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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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früh.«
    »Was sind denn Kerzenleuchter?«, fragte sie überrascht.
    »Das ist ein anderer Ausdruck für Diebe«, erklärte der Koch. »Die Kerzenleuchter beuten nachts heimlich fremde Gruben aus.«
    »Und wenn man nachts jemanden an seinem Zelt oder seiner Grube erwischt, schießt man zuerst und stellt dann Fragen«, fügte ein anderes Mitglied der Gruppe kriegerisch hinzu.
    »Aus welchem Teil Schottlands kommen Sie denn?«, wandte sich der Koch an Ella und ergänzte, ehe sie antworten konnte: »Ich wette, Sie sind aus dem Norden. Sie klingen nicht wie eine Tiefländerin.«
    »Norden«, murmelte Ella. »Ja, das stimmt.«
    »Hier auf den Goldfeldern treffen Sie alle möglichen Leute«, sagte ein anderer. »Londoner, Burschen aus Cornwall, Franzosen und Deutsche, ja, sogar Ureinwohner aus Neuseeland. Es geht zu wie auf einem Jahrmarkt.« Er wies mit seiner Pfeife auf Adam. »Aber wir nehmen die Sache sehr ernst und wollen reich werden, so wie Sie wahrscheinlich auch.«
    Als die Männer Adam abwartend ansahen, wurde Ella von einem unerklärlichen, beklemmenden Gefühl ergriffen.
    »Ich möchte einen Laden eröffnen«, erwiderte Adam mit einem freundlichen Lächeln in die Runde. »Vom Graben lasse ich die Finger, wenn ich es vermeiden kann.«
    Die Männer lachten spöttisch auf.
    »Davon habe ich seit Kalifornien genug«, sprach Adam ruhig weiter.
    Die Wirkung war nicht die, mit der Ella gerechnet hatte, denn die Männer wechselten zweifelnde, ja, fast argwöhnische Blicke.
    »So?«, meinte der Koch schließlich gedehnt und mit neugierig funkelnden Augen. »Hatten Sie Erfolg, mein Freund?«
    Ella setzte zu einer Antwort an, doch Adam kam ihr zuvor, indem er ihr den Arm um die Schulter legte und sie fest an sich zog. »Kann man nicht unbedingt behaupten«, entgegnete er rasch. »Eine elende Schufterei mit verdammt geringem Ergebnis. Nein, ich habe kein Interesse an Gold, Jungs, solange es nicht aus den Taschen meiner Kundschaft kommt.«
    Anfangs befürchtete Ella, die Männer könnten nicht in Adams Gelächter einstimmen. Doch sie taten es lautstark. Adam hielt sie noch immer im Arm, und als sie sich sträuben wollte, drückte er sie warnend.
    Allerdings hatte sich die Stimmung entspannt, und Ella spürte, wie sich ihr Körper lockerte, als wäre sie einer unbekannten Gefahr entronnen.
    »Sie brauchen trotzdem eine Lizenz, alter Junge«, sagte einer der Männer. »Jeder Mann, ganz gleich ob Händler oder Quacksalber, muss eine Lizenz haben. Das ist Gesetz. Der Zeremonienmeister im Lager hetzt Ihnen anderenfalls seine Meute auf den Hals. Für die gibt es nichts Schöneres, als uns Goldgräber zu schikanieren.«
    »Zeremonienmeister?«, wiederholte Ella verwundert.
    Die Männer lächelten. Offenbar hatten sie Spaß daran, ihr Unterricht im Fachjargon der Goldgräber zu geben. »Sein richtiger Name ist Mr Gilbert. Er ist der für die Goldfelder in Bendigo zuständige Hochkommissar. Früher war er einmal Zeremonienmeister oder etwas Ähnliches. Deshalb nennen wir ihn so.«
    »Eigentlich ist Mr Gilbert ganz in Ordnung.« Der Einwand kam von einem Mitglied der Gruppe, das bisher geschwiegen hatte. Ella war überrascht, denn die Stimme des Mannes verriet Bildung. Ein verarmter Gentleman, der wieder zu Geld kommen wollte? Ein jüngerer Sohn? Oder einer der allseits verachteten wohlhabenden Jünglinge, das schwarze Schaf einer angesehenen Familie, der mit einem jährlichen Wechsel ans andere Ende der Welt geschickt wurde, damit er keinen Schaden anrichten konnte?
    »Er ist so gerecht, wie es ein Regierungsbeamter nur sein kann«, fuhr die Stimme fort. »Doch was die Lizenz betrifft, hat mein Freund recht, Ma’am. Ihr Mann wird sich eine besorgen müssen, auch wenn er nicht nach Gold graben will. Wer ohne Lizenz angetroffen wird, muss fünf Pfund Strafe bezahlen oder für zehn Tage ins Gefängnis. Deshalb würde ich Ihnen raten, gleich morgen früh ins Lager zu fahren, bevor die Polizei Sie erwischt. Sie lassen keine Begründung gelten. Ich fürchte, die Situation hier könnte man als die gegen uns bezeichnen. Ziemlich unfair!«
    »Ziemlich unfair«, ahmte ein anderer ihn freundschaftlich nach. Offenbar hatte der Goldrausch die seltsamsten Partner zusammengeführt.
    »Du hast ja ausreichend Erfahrung mit dem Knast, Hans.«
    Hans, ein gedrungener, untersetzter Mann nickte bedrückt. »Hans kennt die Pflöcke ziemlich gut!«, bestätigte er mit starkem Akzent.
    »Hans war einmal zwei Wochen lang angekettet«, erklärte der Koch

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