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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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sich vorbeugte, um Luft zu holen. Ella erkannte die Form seines Kopfes und sein Profil.
    Es war ihr Ehemann. Ihr Feind.
    Als Stimmen nach ihm riefen, hob Ollie McLeod den Kopf. »Verfolgt sie«, befahl er. »Ich komme gleich nach.«
    Ella spürte Adams Arm um sich. Obwohl er warm war, fror sie. Ein Tier mit dünnem Schwanz huschte vor ihnen über den Boden. Offenbar hatte Adam ihren Schrei vorausgeahnt, denn er hielt ihr den Mund zu. Ein Kiesel klapperte unter seinem Stiefel.
    Das Geräusch sorgte dafür, dass Ollie sich umwandte. Er starrte auf die Rampe, als habe er sie eben erst bemerkt. Ella beobachtete, wie er sich zögernd aufrichtete. Anscheinend überlegte er, ob er hinauf zu ihrem Versteck gehen oder seinen Männern nacheilen sollte.
    Die langsamen Schritte in der Hütte über ihnen kamen näher. Ella hörte ein rasselndes Husten und eine schrille, zänkische Greisenstimme. »Wer ist da? Könnt ihr einen alten Mann nicht in Ruhe schlafen lassen?«
    Ollie verharrte noch einen Moment auf der Stelle, schien sich aber entschieden zu haben. Er machte kehrt, um seine Männer einzuholen.
    Adam drückte Ella so fest an sich, dass ihr die Luft wegblieb. »Woher wusstest du das?«, flüsterte er.
    Woher? Wie erklärte man eine böse Vorahnung oder die seltsame Mischung aus Gegenwart und Vergangenheit, die sie in ihrem Zimmer im Shipwreck geträumt hatte?
    Doch Adam wartete nicht auf die Antwort, sondern half ihr aus dem Versteck und die Rampe hinunter.
    Sie klammerte sich an Adams Hand. Bald befanden sie sich in einer schmalen Gasse, die mit einer stinkenden Flüssigkeit bedeckt war. Ein Lumpenbündel lag an einer Mauer. Erst im Vorbeihasten wurde Ella klar, dass es sich um einen entweder schlafenden oder toten Menschen handelte.
    Adam führte sie durch einen Torbogen auf einen winzigen Platz, der von düsteren, schäbigen Häusern gesäumt wurde. Sein Atem ging rasch, und Ella fragte sich, ob seine Brust wohl genauso schmerzte wie ihre. Erst jetzt dachte sie wieder daran, wie Moggs ihn erst vor Kurzem zugerichtet hatte.
    Obwohl der Platz verlassen wirkte, spürte Ella eine Luftbewegung. Es war ein Flüstern und Raunen wie von einem Lebewesen. Adam zog sie in einen Durchgang, so schmal, dass er nur seitlich hineinpasste. Vor ihnen wies ein heller Fleck auf das Ende des Ganges hin. Ella schnappte in der bedrückenden Enge nach Luft. »Wo sind wir?«
    »Den richtigen Namen habe ich vergessen. Wir haben ihn den Henkerssteg genannt.« Seine Stimme hatte den üblichen leicht spöttischen Unterton. »Und zwar deshalb, weil auf Verbrechen, wie sie hier stattfanden, normalerweise der Tod durch Erhängen stand.«
    »Glaubst du, mein Mann sucht noch nach mir?«
    »Ja.«
    Darauf gab es nichts zu erwidern. Sie folgte Adam und versuchte, weder die Gerüche wahrzunehmen noch daran zu denken, welche Schreckensereignisse sich hier abgespielt haben mochten. Sie hatten das Ende des Durchgangs fast erreicht, als ihnen ein Schatten den Weg versperrte.
    Ella stockte der Atem.
    »Wer seid ihr?« Die Stimme klang so rau und gefährlich wie das Bellen eines verwilderten Hundes.
    »Wir werden verfolgt«, antwortete Adam in demselben derben Tonfall.
    »Von wem?«
    »Den Polypen.«
    »Was habt ihr gemacht?«
    »Einem Kerl die Kehle durchgeschnitten, weil er zu viel gefragt hat.«
    Beinahe waren sie bei dem Mann angekommen, aber Adam hielt nicht inne, sondern ging schnell und entschlossen weiter. Sein breiter Körper füllte den engen Durchgang aus. Der Mann zögerte eine Weile und verschwand.
    Der Durchgang mündete in einer weiteren Gasse, nur dass diese mit Kopfsteinen gepflastert war. An ihrem Ende stand eine Straßenlaterne, und auf der breiteren Straße dahinter erkannte Ella Pferde, Fahrzeuge und Menschen.
    Adam nahm ihre Hand und legte sie fest auf seinen Arm. Sein warmes Lächeln vertrieb ihre Ängste ein wenig. Langsam, so als hätten sie alle Zeit der Welt, schlenderten sie auf die George Street hinaus.
    Selbst um diese späte Stunde herrschte dort noch geschäftiges Treiben. Eine Kneipe, deren Kundschaft hauptsächlich aus grölenden Goldgräbern bestand, machte gute Umsätze. Einige Akrobaten führten an einer Straßenecke ihre Kunststücke vor und verlangten von den Passanten Bezahlung. Ein paar betrunkene Schürfer preschten in wildem Galopp vorbei und riefen, sie hätten Flüsse voller Gold entdeckt. Ein Mädchen mit scharlachrotem Schal und ebensolchen Lippen beobachtete die Passanten mit geschultem Blick.
    »Wohin gehen wir?«,

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