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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Vibrieren in ihrem Innern zurück, und es war nicht mehr Nancy, die Adam küsste, sondern Ella.
    Zornig blies sie die Kerze aus, sodass es stockfinster im Zimmer wurde. Ich darf nicht einmal daran denken, sagte sie sich mit Nachdruck. Morgen fahre ich zu den Weatherbys, und wer weiß, was dann geschieht.
    Eine Aufregung ergriff sie, die immer stärker wurde, je mehr sie sie zu unterdrücken versuchte. Das Gebäude knarzte, und irgendwo bellte ein Hund. Allmählich jedoch ließ die Anspannung nach, und sie schlief ein.

9
    S ie war an einem dunklen Ort.
    Er war lang und schmal wie ein Tunnel. Und dennoch wusste sie, dass es keiner war. Ihre nackten Füße berührten einen weichen Teppich. Dicht neben ihr hingen Porträts in vergoldeten Rahm en an der Wand. Die Mienen der Abgebildeten blickten starr, doch ihre Augen verfolgten sie. Vor ihr strömte Licht aus einer offenen Tür. In seinem Schein konnte sie einen Türrahmen aus poliertem Zedernholz und ein Stück eines in kräftigem Rot, Grün und Schwarz gemusterten Läufers erkennen.
    Sie kam nur langsam voran, als müsse sie sich durch eine zähe Flüssigkeit kämpfen. Allmählich näherte sich die Tür, und sie hörte Stimmen, die aus dem Zimmer an ihr Ohr drangen. Gedämpfte Stimmen. Geheimnisse.
    Worüber sprachen sie? Sie wollte es unbedingt verstehen. Gleichzeitig aber hatte sie Angst. Sie spürte ein flaues Gefühl im Magen, und ihre Handflächen waren schweißnass. Geheimnisse, so viele Geheimnisse. Manchmal war es klüger, sich die Ohren zuzuhalten, die Augen zu schließen und zu vergessen.
    Eine warme Hand hielt ihr den Mund zu. Der Traum leuchtete auf und verwandelte sich in einen Wirbel aus bunten Farben und wirren Gefühlen. Ella wurde wach, die Hand war echt, und der heiße Atem eines Menschen kitzelte ihre Wange.
    »Bitte nicht schreien«, flüsterte er.
    Adam! Schlaftrunken sah sie ihn an. Er hob sich als dunkler Schatten vom etwas helleren Fenster ab. Was wollte er? Furcht durchzuckte ihren Körper, sodass sie eine Gänsehaut bekam. Oh, bitte nicht. Nicht das, nicht von ihm.
    Im nächsten Moment hörte sie die Geräusche draußen auf dem Hof. Kies knirschte, und unter dem Fenster erklang ein Schritt. Eine raue Stimme zischte etwas.
    Ella spürte, wie ihre Kopfhaut prickelte. Sie stellte fest, dass Adam sich lauschend abgewandt hatte. »Entschuldigen Sie«, raunte er. »Es ist nicht das, was Sie denken, Cinderella.« Einen schockierenden Augenblick lang streifte sein kalter Arm ihre Brust.
    Leise und ein wenig verzweifelt lachte er. »Das ist beinahe wert, dafür gehängt zu werden.«
    Ella versuchte, seine Hand auf ihrem Mund loszuwerden, und als er nicht lockerließ, zerrte sie an seinen Fingern. Sein Gesicht kam ihr so nah, dass sie das Funkeln in seinen Augen erkennen konnte.
    »Hören Sie den Lärm, Mrs Seaton? Ich habe durch eine Ritze in der Wand geschaut. Draußen wimmelt es von berittenen Polizisten.«
    Endlich gelang es ihr, seine Hand wegzuschieben. Sie schluckte. »Warum sind sie gekommen? Was wollen sie?«, fragte sie so leise wie möglich.
    »Sie suchen Eben«, unterbrach er sie. »Offenbar sind sie ihm gefolgt und glauben, sein Diebesnest gefunden zu haben.« Er zögerte. »Er und Nancy stecken unter einer Decke«, erklärte er. »Sie gibt ihm Bescheid, wenn sie Gäste hat, bei denen sich das Ausrauben lohnt. Er überfällt sie dann. Was die verschwundenen Menschen betrifft … davon weiß ich nichts.«
    Ella zuckte zusammen. Eben und Nancy Ure waren aus demselben Holz geschnitzt. Ein Straßenräuber und seine Komplizin. Aber welche Rolle spielte Adam dabei?
    Offenbar hatte er ihre Gedanken erraten. »Nancy und ich haben in San Francisco wie Mann und Frau zusammengelebt«, teilte er ihr schonungslos mit. »Als ich sie kennengelernt habe, führte sie eine Hafenkneipe. Sie hat mir ein Angebot gemacht. Ich sollte gegen Bezahlung dafür sorgen, dass es keinen Ärger gab. Da ich das Geld brauchte, habe ich angenommen.«
    Irgendwo in der Stadt bellte ein Hund. Sie spitzten die Ohren. Nach einer Weile fuhr Adam fort. »Damals war ihr Mann bereits tot. Sie war einsam und ich verfügbar. Nun, weitere Einzelheiten brauche ich Ihnen sicher nicht zu schildern, Mrs Seaton. Doch es erwies sich als nicht von Dauer. Ich war schon damals nicht mit ihren Umtrieben einverstanden, und daran hat sich nichts geändert. Die Frau ist gefährlich, und man legt sich besser nicht mit ihr an.« Sein Tonfall war finster. »In Kalifornien haben es einige Männer nicht

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