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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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natürlich Charlotte, Lottchen. Und sie würde noch einen zweiten Namen suchen, einen, der zu ihrem zweiten, dem afrikanischen Bein passen würde.
    Über Fanny blitzte es, und sie zuckte zusammen, und der Schmerz flackerte überall in ihrem Körper wieder auf.
    Gleichzeitig bahnte sich ein Gedanke den Weg durch ihren Kopf. So ein unglaublicher Gedanke, dass ihr die Luft wegblieb. Sie war Ludwig immer treu gewesen, und ganz sicher waren seine Eltern Weiße gewesen.
    Aber niemand hatte eine Ahnung, wer ihre Eltern waren … Was, wenn ihre Eltern nicht weiß waren? Denn wenn ein Weißer und eine schwarze Frau ein Kind haben konnten, das schwarz war, dann konnten sie vielleicht auch ein Kind haben, das weiß war, weiß wie Fanny, weiß bis auf dieses verdächtig schwarze, krause Haar. Sie schüttelte den Kopf, ließ es aber wegen der stechenden Schmerzen sofort wieder bleiben.
    Es blitzte wieder.
    Könnte das möglich sein?, grübelte Fanny weiter. War das der Grund, warum sie sich hier in diesem Land gleich so zu Hause gefühlt hatte? »Lottchen«, flüsterte sie, »ich muss endlich mehr über deine Großeltern herausfinden. Aber zuerst müssen wir uns in Sicherheit bringen.«
    Diesmal gesellte sich zu dem Blitz ein noch weit entfernter Donnerschlag.
    Dort hinten war etwas. Ein Hügel erhob sich aus der flachen Ebene. Fanny stand voller Hoffnung auf, um besser sehen zu können. Waren das nicht die Felsbrocken, bei denen auch die Köcherbäume standen?
    Sie musste sich beeilen, doch diese Pferde waren keine Rennpferde, sondern sture Ackergäule, die sich durch nichts dazu zu bewegen ließen, ihren Trab zu beschleunigen.
    Der Wind böte so stark auf, dass die Decke vom Wagen geweht wurde und durch die Luft segelte wie ein riesiger bunter Vogel.
    Fanny sah ihr hinterher, unfähig, sich zu rühren. Dann kam Bewegung in sie, sie musste verhindern, dass ihrer Tochter, ihrem Lottchen, etwas geschah. Während sie zu ihr nach hinten kletterte, zerrte der Wind so stürmisch an ihrem Kopftuch und dem Rock ihres Nachthemds, dass sie sich dazu entschloss, die Kleine mit dem Laken an ihrem Körper festzubinden. Sie kletterte zurück, doch der Wind war mittlerweile so stark, dass sogar die Pferde Mühe hatten, ihm standzuhalten. Gerade als Fanny vollends verzweifeln wollte, blickte sie in den Himmel und bemerkte, dass der Wind nicht nur sie quälte, sondern auch die Wolkenberge vor sich her jagte. Weg von ihr trieb.
    Sie traute dem Wind dennoch nicht, der konnte sich je derzeit drehen. Ständig schlugen weiß glühende Blitze über den Horizont, aber nur manchmal hörte sie ein Donnern. Erbarmungslos blies der Wind alles, was nicht niet- und nagelfest war, durch die Luft, Sand, Steinchen, kleine stachelige Büsche, sogar Äste. Fanny war froh, dass ihre Tochter sicher an ihrer Brust festgebunden war.
    Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie die seltsamen Köcherbäume und Felsblöcke endlich erreicht hatte. Erleichtert drehte sie sich ein letztes Mal um.
    Weit entfernt wirbelten Staubwolken hoch, und das waren nicht nur vom Wind herumgeschleuderte Sand massen, nein, da bewegte sich jemand über die Ebene auf sie zu.
    Ludwig.
    Er näherte sich mit rasender Geschwindigkeit. Wie war das möglich? Selbst ohne Wagen konnte ein Pferd nicht so schnell sein. Sie musste sich Gewissheit verschaffen. Sie hielt die Pferde am ersten Felsblockhaufen an, erhob sich, schwankte, von Schmerz gepeinigt. Sie biss die Zähne zusammen, stieg vom Wagen ab und humpelte los. Jeder Schritt war so qualvoll, dass sie aufgegeben hätte, wenn da nicht ihre Tochter gewesen wäre. Sie musste an den Steinen hochklettern und nachsehen, ob es wirklich Ludwig war. Doch wer sollte es sonst sein? Hermann, kam ihr in den Sinn. Hermann, den ihre grauenhafte Lage außerordentlich erfreuen würde.
    Die Felsblöcke bestanden aus rotem, weichen Stein und boten reichlich Trittmöglichkeiten, trotzdem kam sie nur langsam vorwärts. Die Schmerzen zwangen sie, immer wie der zu pausieren, der Wind zerrte unentwegt an ihr, und ihre Tochter baumelte schwer vor ihrem Bauch. Schweiß strömte ihr trotz des Windes über das Gesicht.
    Als sie endlich oben angekommen war, musste sie die Augen zusammenkneifen, um zu sehen, was sich da am Horizont auf sie zu bewegte.
    Fassungslos erkannte sie die seltsam schaukelnden Bewegungen einer Gruppe von Giraffen.
    Erleichtert begann sie zu lachen. Ihr Lachen ging über in ein Schluchzen, und als ob ihre Tochter davon angesteckt würde, begann sie

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