Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
Vom Netzwerk:
Goldgräber sich neue Parzellen gesucht haben.«
    Als Ella sich erneut umblickte, stellte sie fest, dass viele der Gruben den Eindruck machten, dass sie aufgegeben worden seien. Offenbar hatte man es für überflüssig gehalten, sie aus Sicherheitsgründen wieder zuzuschütten. Niedriges Gebüsch war bereits dabei, sich das Gelände zurückzuerobern. Am Fuße eines geschwärzten Baumstamms kämpften ein paar magere Schösslinge um ihr Leben. Die Schlucht selbst war ziemlich schmal und ihr Rand auf der einen Seite steiler als auf der anderen. Oben auf dem Grat wuchs hoher Eukalyptus, der auf die Neuankömmlinge majestätisch und herablassend herabsah.
    Kitty sprang vom Karren, und Ella folgte ihr langsam. Sie streckte ihre müden Beine und atmete tief die Luft von Bendigo ein – eine Mischung aus Holzrauch, gebratenem Hammel, Erde und nassem Buschland. Adam lenkte Bess vom Weg herunter und die flachere Seite der Schlucht hinauf zu einer Stelle, die ihm als Lagerplatz geeignet schien. Bald begannen er und Kitty leise plaudernd mit dem Abladen des Karrens. Ella stand da und ließ die Szenerie auf sich wirken.
    So also sah eine Schlucht aus, nachdem sie ausgebeutet worden war, dachte sie.
    Adam hatte ihr die Abläufe eines Goldrauschs erklärt, und Ella glaubte es mehr oder weniger verstanden zu haben. Zuerst fand man das Gold auf dem Boden. Die kleinen Klumpen funkelten in der Sonne und mussten nur eingesammelt werden. Danach fingen die Goldgräber an einer Stelle zu schürfen an. Die auf diese Weise geförderte Erde wurde in einer Wanne mit Wasser vermischt und kräftig umgerührt, sodass ein zähflüssiger Brei entstand. Dieser wurde dann in einem flachen Gefäß mit noch mehr Wasser ausgewaschen, um die Erde vom Gold zu trennen. Laut Adam war das nicht so einfach, wie es sich anhörte. Man brauchte eine gewisse Erfahrung, damit man nicht das Gold mit dem Wasser wegschüttete. Wippen – schwere Gerätschaften, die sich hin- und herbewegten – funktionierten nach dem gleichen Prinzip, indem sie dafür sorgten, dass das Gold, das schwerer war als der Schlamm, nach unten in ein abnehmbares Gefäß fiel.
    So wühlten sich die Schürfer immer weiter in die Erde, bis sie das Ende des Schachts erreicht hatten, also hartes Felsgestein, das sie am Weitergraben hinderte. Das konnte nach dreißig Zentimetern oder auch erst nach drei Metern geschehen. Manchmal entdeckte man ganz unten ein Häufchen Goldklumpen, die wie Eier in einem Nest beieinanderlagen und mühelos mit dem Messer gelockert werden konnten. Allerdings kam es weitaus häufiger vor, dass einen auf dem Grund der Grube nichts als die große Enttäuschung erwartete. Nahmen diese Enttäuschungen überhand und die Anzahl der Glückstreffer sank, zogen die Goldgräber zum nächsten Goldfeld weiter.
    Eine Windböe wehte Fetzen eines Liedes heran, und Ella drehte sich lauschend um. Sie stellte fest, dass sich etwa sieben Meter weiter die Schlucht hinauf fünf Goldgräber vor ihrem Zelt von ihrem Arbeitstag ausruhten. Einer kochte das Abendessen, während die anderen an ihren Pfeifen zogen und die heutigen Ergebnisse erörterten. Offenbar hatten die Ankömmlinge ihr Interesse geweckt.
    »Neulinge, was?« Der Koch hatte sie bemerkt und rief ihr die Frage mit einer angenehmen dunklen Stimme und schottischem Akzent zu.
    »In gewisser Weise, ja. Können Sie mir sagen, wie diese Schlucht heißt?«
    Offenbar fanden die Männer ihre Ahnungslosigkeit komisch, denn sie wechselten Blicke. »Paddy’s Gully.«
    »Woher kommen Sie, mein Freund?«, erkundigte sich ein anderer, woran Ella bemerkte, dass Adam hinter sie getreten war.
    »Melbourne«, erwiderte dieser, ohne mit der Wimper zu zucken und schlenderte zu ihrem Feuer hinüber. Ella folgte ihm neugierig. Wolf heftete sich hechelnd an ihre Fersen.
    »Melbourne, was?«, seufzte einer der Männer. »Regnet es dort nicht die ganze Zeit?«
    »Es hat den ganzen Weg nach Bendigo geregnet«, entgegnete Adam. »Auf der Keilor-Ebene sind wir bis über die Achsen im Schlamm versunken.«
    Die Männer rauchten weiter ihre Pfeifen und dachten über seine Antwort nach. Inzwischen war es stockfinster. Ein gutes Stück die Schlucht hinauf sah Ella ein von einer Lampe oder Kerze erleuchtetes Zelt, in dem sich die Schatten der Bewohner bewegten. Als plötzlich ein Schuss knallte, zuckte sie zusammen.
    Der Koch lachte. »Sie brauchen sich nicht zu fürchten. Da hat nur einer seine Pistole gereinigt. Für die Kerzenleuchter ist es noch zu

Weitere Kostenlose Bücher