Der Duft der roten Akazie
Ehemann bettelte und flehte wie ein Kind? »Wer ist sie?«, flüsterte sie. Ein Schauder lief ihr über den Arm, sodass sie eine Gänsehaut bekam.
Catherine seufzte müde auf. »Ich weiß es nicht. Es ist, als habe sie ihn verhext. Das war schon so, bevor er nach Hause gefahren ist, um dich zu heiraten.«
Erschrocken starrte sie ihre Schwägerin an. »Warum hat er mich überhaupt geheiratet?«
Catherine lächelte traurig. »Das liegt doch auf der Hand, Liebes. Sie ist … unpassend.«
Eine ehemalige Strafgefangene, dachte sie. Eine Frau, mit der er sich nicht in der Öffentlichkeit zeigen kann, um seine reichen Kunden nicht zu brüskieren.
Sie spürte Catherines warme, kräftige Hand auf ihrer. »Du wirst seinen Erben zur Welt bringen«, hielt sie ihr vor Augen. »Er wird dich nie verlassen, solange du ein Kind von ihm erwartest.«
»Manchmal wünschte ich, ich könnte einfach davonreiten. Erinnerst du dich an die Geschichte, die du mir erzählt hast? Ich will fort. Noch nie war ich frei, weder zu Hause noch hier. Inzwischen bin ich fünfundzwanzig und will endlich unabhängig sein.«
Catherine schüttelte den Kopf. »Das sind wir alle nicht. Selbst ich bin gebunden.«
»Warum bleibst du? Nicht, dass ich dich verlieren möchte«, fügte sie rasch hinzu. »Das wäre schrecklich für mich, Catherine!«
Die hellen Augen verengten sich. Als sie schließlich antwortete, war ihre Stimme so leise, als befürchte sie, belauscht zu werden. »Ich habe mein Zuhause wegen einer Schande verlassen, von der niemand erfahren darf. Da war ein Mann.« Sie lächelte wehmütig. »Mein Bruder ist mir gefolgt. Als er in Sydney eintraf, war ich fast in der Gosse angelangt. Ich hatte weder Geld noch Freunde und habe so manches getan, um zu überleben.«
Nachdenklich hielt sie inne. »Ich werde dir nicht meine ganze Lebensgeschichte erzählen, Liebes. Sie ist nicht für deine Ohren bestimmt. Mein Bruder hat mich aus dem Elend gerettet, und deshalb liebe ich ihn, ganz gleich, wie er auch sein mag oder was er tut. Er hat dort, wo er mich aufgelesen hat, Mittel und Wege gesehen, um Geld zu verdienen. Ich habe ihm geholfen, einen Gasthof zu betreiben. So wie ich hat er die dunkle Seite von Sydney kennengelernt. Nur, dass er uns alle beobachtet hat wie ein Junge Ameisen in einem Marmeladenglas. Er sah zu und lernte, und als der richtige Zeitpunkt gekommen war, fing er an, Schankwirtschaften und Kneipen aufzukaufen, womit man ein Vermögen machen konnte, wenn man sich für nichts zu fein war. Er war sich für nichts zu fein, Liebes. Und nun ist er ein reicher Mann.«
»Hat er sie dort kennengelernt?«, flüsterte sie.
Catherines Blick wurde kalt, und ihr Gesicht wirkte plötzlich alt und verlebt. »Vielleicht.«
»Manchmal überlege ich, ob ich ihm heimlich folgen und sie zur Rede stellen soll. Ich möchte sie gern sehen, die Frau, die seine Kälte in Leidenschaft verwandelt.« Sie war zornig, fühlte sich gedemütigt und konnte es nicht verbergen.
Catherine griff nach ihrer Hand und drückte sie fest. »Tu das nicht«, sagte sie. »Daran darfst du nicht einmal denken.«
Es war eine Warnung.
Der kurze Schlaf hatte Ella erfrischt. Als sie nachmittags erwachte, fühlte sie sich gekräftigt. Draußen vor dem Zelt war es kühl, aber sonnig. Plötzlich war das Bedürfnis, das sie plagte, seit sie den frischen, sauberen Bach zum ersten Mal gesehen hatte, zu stark, um ihm zu widerstehen.
Rasch zog Ella Stiefel und Hose aus, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Das weite Hemd ließ sie an, eher aus Gründen der Schicklichkeit als der Bequemlichkeit. Vorsichtig tastete sie sich über die bemoosten Felsen zum Bach vor, wobei sich ihre Zehen vor Kälte bogen. Das Wasser reichte ihr bis zur Hälfte der Waden und war so eisig, dass es ihr den Atem verschlug. Als sie sich abspritzte, sorgten die kalten Rinnsale, die ihr die nackten Beine hinunterliefen, dafür, dass sie nach Luft schnappte. Noch nie hatte sie sich so sauber gefühlt wie nun im frischen Wasser. Ihre Haut prickelte und erwachte zum Leben. Als sie sich vorbeugte, um sich das Gesicht zu waschen, klebte das feuchte Wollhemd an ihr. In diesem Moment spürte sie, dass jemand sie beobachtete.
Argwöhnisch drehte sie sich um.
Adam stand auf der Anhöhe über dem Bach und stützte sich mit einer Hand an einen Baumstamm. Er hatte sich zwar die Mühe gemacht, Hose und Stiefel anzuziehen, mehr aber auch nicht. Nun betrachtete er sie gebannt.
Ella hob die Hände, um sich zu
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