Der Duft der roten Akazie
beizustehen«, versicherte Moggs ihm rasch. »Ich bin genau der richtige Mann für diese Aufgabe.«
In den letzten Minuten hatte Ella sich gefühlt, als sei sie in einen sich immer schneller drehenden Strudel geraten, der sie mit unbezähmbarer Macht in die Tiefe zog. Mühsam kämpfte sie sich an die Oberfläche. »Mr Gilbert … bitte, ich muss mit Ihnen sprechen. Dieser Mann … dieser Mann …«
Doch der Sekretär flüsterte dem Hochkommissar etwas ins Ohr. Das Stimmengewirr vor dem Lizenzbüro wurde lauter. Ellas Audienz war zu Ende. »Einen schönen Tag noch, Ma’am!«, rief Mr Gilbert im Davongehen. »Und viel Glück!«
»Aber, Sir! Bitte!«
Er war fort. Eigentlich hätte sie ihm nachlaufen sollen, doch sie tat es nicht. Welchen Grund hatte er, ihr zu glauben, nachdem er Moggs’ Empfehlungsschreiben von La Trobe gelesen hatte? Mr Gilbert war ein viel beschäftigter Mann. Er trug eine große Verantwortung, und ihre missliche Lage war verglichen damit belanglos. Was kümmerte es die Behörden in Bendigo, ob eine Frau mehr oder weniger sich auf den Goldfeldern verirrte? Sie waren mit der wichtigen Aufgabe befasst, Goldlizenzen zu verkaufen beziehungsweise ihr Fehlen zu ahnden. Der Zweck dieses Lagers war es, für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Die Sorgen und Nöte der Goldgräber waren ohne Belang.
»Was für ein Zufall, Mrs Seaton«, höhnte Lieutenant Moggs mit kalter, barscher Stimme.
Nun, zumindest hatte er diesmal ihren Namen nicht vergessen, dachte Ella ärgerlich.
Er suchte über Ellas Kopf hinweg das Lager mit Blicken ab und wirkte wieder wie ein Jäger. Ella beobachtete ihn schweigend, bis er die Frage stellte. »Wo ist Ihr Begleiter?«
»Ich weiß nicht, wen Sie meinen?«
Aber Kitty mischte sich ein. »Wenn Sie von Adam sprechen, der kauft sich gerade eine Schürflizenz, damit Leute wie Sie ihn nicht festnehmen können.«
»Also ist er hier«, merkte Moggs leise an, ohne auf ihren feindseligen Ton zu achten. »Das sind gute Nachrichten.« Er klang erfreut, doch sein kalter, bedrohlicher Augenausdruck war unverkennbar.
Kitty war er offenbar auch nicht entgangen, denn ihre Wangen liefen rot an. »Er hat nichts verbrochen«, rief sie.
Moggs antwortete nicht, sondern wandte sich an Ella. »Unser Hochkommissar hat mich gebeten, Ihnen behilflich zu sein, Mrs Seaton. Er traut in dieser Sache meinem Urteil. Und ich halte es für das Beste, Sie dem schlechten Einfluss Ihres Dieners zu entziehen. Haben Sie ihn in Sawpit Gully nicht so bezeichnet? Offenbar sind Sie in die falschen Kreise geraten, Mrs Seaton.«
»Ich werde Sie nirgendwohin begleiten«, flüsterte Ella mit heiserer Stimme.
»Nun, das liegt ganz bei Ihnen. Allerdings vielleicht nicht mehr lang.« Moggs betrachtete sie forschend, und als Ella eine reglose Miene aufsetzte, zog er die Augenbraue hoch.
»Ich werde Mr Gilbert melden, was Sie gesagt haben«, platzte sie heraus. »Ich werde ihm erklären, dass Sie in Wahrheit gar nicht vorhaben, mir zu helfen.«
»Aber ich habe doch gerade versprochen, Ihnen behilflich zu sein«, entgegnete Moggs in gespielter Überraschung. »Außerdem hat Mr Gilbert keinen Grund, seine Meinung von mir zu ändern. Ich glaube nicht, dass er dem Wort einer namenlosen Schlampe mehr Bedeutung beimessen wird als dem eines Gentlemans und Offiziers der Königin.«
Ella wollte etwas erwidern, aber es hatte ihr die Sprache verschlagen.
»Kommen Sie.« Kitty zog sie am Arm. »Kommen Sie mit.«
»Ja, Sie können gehen«, rief Moggs ihnen nach. »Jedoch werde ich, was Sie betrifft, meine Pflicht tun. Richten Sie das Adam aus. Sagen Sie ihm, ich werde ihn mit Argusaugen beobachten.«
Kitty packte Ella so fest am Arm, dass diese blaue Flecke davontrug. »Mistkerl«, murmelte sie zornig. »Aufgeblasener, widerlicher Mistkerl.« Sie zitterte, als fröre sie.
»Ich dachte, wir wären ihn endgültig los«, keuchte Ella atemlos. Ihr Kopf drehte sich. »Es war eine unschöne und unangenehme Begegnung, aber ich habe geglaubt, wir würden ihn nie wiedersehen. Seine Männer haben erzählt, dass er versetzt werden würde. Doch ich hätte niemals vermutet … Und nun ist er in Bendigo und will Adam zur Strecke bringen.«
»Wir müssen Adam unbedingt warnen, damit er ihm aus dem Weg geht«, sagte Kitty.
»Vielleicht bleibt er ja nicht. Möglichweise durchschaut Mr Gilbert ihn und schickt ihn zurück nach Carlsruhe.«
Allerdings klang Ella nicht sehr überzeugend, sodass Kitty sich die Antwort ersparte.
Als Adam zum Karren
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