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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Goldrausch hatte ein Dorf mit morastigen Straßen, die eher an gepflügte Felder erinnerten, in eine richtige Großstadt verwandelt. Ella beobachtete, wie Goldgräber mit Schlapphüten und schlammigen Stiefeln prahlerisch die Straßen entlangschlenderten. Zwei waren damit beschäftigt, ihre Stiefel lässig mit Geldscheinen abzuwischen. Neuankömmlinge bekamen vor Staunen den Mund nicht mehr zu. »Gold«, raunten sie. »Gold!« Das Wort schien förmlich in der Luft zu liegen.
    In den Schaufenstern waren Schaufeln, Spitzhacken, Pistolen und andere auf den Goldfeldern benötigte Utensilien künstlerisch drapiert. Manchmal lagen sogar Häufchen aus Goldklumpen dabei, damit es echter wirkte. Ein Holzhaus, das sich zwischen zwei andere drängte, nannte sich Amerikanischer Barbier und hatte die Flagge dieses Landes über der Tür wehen. Ein Stück weiter die Straße hinauf hatte eine Taverne nicht minder stolz die britische Fahne gehisst. Zwei Männer in weiten Tuniken und Hosen und mit einem langen Zopf auf dem Rücken standen schweigend in der Warteschlange an einem Wasserwagen. Die Chinesen sahen so fremdartig aus, dass Ella stehen blieb, um sie anzustarren.
    Menschen aller Schichten und in der unterschiedlichsten Kleidung gingen ihren Geschäften nach. In den Straßen wimmelte es von Kutschen und anderen Fahrzeugen, die den Schlamm aufspritzen ließen. Fußgänger mussten lange, brückenähnliche Planken benutzen, um die Straße zu überqueren. Eine Kutsche, die von vier Pferden gezogen wurde, hatte eine der berühmten Hochzeitsgesellschaften an Bord und raste in Höchstgeschwindigkeit vorbei. Sie hatten alles bei sich, was dazugehörte. Die Braut trug ein weißes Spitzenkleid und hatte Orangenblüten angesteckt. Der Bräutigam hielt eine Champagnerflasche in der weiß behandschuhten Hand.
    »Sind sie wirklich verheiratet, oder tun sie nur so?«, erkundigte sich Ella bei Adam.
    »Beides ist möglich. Sie haben eben Spaß an dem großen Auftritt. Wer durch einen Schlag mit der Spitzhacke vom Habenichts zum reichen Mann wird, dem steigt es häufig zu Kopf.«
    Ella wandte sich der praktischeren Frage zu, wo sie und Adam in Melbourne übernachten sollten. Die Stadt platzte aus allen Nähten. Adam hatte ihr erklärt, die Gasthöfe seien so überfüllt, dass man sogar die Ställe als Gästezimmer benutzte und selbst für das Stroh Geld verlangte. Wer keine andere Wahl hatte, konnte sein Zelt auf einem Stück Brachland aufstellen. Die anderen trieben sich einfach auf den Straßen herum und schliefen auch dort.
    Inzwischen fühlte Ella sich in Männerkleidern wohl. Es war so viel leichter, als Mann zu reisen. Sie durfte nur nicht vergessen, die Schultern hängen zu lassen und den Kopf zu senken. Niemand schaute gründlich genug hin, um zu bemerken, dass sie eine Frau war. Es war, als sei sie unsichtbar. Vielleicht hatte Margaret Catchpole sich deshalb für diesen Weg entschieden. Sie war einfach untergetaucht – zumindest für eine Weile.
    Adam führte Ella die Bourke Street hinunter. Sie war von Läden gesäumt, in denen man Blechpfannen, Kessel, Utensilien zum Goldschürfen und Kleidung kaufen konnte. Kurz hinter der Kreuzung zur Queen Street befand sich der Pferdemarkt. Dort wurde emsig gefeilscht, und Männer mit scharfen Augen versuchten die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden einzuschätzen.
    »Ich bin gleich zurück.« Adam stieg ab und reichte ihr die Zügel seines Pferdes. »Ich will nur etwas auskundschaften.«
    Er ging zu einer Menschenansammlung hinüber, die gerade an einer Auktion teilnahm. Ella beobachtete, wie er mit verschiedenen Männern sprach, sich zu einer anderen Gruppe gesellte und auch dort ebenfalls Erkundigungen einzog. Ella ließ den Blick über den geschäftigen Pferdemarkt schweifen. Einige der zum Verkauf stehenden Tiere machten keinen sehr zuverlässigen Eindruck. Ein alter Gaul musste sich an den Zaun lehnen, um nicht umzufallen, während ein anderes Pferd nicht zugeritten zu sein schien und angriffslustig mit den Augen rollte.
    Plötzlich kam ihr in den Sinn, dass ihre eigene Stute, auf der sie mit Ned nach Süden geritten war und die man ihr an Seaton’s Lagune gestohlen hatte, auch hier sein könnte. Als sie sich umschaute, blieben ihre Augen kurz an einem schwarzen Haarschopf und Bart hängen. Aber im nächsten Moment war der Mann verschwunden. Dann erschien Adam wieder an ihrer Seite, und alles war vergessen.
    »Das wird eine Weile dauern«, meinte er, legte ihr die Hand aufs Knie und musterte

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