Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
Vom Netzwerk:
Sattel, und sie wusste, dass er einen starken Arm brauchte, um sich auf dem Weg zur Hütte darauf zu stützen. »Kannst du uns helfen?«, fragte sie Harvey. »Adam war krank – und er steckt in Schwierigkeiten.«
    Ein wissender Ausdruck stand in Harveys Augen. Er grinste zahnlos. »Ach, Adam steckt ständig in Schwierigkeiten«, erwiderte er gleichmütig. »Komm, mein Freund. Wir wollen dich in ein warmes Bett schaffen.« Er nahm die Zügel von Adams Pferd und führte das Tier über den Hof.
    Die Schäferhütte, die Ella aus der Entfernung wie die Antwort auf ihre Gebete erschienen war, entpuppte sich aus der Nähe betrachtet eher als Enttäuschung. Der Zaun rings um den Pferch war schlampig instand gesetzt und an manchen Stellen abgestützt. Das Pferd war noch dasselbe und genauso hässlich wie früher. In der Dunkelheit blökten Schafe – Harveys Schützlinge –, doch bis auf sie und die Hunde schien das Tal verlassen zu sein.
    »Bist du ganz allein?«, erkundigte Ella sich neugierig, während Harvey sich anschickte, Adam beim Absteigen zu helfen.
    »Ich hatte einen Kumpel, aber der ist zu den Goldfeldern gezogen.« Es schien Harvey zu wundern, dass sie diese Frage überhaupt stellte. »Das halbe Land gräbt nach Gold. Und wir anderen müssen uns eben so durchschlagen.«
    Harvey griff nach Adams Arm und stützte ihn. Als Adams Füße den Boden berührten, stöhnte er auf und wäre wohl gestürzt, doch Harvey war anscheinend kräftiger, als er aussah, denn es kostete ihn keine Mühe, ihn festzuhalten.
    »Vorsicht«, warnte Ella. »Er hat ein paar gebrochene Rippen.«
    Harvey verzog das Gesicht. »Bringen wir ihn ins Haus«, sagte er nur.
    Die Hunde bellten zwar, schienen aber nicht bissig zu sein. Sie wirkten ziemlich räudig, und ihre Augen und Zähne schimmerten gelblich im Lampenlicht. Ella folgte Harvey, ohne auf sie zu achten.
    Die Hütte hatte zwei Zimmer und war erstaunlich sauber. Der Boden aus gestampfter Erde war gefegt, und ein Stück Sackleinen diente als Fußmatte. Im zweiten Zimmer stand eine Pritsche, auf die Harvey Adam sinken ließ. Ella kniete sich neben ihn.
    Sein Gesicht war vor Erschöpfung eingefallen. »Ich brauche nur ein bisschen Schlaf«, murmelte er und schloss die Augen.
    »Kannst du einen Arzt holen?« Ellas Tonfall war schärfer als beabsichtigt.
    Harvey schnaubte verächtlich. »Der nächste Arzt ist in Melbourne. Ich werde mich um ihn kümmern. Wahrscheinlich muss er sich nur richtig ausruhen. Ein paar Tage im Bett, und er ist wieder wie neu. Unser Adam ist ein harter Bursche.«
    »Zumindest hält er sich dafür«, murmelte sie.
    Harvey schenkte ihr wieder ein zahnloses Grinsen. »Anscheinend hat da jemandem seine Visage nicht gefallen.«
    »Das kannst du laut sagen«, erwiderte Ella. »Er wird dir sicher alles erzählen.«
    Harvey nickte. »Er muss raus aus diesen Sachen. Sie sind so nass, dass man Fische drin züchten könnte.«
    Mühsam zogen sie Adam aus. Er sträubte sich nicht und schien die Prozedur kaum wahrzunehmen. Seine Verbände waren schmutzig und feucht von Schweiß und Regenwasser.
    Kopfschüttelnd schnalzte Harvey mit der Zunge. »Von diesen Dingern halte ich nicht viel. Ich hatte selbst mal einen Rippenbruch und fand, dass die Verbände mehr wehtun als die Rippen. Wir nehmen sie ihm ab.«
    Ella wollte schon widersprechen, machte den Mund jedoch wieder zu. Vielleicht hatte er recht. Schließlich fehlte ihr die Erfahrung. Außerdem hatte Adam sich wirklich über die stramm sitzenden Bandagen beklagt.
    Mit erstaunlich sanften Bewegungen begann Harvey, sie zu entfernen. Während Ella ihn beobachtete, wurde sie von einer gewaltigen Erleichterung ergriffen. Harvey wusste, was er tat. Adam war in guten Händen.
    Harvey betastete die Blutergüsse und drückte daran herum, bis Adam stöhnend seine Hände wegschieben wollte. Doch Harvey achtete nicht darauf, sondern setzte die Untersuchung fort. Dann legte er vorsichtig das Ohr an Adams Brust und lauschte lange Zeit seinem Atem.
    Besorgt sah Ella zu und versuchte dem mageren Gesicht des Mannes etwas zu entnehmen. »Stimmt etwas nicht – ich meine, innerlich?«, fragte sie schließlich, als sie das Schweigen nicht mehr aushielt.
    Harvey schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es ist alles in Ordnung. Hört sich recht gut an.«
    Ellas Schultern entspannten sich vor Erleichterung. Harvey richtete sich auf und musterte sie neugierig. »Was machst du eigentlich bei Adam?«
    Sie war zu müde, um nach Ausflüchten zu suchen. »Wir

Weitere Kostenlose Bücher