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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Baumwollhose steckenden Knie.
    »Vielleicht seht ihr ja Mikey.«
    Paddy musterte sie eindringlich. Ella warf Eddie einen überraschten Blick zu. »Mikey?«, meinte dieser leise. »Paddy, du weißt doch im Grunde deines Herzens längst, dass Mikey tot ist.«
    Aber Paddy kicherte. »Ich habe etwas für ihn. Ich hole es rasch.« Er eilte in sein Zelt. Eddie zog die Augenbrauen hoch.
    »Er ist nicht so verrückt, wie du glaubst«, flüsterte er. »Sein Verstand kommt und geht. Er hat mir erzählt, er wäre früher Lehrer gewesen. In seinem Zelt hat er Bücher mit Wörtern, die so lang sind, dass man einen Mann daran aufhängen könnte.«
    Ella lächelte wider Willen. Paddy und gebildet? Es machte sie traurig, was aus ihm geworden war. Doch vielleicht war er mit seinem Schicksal zufrieden. In einer Stadt hätte man ihn als Geisteskranken weggesperrt. Hier draußen stand es ihm frei, so seltsam zu sein, wie er wollte.
    »Hier ist es!«
    Paddy stand vor ihr und hielt ihr eine kleine dunkle Flasche hin. »Die Kobolde haben mir das für Mikey gegeben«, verkündete er. »Da er wohl nicht mehr kommen wird, könnt ihr es ihm bringen, wenn ihr ihn seht.«
    Zögernd nahm Ella die Flasche entgegen, die sich als überraschend schwer erwies, sodass sie die Finger fester darum schloss. »Was, wenn ich ihm nicht begegne?«, erkundigte sie sich verlegen.
    Paddy schloss halb die Augen. »Nun, wenn Mikey es nicht haben will, kannst du es meinetwegen behalten, junge Frau.«
    Sie bedankte sich und fragte sich, ob es zu seinem Spiel gehörte oder ob der kurze Moment geistiger Klarheit schon zu Ende war.
    Eddie klopfte Paddy lachend auf den Rücken. »Ausgerechnet du redest über Kobolde«, witzelte er. »Und dabei bist du wahrscheinlich selbst einer.«
    Paddy kicherte, tänzelte hin und her und lüpfte die Säume seiner Jacke wie einen Rock. Aber als er sich umdrehte, sah er Ella kurz aus dunklen, ausgesprochen klugen Augen an.

Der dunkle Traum

23
    Trotz der sich ändernden Landschaft hatte der Busch etwas Eintöniges an sich. Überall sah man die gleichen rauen, knorrigen Baumstämme und grauen Blätter, von denen der Regen tropfte. Es nieselte unablässig, und die Welt lag im Dunst. Die Hufe ihrer Pferde verursachten auf dem weichen, morastigen Boden kaum ein Geräusch.
    Kurz vor Morgengrauen hatten sie Bendigo verlassen. Adam war müde und blass und sprach kaum ein Wort, als er in den Sattel stieg. Eddie und Paddy winkten ihnen nach. Hans war schon längst in sein warmes Bett zurückgekehrt. Die Gesichter der beiden wurden im Nebel immer kleiner und verschwanden schließlich.
    Die Sonne schimmerte kränklich und fahl durch die Bäume. Eine Krähe mit glänzendem schwarzem Gefieder saß auf einem Ast und stieß ihren traurigen Ruf aus. Sie umrundeten den Big Hill im Osten und ritten durch eine offene, von Bodenwellen durchzogene Landschaft, wo prächtige Bäume wuchsen wie in einem Park. Einmal hörte Ella einen Schuss, doch der war weit entfernt und nicht von Belang. Adam schien seine Umgebung überhaupt nicht wahrzunehmen und voll und ganz damit beschäftigt zu sein, sich im Sattel zu halten.
    Um die Mittagszeit machten sie Rast, um etwas zu essen und zu trinken und sich kurz auszuruhen. Doch trotz seines eingefallenen Gesichts und seiner Erschöpfung drängte Adam zum Aufbruch. »Wir haben Bendigo noch nicht weit genug hinter uns«, sagte er.
    »Glaubst du, dass sie Lieutenant Moggs’ Leiche so bald finden?«, fragte sie leise und widerstrebend. Bis zu diesem Moment war sie einfach nur geritten, hatte auf Adams Rücken gestarrt und die grausigen Ereignisse des gestrigen Tages beiseitegeschoben. Nun aber hatte sie wieder Moggs’ Gesicht vor Augen, wie er über ihnen aufgeragt war. Die Pistole im Anschlag und bereit, sie beide zu töten, weil sie seinen wahnhaften Stolz verletzt hatten.
    »Nein«, erwiderte er. »Nicht in einer Woche und wahrscheinlich auch nicht in einem Monat. Sie ist gut versteckt.«
    Ella nickte und spürte, wie Übelkeit in ihr aufstieg. Sie wusste, dass er ihr sicher erzählen würde, was er, Eddie und Hans mit der Leiche gemacht hatten, wenn sie weiter nachhakte. Doch sie tat es nicht. Manchmal war es besser, ahnungslos zu sein. Sie würde genug Albträume haben, auch ohne die letzte Ruhestätte von Lieutenant Moggs zu kennen.
    Am Nachmittag begann Adam, im Sattel zu schwanken, und drohte vom Pferd zu fallen. »Wir machen Rast«, rief Ella.
    Er schüttelte den Kopf. »Noch ein Stück. Da vorn ist ein Bach. Das

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