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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Nicht, dass heutzutage viel Gefahr drohen würde. Die Schwarzen und die Wildhunde sind weg. Dafür hat Ollie McLeod gesorgt.«
    Am späten Nachmittag kehrte er stets zur Hütte zurück, um das Abendessen zu kochen. Ella hatte sich erboten zu helfen, aber Harvey erledigte die Dinge lieber auf seine Weise. »Ich bin das Alleinsein gewohnt«, meinte er. »Als ich das letzte Mal in Melbourne war, hat mich der Lärm fast um den Verstand gebracht. Ich war froh, als ich wieder hier war.«
    »Du hast doch früher in Sydney gewohnt«, wandte Ella ein.
    »Ja, damals war ich ein wilder Bursche. Doch inzwischen ziehe ich die Einsamkeit vor.«
    Als Ella mit Adam allein war, erkundigte sie sich nach seiner Zeit mit Harvey in Sydney. »Harvey hat auf mich aufgepasst«, erwiderte er. »Ich weiß noch, wie er mich im Keller des Jolly Roger versteckt hat, nachdem ich oben in der Gaststube bei zwei Walfängern eine dicke Lippe riskiert hatte.«
    »Das Jolly Roger?«
    »Das ist ein Lokal in Sydney. Es gehörte Ollie McLeod, aber Harvey hat es geführt.«
    »Was denn für ein Lokal?«, hakte Ella neugierig nach, weil sie sich über Adams plötzliche Unschuldsmiene wunderte.
    »Ein Lokal eben.«
    Ihr kam ein Verdacht, und sie musterte Adam argwöhnisch. »Doch nicht etwa ein Freudenhaus?«
    Er blickte sie erstaunt an und lachte. »Ja, ein Freudenhaus. Wo hast du denn diesen Ausdruck her?«
    »Von Kitty.«
    Der ernste Gesichtsausdruck gelang ihm nicht ganz. »Nun, Harvey hat es geführt. Aber es war den Umständen entsprechend ein ordentlicher Laden.«
    »Ach wirklich? Du scheinst dich ja großartig in diesen Dingen auszukennen.«
    Wieder die Unschuldsmiene. »Ich war damals noch sehr jung.«
    Ella zögerte und beschloss, es auf sich beruhen zu lassen. Schließlich wusste sie aus Erfahrung, dass Adam ihr nur das verraten würde, was er wollte. »Besaß Ollie McLeod viele Freudenhäuser?«
    Wie ihr sein Lächeln verriet, wusste er, dass sie beschlossen hatte, Gnade vor Recht ergehen zu lassen. »Ja, überall in Sydney. Er betrieb Schankwirtschaften, Pfandleihen – alles, mit dem man Geld verdienen konnte. Außerdem besaß er einige Schiffe und Land, viel Land.«
    »Und die Tea-Tree-Farm gehört ihm ebenfalls.«
    Adam verzog das Gesicht. »Morgen brechen wir auf. Ich erwarte nicht, ihm zu begegnen. Allerdings hat Harvey mir erzählt, dass er vor etwa einem Monat hier war, um nach dem Rechten zu sehen. Es macht ihm Spaß, unangemeldet hereinzuschneien, um seine Mitarbeiter beim Mittagsschläfchen zu überraschen. Ich freue mich schon darauf, seinem Grund und Boden den Rücken zu kehren.«
    »Warum hasst du ihn so? Dass man jemanden nicht leiden kann, verstehe ich ja, Adam. Aber deine Gefühle erscheinen mir … übertrieben.«
    Adam zögerte. Ella war klar, dass er überlegte, ob er ihr reinen Wein einschenken sollte. Als er sie wieder ansah, stand eine Mischung aus Bitterkeit und Erstaunen in seinem Blick. »Ich habe von meiner Ma etwas über ihn erfahren, das ich zunächst nicht glauben konnte. Also habe ich es abgetan und versucht, es zu vergessen. Doch es hat mich belastet. Ma war inzwischen tot, sodass ich ihr keine Fragen mehr stellen konnte. Sonst kennt niemand die Wahrheit, abgesehen von Ollie McLeod selbst natürlich. Jedenfalls habe ich es eines Tages nicht mehr ausgehalten und habe ihn darauf angesprochen.«
    Adam starrte an die Wand. Ein Sonnenstrahl, der durch das gegenüberliegende Fenster hereinfiel, beleuchtete sein regloses Gesicht. »Er hat mich angeschaut, als ekle ich ihn an. Wie verdorbenes Fleisch. Da wusste ich, dass es stimmte und dass es ihm gleichgültig war. Und deshalb hasse ich ihn.«
    Sanft berührte Ella ihn am Arm. »Was hattest du denn erfahren, Adam?«
    Er sah sie an und zwang sich zu einem Lächeln. »Ma fühlte sich elend. Ihr war klar, dass sie sterben musste. ›Wenn nur dein Vater sich um dich kümmern würde‹, meinte sie zu mir. ›Mein Vater war Seemann‹, wandte ich ein. Doch sie blickte mich an, als hätte ich keine Ahnung.
    ›Nein‹, entgegnete sie. ›Dein Vater ist Ollie McLeod. Ich habe ihn in Sydney kennengelernt. Er hat mich jeden Freitag besucht. Aber sobald er wusste, dass du unterwegs bist, kam er nicht mehr.‹«
    Wieder hielt Adam inne. »Er hat sie mit Geld abgefunden. Und später, als sie ihn gebeten, nein, angefleht hat, hat er mir Arbeit gegeben, vermutlich nur, damit sie ihm verpflichtet war. Um sich überlegen zu fühlen, wie er es bei allen Menschen tat. Ich habe ihm nie etwas

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