du hast mich ganz schön erschreckt, hier im Finsteren herumzustehen.« Er lachte rau. »Du willst mich wohl kontrollieren, was? Nachprüfen, ob ich mein Geld auch verdient habe. Ja, das habe ich. Ich habe ihn erledigt. Jetzt liegt er in der San Francisco Bay bei den Fischen, Nancy. Der wird nicht mehr reden.«
Ich will das nicht hören, dachte Ella. Es schnürte ihr die Kehle zu. »Gleich sind wir da«, keuchte sie. Eddie stöhnte, als sie Adam die letzten Schritte zum Gipfel hinaufschleppten. Oben angekommen,
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