Der Duft der roten Akazie
ihn unter seiner schmutzigen Jacke.
»Ihr habt ein Herz aus Gold, Jungs«, sagte er. Im nächsten Moment bemerkte er Ella. »So ein hübsches Mädchen! Haar wie der Mond.« Als er näher kam, stieg ihr sein Körpergeruch in die Nase. Seine Stimme senkte sich zu einem Flüstern. »Haar wie der Mond.«
Ella drehte es fast den Magen um, als er sich noch ein Stück näherte und tatsächlich einen Finger mit zersplittertem Nagel ausstreckte, um ihr Haar zu berühren. Die Vorstellung, von ihm angefasst zu werden, war ihr so unerträglich, dass sie zurückfuhr. Er musterte sie mit zur Seite geneigtem Kopf und verschwand dann mit einem beinahe kindlichen Kichern in der Dunkelheit.
Die Goldgräber betrachteten sie neugierig. »Armer Teufel«, murmelte einer von ihnen. »Entschuldigung, die Dame. Er stellt immer dieselbe Frage. Wahrscheinlich weilt der bedauernswerte Mikey schon längst nicht mehr unter den Lebenden. Jemand hat ihm die Kehle durchgeschnitten, und seine Knochen sind inzwischen blank gepickt.«
Vermutlich hatte er recht, auch wenn das Bild, das er heraufbeschwor, nicht sonderlich erfreulich war. Ängstlich schaute Ella sich in der dunklen Schlucht um. Wie leicht hätte sie dasselbe Schicksal erleiden können wie Mikey O’Halloran.
»Angeblich hat Paddy eine geheime Grube irgendwo im Busch«, fuhr der Mann fort, während er Ella weiter beobachtete. »Aber bisher hat sie niemand gefunden, und er ist zu schlau, als dass man ihm folgen könnte.«
Ella hörte, dass Kitty am Karren demonstrativ mit den Blechtellern klapperte. »Am besten gehe ich und helfe ihr«, murmelte sie und machte sich auf den Weg. Falls dieser Paddy wirklich eine geheime Goldgrube hatte, konnte er sie gern behalten. Sie hatte keine Lust auf eine enge Freundschaft mit einem Mann, der roch wie ein ungewaschenes Schaf.
Kitty hatte Feuer gemacht und kochte das Abendessen. Ella half ihr, ohne auf ihr Schmollen zu achten. Als sie zu dem anderen Lagerplatz hinüberblickte, sah sie, dass Adam sich zu den Männern gesetzt hatte. Nach ihren Mienen zu urteilen, besaß er ihre ganze Aufmerksamkeit.
»Hat David Marr nicht gesagt, er wolle zum Eaglehawk Gully?«, fragte sie Kitty. Der dunkelhaarige Junge mit den grünen Augen und sein aschfahler Vater hatten sich nach dem Big Hill von ihnen verabschiedet. Allerdings hatte Ella bemerkt, dass es dem Jungen nicht leichtgefallen war.
Kitty zuckte gleichgültig die Achseln. »Er sagte, sein Bruder sei dort.«
»Ob wir ihn wohl wiedersehen?«
Zischend spritzte heißes Fett aus der Pfanne und traf Ella am Daumen, worauf sie einen ärgerlichen Schrei ausstieß und daran saugte.
»Warum sollten wir?«, gab Kitty unwirsch zurück. »Jeder geht seiner eigenen Wege. Sie morgen ja auch, oder?«
»Ja, das hoffe ich«, murmelte Ella.
»Ich ebenfalls!«, brach es plötzlich aus Kitty heraus. »Ich habe beobachtet, wie Sie sich ihm an den Hals geworfen haben. Er gehört mir, haben Sie mich verstanden?« Kittys blaue Augen funkelten zornig und verzweifelt.
Ellas Stimme zitterte vor Erstaunen und Empörung. »Ich habe mich niemandem an den Hals geworfen.«
»Doch, haben Sie! Ich wäre ja gekommen und hätte Sie weggezogen, aber …« Kitty verstummte und schluckte. »Aber ich habe dort einen der Männer aus Mrs Ures Gasthof wiedererkannt und wollte nicht, dass er mich sieht.«
Verblüfft sah Ella sie an, bis sie endlich verstand, was sie meinte.
Kitty bedachte sie mit einem feindseligen Blick. »Ich schäme mich nicht dafür«, beteuerte sie. »Daran lag es nicht. Ich wollte nur nicht, dass er es Adam gegenüber erwähnt. Adam soll keinen schlechten Eindruck von mir haben.«
»Er weiß alles.«
»Es ist ein Unterschied, ob man etwas weiß oder ob man es unter die Nase gerieben kriegt.«
Ella fragte sich, welcher der fünf Männer wohl Kittys Kunde gewesen sein mochte. »Sie meinten, sie suchten nach Gold«, erwiderte sie ruhig.
Kitty schnaubte ungläubig. »Der Mann, den ich kenne, war kein Goldgräber, sondern ein Dieb.«
Als Adam zurückkehrte, war das Essen fertig. Er munterte Kitty auf, indem er ihre Kochkünste lobte und sie damit aufzog, ihre Nachbarn schwärmten für sie.
»Sie wollen dich alle heiraten«, fügte er hinzu. »Die Wahl liegt bei dir. Ich würde den mit dem Oberschichtakzent nehmen. Vielleicht ist er ja mit dem Königshaus verwandt.«
Kitty lachte verlegen und wagte nicht, Ella in die Augen zu schauen. Offenbar rechnete sie damit, dass sie sie verraten würde.
»Nur um Paddy
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