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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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gehört zu den Dingen, die mich an dir angezogen haben, raunte eine andere Stimme aus der Vergangenheit in ihrem Kopf. Du bist so kalt, so starr. Du empfindest nicht viel, richtig?
    Und Ella hörte ihre eigene lautlose Antwort: Aber ich bin nicht so. Merkst du das nicht? Ich bin verängstigt und einsam. Kannst du das nicht sehen?
    Die Tochter des Großgrundbesitzers, fuhr die Stimme ruhig und selbstzufrieden fort. Du bist vom Scheitel bis zur Sohle die Tochter des Großgrundbesitzers, Frau.
    »Mrs Seaton?« Kitty zupfte sie am Ärmel. Ella blinzelte, bis sie das Gesicht des Mädchens klar sehen konnte. »Mrs Seaton? Er kommt.«
    Im ersten Moment verstand Ella nicht ganz. Sie schüttelte Kittys Hand und die seltsame Stimme in ihrem Kopf ab und wandte sich zu dem Mann um, den sie hatte aufsuchen wollen. Jetzt!, dachte sie. Er kennt mich!
    Doch sobald ihre Blicke sich trafen, war ihr klar, dass sie eine Fremde für ihn war – ebenso wie umgekehrt. Übelkeit und Enttäuschung ergriffen von ihr Besitz, sodass es sie alle Kraft kostete, um nicht vor Mr Gilberts Füßen zu Boden zu sinken.
    »Ma’am?« Mr Gilbert wirkte besorgt. Er war ein gut aussehender Mann mittleren Alters mit ausdrucksvollen und gütigen Augen. »Mein Sekretär hat mir berichtet, Sie hätten sich verirrt.«
    Ellas Stimme klang, als käme sie von ganz weit her. »Ja, Sir. Ich hatte gehofft, Sie würden mich vielleicht wiedererkennen.« Nun, da sie einander gegenüberstanden, hörte es sich albern und absurd an.
    Aber Mr Gilbert lächelte und schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich glaube, wenn wir einander jemals vorgestellt worden wären, würde ich mich an Sie erinnern, Ma’am. Doch es ist noch nicht aller Tage Abend. Ich werde Erkundigungen einziehen. Vielleicht lässt sich ja Licht in die Sache bringen. Sie sind nicht etwa – mittellos?« Sein geschulter Blick wanderte unauffällig über sie, um ihre Situation abzuschätzen.
    »Nein, Sir. Ich habe – Freunde gefunden.«
    »Ah.« Widerstrebend schaute er zum Lizenzbüro hinüber, wo die Anzahl der ungeduldigen Goldgräber inzwischen angewachsen war. »Ich muss mich entschuldigen, Ma’am, aber die Pflicht ruft. Die Männer sind schon unzufrieden genug, weil sie für die Lizenz bezahlen müssen. Also sollte man sie nicht über Gebühr warten lassen.« Er sah seinen Sekretär an. »Ich werde mein Bestes tun, um Ihnen zu helfen, und habe genau den richtigen Mann dafür. Lieutenant!« Er drehte sich um und rief, über die Schulter gewandt, ins Zelt hinein. Dann lächelte er Ella zu. »Sie haben großes Glück, Ma’am, dass ausgerechnet heute ein neuer Offizier zu uns versetzt worden ist. Er hat ausgezeichnete Empfehlungen. ›Ein Mann von äußerster Integrität‹, waren das nicht die Worte des Gouverneurs?« Um Bestätigung heischend, sah er seinen Sekretär an.
    Dieser murmelte zwar zustimmend, aber etwas an seiner Miene verriet Ella, dass er Gouverneur La Trobes Meinung nicht teilte.
    »Sir?«
    Die Stimme ließ Ella aufblicken. Sie erstarrte.
    Kitty neben ihr schnappte erschrocken nach Luft, doch Ella hörte sie nicht. Sie fragte sich, was sie heute wohl noch würde ertragen müssen. Eine Ohnmacht wäre der einfachste Ausweg gewesen. Aber Ella war fest entschlossen, sich in Gegenwart von Lieutenant Moggs keine Schwäche anmerken zu lassen.
    Er war genauso makellos gekleidet wie bei ihrer letzten Begegnung, und in seinen schwarzen Stiefeln konnte man sich spiegeln. Auch er hatte sie erkannt, denn sie stellte fest, dass er ebenfalls zusammenzuckte. Kurz wirkte er wie ein Hund, der die Witterung seiner Beute aufgenommen hat. Dann trat ein triumphierendes Leuchten in seine Augen. »Ach, Mrs Seaton!« Es war mehr eine Herausforderung als eine Begrüßung.
    Mr Gilbert blickte verblüfft zwischen beiden hin und her. »Sie kennen sich?«
    »In der Tat«, entgegnete Moggs gespielt leutselig. »Wir sind uns in Carlsruhe begegnet. Ich bin mit der misslichen Lage dieser Dame vertraut.«
    Mr Gilbert lächelte. »Dann habe ich offenbar eine weise Entscheidung getroffen«, erwiderte er leise. »Ich werde sie Ihrer Obhut übergeben, Lieutenant Moggs. Wie Sie wissen, hat sie ihr Gedächtnis verloren. Wo wurden Sie gefunden, Ma’am? An Seaton’s Lagune, richtig? Und davor wurden Sie im Bush Inn und in Sawpit Gully gesehen? Ja, es ist durchaus möglich, dass Sie von den Goldfeldern in Bendigo kamen. Lieutenant Moggs wird Nachforschungen für Sie anstellen.«
    »Selbstverständlich bin ich bereit, Mrs Seaton

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