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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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besser als jeder andere. Doch du hättest nicht allein fortgehen dürfen.«
    »Ich hatte Ned.«
    Catherine schüttelte den Kopf. »Warum hast du es mir nicht erzählt?«, drängte sie. »Wir haben einander immer alles anvertraut, Eleanor. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du fliehen willst?«
    Etwas an ihrer Beharrlichkeit erschien Ella gekünstelt. Ihr Gesichtsausdruck wirkte zwar anteilnehmend, aber die hellen Augen logen.
    »Warum ich davongelaufen bin, habe ich vergessen«, erwiderte Ella zögernd. »Nachdem ich von Lochlyn fort bin, bin ich überfallen worden und – habe Adam getroffen. Ich habe eine Weile gebraucht, um mich an mein früheres Leben zu erinnern, und der Grund für meine Flucht ist das Einzige, was mir noch nicht eingefallen ist.«
    Catherine starrte sie an. Trotz der kühlen Nacht standen Schweißperlen auf ihrer Oberlippe.
    Ella holte Luft und sprach weiter. »Ich kann nicht zu Ollie zurück, Catherine, und brauche deine Hilfe. Er will mich umbringen. Er hat es schon einmal versucht, als ich von Lochlyn fortgelaufen bin, und nun versucht er es wieder.«
    Ella sprach schnell und atemlos. Doch Catherine wimmelte sie nicht ab, wie Ella befürchtet hatte. Stattdessen schien sie damit gerechnet zu haben, so als hätte sie es längst gewusst. Ihr Tonfall war hart und bedrückt.
    »Ich weiß, dass Ollie vieles getan hat, wovon er besser die Finger gelassen hätte. Ich habe weggeschaut, weil die Geschäfte seine Sache sind und weil ich ihn liebe. Er ist mein Bruder, Eleanor.«
    »Er wird auf dich hören. Ihm ist es wichtig, dass du zufrieden bist, Catherine. Kannst du uns nicht helfen? Das, was ich seiner Ansicht nach verbrochen haben mag, dass er nun meinen Tod will, bedeutet mir nichts. Ich interessiere mich nicht für seine Geheimnisse. Ich will mit Adam fortgehen. Ganz weit weg.« Plötzlich bemerkte sie, dass sie für ihn sprach, und sah ihn fragend an.
    »So weit weg, wie du möchtest«, antwortete er und lächelte.
    »Du bist mit Ollie verheiratet«, hielt Catherine ihr streng vor Augen.
    »Ich bin mehr Adams Frau, als ich je die Frau von Ollie McLeod gewesen bin«, rief Ella.
    Catherine neigte den Kopf zur Seite und musterte sie. »Du hast dich verändert«, meinte sie leise und ein wenig traurig. »Ich habe dich immer für ein verwöhntes Vögelchen gehalten, das in einem goldenen Käfig sitzt. Inzwischen wirkst du nicht mehr so umsorgt – und du bist frei.«
    Sie hatte es so genau getroffen, dass Ella nach Luft schnappte. »Oh Catherine«, flüsterte sie. »Bitte, bitte hilf mir.«
    »Du ahnst nicht, was du da von mir verlangst«, entgegnete Catherine abweisend und beugte sich vor, um das leere Glas aufzuheben. Ihr Dutt ruhte schwer im Nacken. Sie hatte dichtes, dunkles Haar, das einige graue Strähnen aufwies. Ella wusste, dass es offen fast bis zur Taille reichte …
    Die Erinnerung kam ohne Vorwarnung und erfüllte ihren ganzen Verstand. Ella stand wie erstarrt auf und nahm die Gegenwart nicht mehr wahr, während die Szene vor ihrem geistigen Auge ablief.
    Sie war in dem dunklen Flur. Der Läufer unter ihren Füßen zog sie vorwärts in Richtung Tür. Die Luft raunte ihr Geheimnisse zu.
    Sie war auf Lochlyn. Auf Lochlyn in der Nacht vor ihrer Flucht. Sie war in dem dunklen Haus aufgewacht und hatte Stimmen gehört.
    Die Tür befand sich direkt vor ihr. Der Lichtkegel berührte ihre nackten Füße. Sie beugte sich vor und spitzte die Ohren, um etwas zu verstehen. Warum ergaben die Worte keinen Sinn? Und dann, plötzlich, fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.
    Es war ein Lied! Ein leidenschaftliches Lied. Der Gesang von einem Mann und einer Frau, die sich liebten.
    Da Ella das nun wusste, konnte sie es deutlich hören – die tiefere Stimme des Mannes, die höhere der Frau. Ihre Stimmen mischten sich und vereinten sich zu einem prachtvollen Höhepunkt. Dann wurden sie leiser und verwandelten sich in Geflüster, Seufzer und schließlich in Schweigen.
    Sie trat in die Tür und ins Zimmer. Und fühlte sich wie ein Schmetterling auf einer Stecknadel.
    Die Frau lag ausgestreckt auf dem Sofa. Ihre Röcke hingen schimmernd bis hinunter zum Boden und umrahmten schlanke Beine und den Mann, der dazwischenlag. Er war noch bekleidet, als sei die Leidenschaft so groß gewesen, dass keine Zeit zum Ausziehen geblieben war.
    Es war Ollie. Natürlich war es Ollie.
    Sie sagte sich, dass es Ollie war, selbst als ihr Blick über die Frau wanderte, die Ollies Gesicht mit einer schrecklich

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