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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Nachthemd zu zeigen. Das helle Haar umwehte ihr Gesicht, und sie war so aufgebracht, dass Flecken auf ihren Wangen entstanden, die so rot waren wie ihre Lippen. Die Augen aller Anwesenden richteten sich erstaunt und, mit einer Ausnahme, bewundernd auf sie.
    »Sie wollten mich nach Melbourne begleiten lassen, nachdem Sie die Straßenräuber zur Strecke gebracht hatten.« Ihr Tonfall war vernichtend. »Und sonderlich hilfsbereit waren Sie auch nicht. Der Zustand meines Kleides hat Sie mehr interessiert als meine verzweifelte Lage. Wenn ich auf Ihrer Türschwelle tot zusammengebrochen wäre, Sir, wären Sie vermutlich einfach über mich hinweggestiegen!«
    Es herrschte beklommenes Schweigen. Einige Polizisten grinsten hämisch und sahen ihren Vorgesetzten verstohlen an. Offenbar waren sie neugierig, wie er reagieren würde. Da er es nicht gewohnt war, dass man so mit ihm sprach, fiel seine Antwort ziemlich ungehalten aus, und ein eiskalter Hass verstärkte den grausamen Zug um seinen Mund.
    »Es ist nicht meine Aufgabe, verirrte Frauenzimmer zu bemuttern«, höhnte er.
    »Oh? Was dann? Leere Gasthöfe zu umzingeln und harmlose Reisende festzunehmen?«, zahlte Ella es ihm mit gleicher Münze heim.
    Einer der Polizisten lachte. Moggs warf dem Übeltäter einen Blick zu, der ihn erstarren ließ. Dann beugte er sich drohend über Ella. »Sie sind ziemlich keck, Ma’am. Ich glaube nicht, dass Sie es sich in Ihrer Lage leisten können, mit Frechheiten um sich zu werfen.«
    Doch anstatt zurückzuweichen, lehnte Ella sich ebenfalls vor, bis nur noch wenige Zentimeter ihre Gesichter voneinander trennten. »Mäßigen Sie sich, Sir.« Ihre Stimme und ihr Augenausdruck waren kälter als die Luft draußen. »Sobald ich wieder bei meinem Mann und meiner Familie bin, werde ich Ihr Verhalten bis in die kleinste Einzelheit schildern. Gleich nach meiner Ankunft in Bendigo werde ich dafür sorgen, dass der dortige Hochkommissar«, in letzter Minute erinnerte sie sich an den Namen, »dass Mr Gilbert – richtig? – erfährt, wie Sie mich und diesen Gentleman behandelt haben.«
    »Gentleman?«, wiederholte Lieutenant Moggs ungläubig. Allerdings war es ihr gelungen, ihn zu beeindrucken. Anfangs hatte er sie anscheinend für geistig verwirrt gehalten, aber dass sie nun Mr Gilbert erwähnte, der für die Goldfelder in Bendigo zuständig war, erschreckte ihn ein wenig. Er versuchte, sich einzureden, dass sie ein Niemand war, eine der vielen verlassenen Frauen, von denen es seit Beginn des Goldrauschs in Victoria nur so wimmelte. Aber sie benahm sich nicht wie das billige Flittchen, für das er sie bei ihrer Begegnung in Carlsruhe gehalten hatte. Das hier war eine Dame, und selbst Moggs war vorsichtig, was das Beleidigen von Damen anging. Sie hatten nämlich die unangenehme Angewohnheit, einem an den unpassendsten Orten wieder über den Weg zu laufen, und schienen stets über einflussreiche Freunde zu verfügen.
    Er knirschte mit den Zähnen und sah sich nach einem anderen Opfer um, an dem er sein Mütchen kühlen konnte. Natürlich fiel die Wahl auf Adam. »Was wollen Sie in Bendigo?«, erkundigte er sich barsch.
    »Ich bin unterwegs zu den Goldfeldern«, erwiderte Adam gelassen. »Zuvor bringe ich Mrs Seaton zum Hochkommissar, wie Sie mich selbst angewiesen haben. Wir haben hier nur Rast gemacht. Sie ist sehr zart.«
    Moggs warf einen Blick auf Ella. »Zart?«, wiederholte er in unüberhörbar herablassendem Tonfall. »Kennen Sie die Wirtin dieses Gasthofs? Sie heißt Nancy Ure und wird der Hehlerei verdächtigt. Ich glaube, sie ist eine Freundin von Ihnen.«
    Adam setzte eine Unschuldsmiene auf und schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht mit ihr befreundet. Wir sind uns gestern zum ersten Mal begegnet.«
    »Da hat man mir aber etwas anderes mitgeteilt«, gab Moggs zurück. »Am besten sagen Sie mir gleich die Wahrheit.«
    Aber Adam zuckte nur gleichgültig die Achseln.
    Lieutenant Moggs setzte gerade zu einer neuen Tirade an, als draußen laute Rufe und rasche Schritte ertönten. Ella hörte, dass jemand »Feuer« rief.
    »Gehen Sie und finden Sie heraus, was zum Teufel da los ist«, befahl der Lieutenant einem seiner Männer, worauf dieser hinaushastete.
    Jedoch hatte sich die Anspannung im Raum durch die Störung nicht gelegt, sondern eher noch gesteigert. Adam stand weiterhin wie ein Gefangener zwischen zwei Polizisten. Allerdings beabsichtigte er offenbar nicht, seinen Widersachern die Aufgabe zu erleichtern.
    Ella räusperte sich. »Ich

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